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  • 14.02.2018 15:28

  • von Roman Wittemeier

Fernando Alonso, Fuji, Terminchaos: Ist es das wirklich wert?

Die Langstrecken-WM (WEC) gilt als Teamsport: "Wie kann ein Einzelner so großen Einfluss haben?", fragt sich Motorsport-Total.com-Redakteur Roman Wittemeier

Titel-Bild zur News: Fernando Alonso

Fernando Alonso kommt zu seinem Fuji-Einsatz, viele andere schauen in die Röhre Zoom

Liebe Freunde des Fahrerwechsels,

wo soll man als Motorsportfan am 13. und 14. Oktober dieses Jahres hinschauen? DTM-Finale in Hockenheim, Petit Le Mans als Abschluss der IMSA-Saison 2018 und Super-GT-Serie in Autopolis - diese und viele weitere Events finden allesamt an einem Wochenende statt. Und nun kommt auch noch das WEC-Heimrennen von Toyota in Fuji dazu. Warum? Weil die Herren der Langstrecken-WM den Lauf mal eben um eine Woche vorgezogen haben.

Hintergrund ist das Engagement von Fernando Alonso bei der japanischen Werksmannschaft. Der Spanier will die gesamte WEC-Super-Saison an der Seite von Sebastien Buemi und Kazuki Nakajima im Toyota TS050 mit der Startnummer 8 bestreiten. Das Fuji-Rennen wäre ursprünglich mit dem Formel-1-Grand-Prix in Austin kollidiert. Ein Fehlen von Alonso in Fuji wäre selbstverständlich nicht im Sinne der WEC-Bosse - und erst recht nicht toll für Toyota, die in Fuji stets ein großes Fest mit heimischen Fans feiern.

Vor diesem Hintergrund erscheint die Terminveränderung naheliegend. Aber trotzdem ist mein Verständnis begrenzt. Denn an die weitreichenden Konsequenzen hat man nicht gedacht. Viele Piloten müssen ihr Geld in verschiedenen Teams und Serien verdienen. Daran ist nicht zuletzt die WEC selbst schuld, denn man veranstaltet im Kalenderjahr 2018 nur fünf Rennen. Mit einem solchen Programm kann sich kaum ein Fahrer ausreichend Butter aufs Brot schmieren.

Renger van der Zande wird seinen Einsatz in Fuji für das Racing Team Nederland absagen müssen, weil sein DPi-Programm mit Action Express in der IMSA vorgeht. Jörg Bergmeister und Patrick Lindsey müssten sich klonen, um für Park Place im GTD-Porsche und gleichzeitig im 911 RSR von Project1 in Fuji sitzen zu können. In anderen Fällen werden die WEC-Teams über die Terminkollision mit der DTM stolpern. Loic Duval wird in Hockenheim sein und nicht im TDS-Oreca in Fuji.

"Ich freue mich für die WEC, dass man nun einen Fernando Alonso an Bord hat, aber es ist für mich persönlich sehr frustrierend, dass ich mein 'zweites Heimrennen' in Fuji verpassen werde, nur weil wegen Alonso der WEC-Kalender mal eben geändert wurde", meint Audi-DTM-Pilot Loic Duval, der viele Jahre seiner Karriere in Japan verbrachte. Der Einfluss eines einzelnen Piloten - wenngleich fraglos DER neue Topstar der Serie - ist vielen Fahrern ein Dorn im Auge.

"Schade, dass man ein Rennen aufgrund eines einziges Fahrers verschiebt, es gleichzeitig aber so viele andere Piloten betrifft, die unter anderem in IMSA oder Super-GT-Serie vertraglich verpflichtet sind", twitterte sogar Alonso-Ex-McLaren-Kumpane Jenson Button. "Lächerlich", sei diese Kalenderanpassung, erklärt Pipo Derani. Der Brasilianer bringt es aus meiner Sicht auf den Punkt: "Es geht um Teams! Es ist niemals ein Einzelner, der die Show auf der Langstrecke schmeißt!"

WEC-Boss Gerard Neveu und ACO-Präsident Pierre Fillion haben am Daytona-Wochenende der IMSA einen Versuch gestartet. Die beiden Franzosen wollten die Amerikaner tatsächlich davon überzeugen, das Petit Le Mans an einem neuen Termin anzusetzen. Alles für Alonso, so das Motto. Da Scott Atherton und Co. allerdings gerade in Daytona klar wurde, dass der Effekt Alonso auf der Langstrecke geringer ausfällt als beispielsweise beim Indy 500, ließ man Neveu und Fillon abblitzen.

"Aus logistischen Gründen gibt es zu hohe Hürden für eine solche Verschiebung", so die lapidare Erklärung der IMSA, warum man am Termin für das Saisonfinale auf der Road Atlanta keineswegs rütteln wird. "Wie könnte man sich ein Rennen ohne Alonso im Toyota ausgerechnet in Japan vorstellen?", argumentiert Neveu. "Alonso fährt immerhin um eine Weltmeisterschaft. Wenn er diese gewinnen will, dann darf er kein Rennen verpassen", meint der Franzose.

Da halte ich nun mal dagegen: Was schert es Herrn Neveu, ob Loic Duval und TDS um LMP2-Chancen gebracht werden? Was kümmert es den WEC-Boss, dass Renger van der Zande seine niederländischen Freunde Frits van Eerd und Jan Lammers im Stich lassen muss? Hat der Franzose mal darüber nachgedacht, was los sein wird, wenn beispielsweise sein Landsmann Olivier Pla in IMSA (mit Nissan) und der WEC (mit Ford) noch Titelchancen hat? Und wer hat eigentlich mal auf BMW geblickt?

Die Münchener trifft die neue Entwicklung so hart wie keinen anderen Hersteller. BMW ist in der IMSA werksseitig mit zwei Autos aktiv, in der WEC neuerdings ebenfalls - und ganz nebenbei hat man bekanntermaßen sechs Autos in der DTM im Einsatz. Wie soll das gehen? Beim Petit Le Mans müssen sechs Fahrer in den zwei M8 sitzen, in Fuji benötigt man vier und in der DTM nochmal sechs - das macht insgesamt 16 Piloten!

Farfus, Spengler, Glock, Eng, Wittmann und Eriksson werden das DTM-Finale in Hockenheim bestreiten, Krohn, Edwards, Auberlen, De Philippi, Sims und Catsburg müssten IMSA fahren. Da blieben noch Tomczyk, Felix da Costa und ... äh, ja. BMW muss sich einiges überlegen. Die Telefonnummern von Timo Scheider, Tom Blomqvist, Jörg Müller und Markus Palttala hat man zwar, aber wie die Piloten auf IMSA und WEC an jenem Wochenende verteilt werden, dürfte von der jeweiligen Situation in der Gesamtwertung abhängen. Ein schlüssiger und konsequenter Werksauftritt sieht anders aus. Und BMW kann gar nichts dafür.

Den schönsten Kommentar zur Alonso-Hype-Terminverschiebung hat meiner Meinung nach Ex-LMP2-Teamchef Peter Baron (Starworks) abgegeben. "Wenn man sich das mal so ausrechnet: Ein WEC-Alonso in Fuji ist also mehr wert als 15 bis 20 Terminprobleme anderer Fahrer beim Petit Le Mans. Da muss man schon sehr großes Vertrauen darin haben, dass Alonso die LMP1-Klasse im Alleingang rettet ..."

Noch einmal: Ich kann Toyota verstehen, ich kann die WEC verstehen, ich kann aber vielmehr den Aufschrei zahlreicher Piloten verstehen, die nun die Gelackmeierten sind. Ich persönlich glaube sogar, dass es Fernando Alonso eigentlich fast peinlich ist, dass wegen seiner Person so viel Chaos an anderer Stelle entsteht. Es ändert aber nichts. Denn eines möchte ich festhalten: Langstrecke ist Teamsport, das sagen die Macher selbst bei jeder Gelegenheit. Da darf eine Einzelperson nicht eine solch überragende Rolle spielen!

Ein letztes Twitter-Schmankerl zum Schluss von IMSA-Cadillac-Werksfahrer Jordan Taylor: "Ich werde meinen Geburtstag rechtsverbindlich verschieben lassen, wenn sich Alonso zur Party ansagt."

In diesem Sinne auf eine schöne WEC-Saison,

Roman Wittemeier

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