• 30.04.2012 11:23

Doppelte Premiere für Audi in Belgien

Audi bestreitet den zweiten WEC-Lauf des Jahres mit vier Fahrzeugen: Erstes Rennen für R18 e-tron quattro und R18 ultra - Drei neue Piloten im Joest-Team

(Motorsport-Total.com) - Audi nutzt den zweiten Lauf zur Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) am 5. Mai in Spa-Francorchamps gleichzeitig als Generalprobe für die 24 Stunden von Le Mans. Dabei müssen sich zwei neue Fahrzeugtypen erstmals im Rennbetrieb auf einer der anspruchsvollsten Rennstrecken der Welt bewähren.

Titel-Bild zur News: Der Audi R18 e-tron quattro in Sebring

Der Audi R18 e-tron quattro feiert am Wochenende seine Rennpremiere

Doch der zweite Lauf zur WEC steht nicht einfach nur für ein doppeltes Fahrzeugdebüt. Zum ersten Mal in der Geschichte von Audi Sport wird ein Rennwagen nicht mehr ausschließlich von einem Verbrennungsmotor angetrieben. Der neue R18 e-tron quattro läutet eine neue Epoche im Rennsport ein, ist er doch der erste Diesel-Hybridsportwagen mit Allradantrieb.

Doch nicht nur dieses Konzept weist den Weg in die Zukunft. Eine wesentliche Voraussetzung, damit er überhaupt Wirklichkeit werden konnte, ist der Ultra-Leichtbau - eine Kernkompetenz von Audi. Basis für das Hybridmodell ist der weitgehend baugleiche, aber konventionell von einem V6-TDI-Motor angetriebene Audi R18 ultra. Er ist der leichteste LMP-Sportwagen, den Audi jemals konstruiert hat. Jeweils zwei Exemplare dieser beiden neuen Modelle feiern in Belgien ihr Renndebüt.

Damit gehen gleich vier weitere Premieren einher: Zum ersten Mal setzt das Audi Sport Team Joest vier LMP1-Rennwagen ein. Zuletzt war Audi 1999 werksseitig mit vier Fahrzeugen bei einem Sportwagenrennen am Start - damals in Le Mans mit den "Urahnen" der heutigen Sportprototypen, den Modellen Audi R8R und R8C. Allerdings sind die Fahrzeuge seinerzeit von zwei verschiedenen Teams eingesetzt worden.

Die weiteren Debüts: Marc Gene, der neu verpflichtete Reservefahrer aus Spanien, vertritt Timo Bernhard, der verletzungsbedingt pausiert. Ebenso bestreiten der bisherige Testpilot Marco Bonanomi aus Italien und der frühere DTM-Fahrer Oliver Jarvis aus Großbritannien ihr erstes Sportwagenrennen im Werksteam von Audi.

Capello/Kristensen/McNish als Tabellenführer nach Spa

Audi-Neuzugang Gene hat das Sportwagenrennen in Spa in den vergangenen vier Jahren zweimal gewonnen. Auch die übrigen Audi-Fahrer kommen voller Elan in die Ardennen: Dindo Capello/Tom Kristensen/Allan McNish bereiteten dem Audi R18 TDI beim WEC-Auftakt in Sebring als Sieger einen erstklassigen Abschied. Damit haben sie die Tabellenführung in der neuen Langstrecken-Weltmeisterschaft übernommen und freuen sich auf ihre Premiere im Audi R18 e-tron quattro.

"Nun erlebe ich mit Audi wiederum ein Debüt, und das zum ersten Mal in einer Weltmeisterschaft", sagt Capello. "Mit dem neuen R18 e-tron quattro will Audi seine Hybridtechnologie im Wettbewerb beweisen - natürlich, um zu gewinnen. In der Vergangenheit war Audi bereits als erster Hersteller mit einem Diesel siegreich. Insofern ist dieser zweite WM-Lauf also ein wichtiges Rennen, zu dem meine Teamkollegen und ich als Tabellenführer reisen."

Tom Kristensen, Allan McNish, Rinaldo Capello

Das Nummer-eins-Team von Audi will auch in Spa jubeln Zoom

Auch Kristensen, der im Jahr 2003 am Steuer des Audi R8 das 1.000-Kilometer-Rennen in Spa gewann, kann das kommende Wochenende kaum erwarten. "Wir erleben eine Premiere. Wenn ich zurückblicke, waren die Premieren von Audi immer großartig, vom R8 über den R10 TDI bis zum R15 TDI. Jetzt kommt der R18 e-tron quattro. Wiederum haben wir eine neue Technologie, die sich auf einer so anspruchsvollen Strecke wie Spa bewähren muss."

"Wenn man das Auto testet, bekommt man ein Gefühl dafür, versteht es ein wenig und probiert einige Dinge aus", bemerkt McNish. "Aber erst in einer Rennsituation mit dem entsprechenden Wetter und im Kampf mit anderen Teilnehmern beginnt man wirklich, die Vorteile zu verstehen. Wir werden mit einem so neuen System gewiss eine Lernkurve durchlaufen. Die Technologie ist ganz neu, aber wir haben eine gute Basis. Wir wollen natürlich so viele Punkte wie möglich sammeln und dem neuen Auto hoffentlich ein siegreiches Debüt bescheren", so der Schotte, der noch auf seinen ersten Spa-Triumph wartet.

Fässler/Lotterer/Treluyer im zweiten R18 e-tron quattro

Marcel Fässler/Andre Lotterer/Bernard Treluyer teilen sich in Spa das Cockpit des zweiten R18 e-tron quattro. "Spa ist eine meiner Lieblingsstrecken, deshalb bin ich sehr positiv gestimmt", sagt Fässler, der auf der Ardennen-Achterbahn bereits das 24-Stunden-Rennen gewinnen konnte. Auf die Rennpremiere des Hybrid von Audi freut sich der Schweizer: "Das wird bestimmt eine tolle Erfahrung und wir sind alle gespannt. Ich bin sehr zuversichtlich, weil wir uns gut vorbereitet haben und ich freue mich schon auf dieses Langstreckenrennen."

Lotterer fand den e-tron quattro bei den Tests "wirklich super". "Ich kann es kaum erwarten, in Spa zu sein. Das ist für mich eine spezielle Strecke, auf der ich schon als Kind und Jugendlicher viel unterwegs war. Mit einem Sportwagen dort zu fahren, ist ein Riesengenuss. Ich hoffe, es läuft besser für uns als in Sebring", so der Le-Mans-Sieger von 2011, der beim WEC-Saisonauftakt die Pole-Position und die schnellste Rennrunde erzielte, im Rennen aber leer ausging.

Für Treluyer zählt am Wochenende auch der Vergleich mit dem R18 ultra. "Auf einer Strecke wie Spa ist natürlich grundsätzlich eine Menge Fahrspaß zu erwarten - das ist toll für uns Fahrer. Mein R18 e-tron quattro gefällt mir ausgesprochen gut. Es ist einfach ein interessantes Fahrgefühl mit dem Hybridantrieb", so der Franzose.

Marc Gene vertritt Timo Bernhard im R18 ultra

Nur sieben Punkte hinter Capello/Kristensen/McNish liegen Loic Duval, Romain Dumas und Timo Bernhard, die in Florida Zweite wurden. Bernhard wird in Spa am Steuer des R18 ultra mit der Startnummer 3 durch Gene vertreten. "Ich empfinde es als eine Ehre und freue mich, für eine der erfolgreichsten Marken in der Geschichte zu starten", so der Spanier. "Spa zählt zu meinen Lieblingsstrecken. Es ist ein wunderschöner Kurs für ein Rennen mit einem LMP1-Fahrzeug. Ich hoffe, ich kann so viel zurückgeben, wie mir entgegengebracht wird", sagt Ex-Peugeot-Werksfahrer Gene im Hinblick auf seinen Empfang im Audi-Lager.

Dumas, seines Zeichens zweifacher Sieger der 24 Stunden von Spa, ist überzeugt, dass die Zusammenarbeit mit Gene reibungslos verlaufen wird. "In Sebring haben wir gesehen, dass Timo und ich rasch sehr gut mit Neuzugang Loic zusammengearbeitet haben. Das wird mit Marc sicher ebenso gut funktionieren. Er bringt viel Erfahrung im Sportprototypen mit und kennt Spa bestens. Es ist schade, dass Timo nicht starten kann, aber unter diesen Bedingungen ist Marc sicher der denkbar beste Ersatz." Dumas ist gespannt, wie das Kräfteverhältnis zwischen dem Hybridfahrzeug und dem konventionell angetriebenen Auto ausfallen wird. "Ich glaube, das wird ein offenes Rennen."

Duval fuhr bei seiner Audi-Premiere in Sebring auf Anhieb auf Platz zwei. "Für das erste WEC-Rennen in Europa wünsche ich mir, dass es ähnlich gut läuft wie bei der Premiere in Sebring. Natürlich wäre es schön, wenn drei Audi-Fahrerteams auf dem Podium stünden. In erster Linie ist es aber ein wichtiges Rennen zur Vorbereitung auf die 24 Stunden von Le Mans", so der zweite Franzose im aktuellen Joest-Aufgebot.

Marc Gene

Ex-Peugeot-Pilot Marc Gene gibt in Spa sein Debüt für Audi Zoom

Marco Bonanomi/Oliver Jarvis mit LMP-Debüt im Joest-Team

Im zweiten R18 ultra (Startnummer 4) gibt Bonanomi sein Prototypen-Renndebüt mit Audi. Der Italiener kennt den R18 bereits seit dem Vorjahr als Testfahrer. "Endlich erlebe ich meine Rennpremiere im Sportprototypen. Seit eineinhalb Jahren warte ich auf diesen Moment. Das ist ein wichtiger Punkt in meiner Karriere", so Bonanomi, der sein Debüt auf einer seiner Lieblingsstrecken gibt. "Schon mit der Formel 3000 und der World-Series war ich auf diesem Kurs in Belgien am Start und stand dort mehrfach auf dem Podium. Ich kenne die Strecke also gut, aber im Sportprototypen wird das im Verkehr mit anderen Fahrzeugen sicher eine andere Sache. Ich bin jedenfalls bis in die letzte Faser motiviert."

Ex-DTM-Pilot Jarvis teilt sich den R18 ultra in Spa mit Bonanomi und fährt nach einem Einsatz in einem Audi-Kundenteam in Le Mans 2010 sein erstes Rennen für Joest. "Auf meinen ersten Einsatz als Audi-Werksfahrer im R18 ultra in Spa freue ich mich schon seit langem. Es gibt viel für uns zu lernen in diesem Rennen, das uns zur Probe für Le Mans dient. Das heißt aber nicht, dass Spa als Einzelrennen nicht wichtig wäre. Es ist eine gute Chance für das gesamte Fahrerteam zusammenzuwachsen", sagt der Brite. In Le Mans (16./17. Juni) verstärkt Mike Rockenfeller das Aufgebot der Startnummer 4.

Generalprobe für Le Mans

So hat jedes der vier Audi-Fahrerteams auf der 7,004 Kilometer langen Ardennen-Achterbahn große Ambitionen. Sie alle wollen für Audi beim 6-Stunden-Rennen, das am Samstag um 14:30 Uhr startet, eines erreichen: So, wie der Audi R8 im Jahr 2000, der R10 TDI sechs Jahre später und der R15 TDI im Jahr 2009 ihre Premiere in Sebring siegreich beendet haben und 2010 der R15 plus in Le Castellet gewonnen hat, soll die jüngste Generation des R18 ihre Karriere nun ebenfalls mit einem Erfolg beginnen.

"Spa ist wie im letzten Jahr für uns eine Generalprobe für die 24 Stunden von Le Mans", sagt Audi-Motorsportchef Wolfgang Ulrich. "Wir hatten vorgesehen, dort mit genau den Mannschaften zu starten wie in Le Mans, also mit allen vier Fahrzeugen und den dazugehörigen Teams. Bei den Fahrern ist das leider nicht ganz umsetzbar: Mike Rockenfeller steht nicht zur Verfügung, weil er bei der DTM am Lausitzring ist. Und Timo Bernhard ist nach seinem Unfall in Sebring noch nicht fit."

"Deshalb geben wir Ersatzfahrer Marc Gene eine Chance, ein Rennen zu fahren", so Ulrich weiter. "Er wird zusammen mit Romain Dumas und Loic Duval fahren, um sich an das Fahrzeug zu gewöhnen und in das Team zu integrieren, falls wir ihn bei den 24 Stunden in Le Mans einsetzen sollten."

Für Bonanomi und Jarvis ergibt sich in Spa laut Ulrich "der positive Effekt, dass sie zu zweit die Chance haben, auf mehr Rennkilometer zu kommen als die mit drei Fahrern besetzten Teams". "Beide waren bisher als einzige noch nicht im Einsatz. Daher ist Spa für sie eine wichtige Premiere - genau wie für unsere beiden Modelle, den R18 e-tron quattro und den R18 ultra."

Ralf Jüttner, Technischer Direktor im Joest-Team, ergänzt: "Jeder freut sich auf Spa, jeder hat aber auch den nötigen Respekt davor. Vier Autos sind grundsätzlich schon eine Herausforderung, und dann starten wir auch mit zwei neuen Fahrzeugtypen. Die Autos wurden gerade erst gebaut. Die Vorbereitungen laufen, aber es wird eine Riesenherausforderung für uns."

"Leider fehlt Toyota in Spa, was wirklich schade ist", bemerkt Ulrich mit Blick auf den Testunfall von Nicolas Lapierre am 4. April in Le Castellet. "Wir werden unserem Mitbewerber erst in Le Mans begegnen. Es sind aber auch viele andere gute Autos unterwegs, das haben wir bereits in Sebring gesehen. Wir hatten einen sehr guten Saisonauftakt und werden natürlich alles versuchen, diese Serie in Spa weiterzuführen."