Rampf: "Wir haben keine Angst vor der ersten Rallye"

Willy Rampf spricht über seine Arbeit als Technischer Direktor bei Volkswagen und zieht Vergleiche zwischen der Formel 1 und der WRC

(Motorsport-Total.com) - Bis April 2010 war Willy Rampf als technischer Direktor des Sauber-Formel-1-Teams tätig, seit 2011 über er die gleiche Position im Rallye-Team von volkswagen aus. Im Interview mit 'Motorsport-Total.com' vergleicht der Deutsche die Arbeit in den beiden Disziplinen und erläutert Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Außerdem berichtete er über die Vorbereitungen des Polo R WRC für den Einstieg in die Rallye-WM und formuliert seine Ziele für die Saison 2013.

Titel-Bild zur News: Willy Rampf

Einst in der Formel 1, jetzt in der WRC: Technischer Direktor Willy Rampf Zoom

Frage: "Herr Rampf, wo liegt der Unterschied bei der Arbeit eines Technischen Direktors im Vergleich von der WRC, wo ein Grundkonzept vorhanden ist, zur Formel 1, wo ein Prototyp komplett neu entwickelt wird?"
Willy Rampf: "Die prinzipielle Arbeit ist nicht grundsätzlich anders, egal, ob man ein Rallye- oder Formel-1-Auto baut. Natürlich werden unterschiedliche Werkzeuge genutzt, aber die Tätigkeiten im Team sind vergleichbar. In der Formel 1 ist fast alles auf die Aerodynamik ausgerichtet, es gibt sehr viele Simulationen und Spezialisten dafür."

"In der Rallye ist das anders. Da geht es mehr um mechanischen Grip, Fahrzeugbalance und so weiter. An den Simulationen arbeitet man, aber da wir auf Schotter fahren, ändert sich der Untergrund bei jeder Fahrt. Es ist sehr schwierig, das gut zu simulieren. Aber bei der Arbeit gibt es keine grundsätzlichen Unterschiede. Wir haben ein Entwicklungsteam, ein Einsatzteam und Spezialisten für die einzelnen Gebiete. Ein Rallye-Team ist natürlich kleiner als ein Formel-1-Team."

Aerodynamik in der WRC nicht entscheidend

Frage: "Um wie viel kleiner?"
Rampf: "Wesentlich kleiner, um die Hälfte."

Heckflügel

Die Aerodynamik spielt in der WRC kaum eine Rolle Zoom

Frage: "Bei Sauber werden es wahrscheinlich so um die 250 Leute gewesen sein."
Rampf: "Bei Sauber waren wir zu BMW-Zeiten 430, vorher 280. Bei Volkswagen sind wir jetzt über 130, inklusive Marketing."

Frage: "Sie haben das Thema Aerodynamik angesprochen. Wie viel Prozent macht die Aerodynamik bei einem Rallye-Auto im Vergleich zur Formel 1 in etwa aus?"
Rampf: "Wir haben eigentlich nur den Heckflügel, um Abtrieb zu erzielen. Sonst kann man relativ wenig machen. Die Fahrzeuge haben einen flachen Unterboden, aber die Bodenfreiheit ist so groß, dass das keine Rolle spielt."

Frage: "Geht es also weniger um den Anpressdruck als vielmehr um den Luftwiderstand?"
Rampf: "Es geht vor allem um die Fahrzeugstabilität. Jeder versucht natürlich, diesen Bereich zu optimieren, aber im Vergleich zum Formel 1 sprechen wir da von einem Prozentbereich."

Ruhe vor den Medien

Frage: "Wie unterscheidet sich die Arbeit für Sie persönlich? Sie waren nie jemand, der das große mediale Rampenlicht gesucht hat. Mit Ausnahme von einem Event wie in Monte Carlo ist die WRC da 'gedownsized', um einmal ein Modewort zu verwenden. Bei der Formel 1 reisen 400 bis 500 Journalisten mit, das ist in der WRC deutlich anders."
Rampf: "Das ist deutlich entspannter, alleine schon, weil wir weniger Veranstaltungen haben. Außerdem stehen wir nicht so im Fokus der Medien. Vielleicht wird das noch mehr, aber es ist deutlich anders. In der Formel 1 muss man nach jedem Training rechtfertigen, warum man nicht vorne steht und erklären, was nicht so gut gelaufen ist. Wir werden sehen, wie es in der Rallye ist, wenn wir dort im nächsten Jahr mitfahren."

Frage: "Ich habe mit Dr. Hackenberg (Volkswagen-Vorstand, Anm. d. Red.) gesprochen. Als Zielsetzung hat er einige Podestplätze vorgegeben. Wenn man sich bei der Konkurrenz umhört, werden Sie eher stärker eingeschätzt."
Rampf: "Das ist schön, wenn sie uns stärker einschätzen, und ich würde mich freuen, wenn sie recht haben und wir nicht recht haben. Aber das Ziel von Dr. Hackenberg ist absolut korrekt. Dass wir das erreichen und besser sein wollen, ist jedoch ganz klar. Das ist der Ehrgeiz eines jeden, der im Motorsport aktiv ist. Eine ganz klare Präferenz hat man in der Rallye nicht. Wir versuchen zwar über Umwege im Vergleich zum Skoda zu berechnen, wo wir ungefähr stehen, aber da ist ein großer Anteil Spekulation."

Frage: "Stimmen Sie die Berechnungen im Vergleich zum Skoda zuversichtlich?"
Rampf: "Wir haben keine Angst vor der ersten Rallye."

Frage: "Womit wären Sie zufrieden bei der Rallye Monte Carlo?"
Rampf: "Wenn wir beide Fahrzeuge ins Ziel bringen, sodass wir gut in den Punkterängen sind."

Keine großen Baustellen

Frage: "Glauben Sie, dass Sie von der ersten Rallye an auf den Punkt da sein werden, oder wird im Laufe des Jahres ein gewisser Lernprozess stattfinden?"
Rampf: "Es ist ganz sicher noch ein Lernprozess da. Wir werden sicherlich noch Überraschungen erleben bei den Rallyes. Vielleicht werden wir manchmal froh sein, wenn wir ankommen, weil ein Problem auftritt, welches wir vorher so noch nicht hatten. Wenn beim Einstieg alles perfekt funktionieren würde, auch nach den vielen Tests, wäre das schön, aber die Realität ist oft anders."

Frage: "Gibt es konkrete technische Probleme, die sich wiederholen, oder irgendwelche Baustellen, die Ihnen Bauchschmerzen bereiten?"
Rampf: "Es gibt keine Baustelle, von der wir wissen, dass wir damit nicht durchkommen. Da haben wir schon vorgesorgt. Aber eine Rallye ist oft anders als ein Test."

Frage: "Sie haben schon beide Fahrer kennengelernt bei den Tests. Wie vergleichen Sie beide bei der Zusammenarbeit?"
Rampf: "Der Latvala ist ja bisher nur wenig gefahren. Es ist aber nicht so, dass wir zwei verschiedene Autos entwickeln müssen."


Fotos: Präsentation des Volkswagen Polo R WRC


Frage: "Wurde darauf bei der Auswahl der Fahrer geachtet?"
Rampf: "Nein, denn man weiß ja vorher nicht, wie ein Fahrer so ist. Aber wenn man zwei schnelle Fahrer hat, werden die keine grundsätzlich unterschiedlichen Autos haben. Dass die Feinabstimmung unterschiedlich ist, das ist klar. Da hat jeder Fahrer unterschiedliche Präferenzen. Das ist die Arbeit der Renningenieure in der Zusammenarbeit mit den Fahrern. Aber generell geht es, nach allem, was wir bis jetzt gesehen haben, in die gleiche Richtung."

Frage: "Wie schätzen Sie Andreas Mikkelsen ein, der von vielen als vielversprechend für die Zukunft gehandelt wird?"
Rampf: "Der ist sicherlich ein sehr schneller, junger Bursche."