• 28.04.2016 09:00

  • von Roman Wittemeier

Zange und Panzerband retten WM-Titel: Stimmt's wirklich?

Auf den Spuren der "Mythbusters" - Ausgabe 5: Nutzten Porsches WEC-Piloten um Mark Webber auf dem Weg zum WM-Titel Zangen und Kleber als Flickzeug?

(Motorsport-Total.com) - Im Motorsport werden kleine Geschichten schnell zu riesigen Mythen aufgebauscht - und das gilt nicht nur in der Formel 1. Gerade um das 24-Stunden-Rennen von Le Mans ranken sich zahlreiche Stories, deren Wahrheitsgehalt nicht immer bei hundert Prozent liegt. In unserer Serie "Stimmt's wirklich? Motorsport-Mythen unter der Lupe" gehen wir den Geschichten auf den Grund. Ganz nach dem Vorbild der "Mythbusters" Jamie Hyneman und Adam Savage im TV.

Titel-Bild zur News: Mark Webber

Der riesige Jubelsprung von Mark Webber nach dem Titelgewinn 2015 in Bahrain Zoom

Die neueste Folge in dieser Serie beschäftigt sich mit einer Legende, die noch gar nicht alt ist. Es geht um den Titelgewinn des Porsche-Trios Mark Webber, Timo Bernhard und Brendon Hartley in der Saison 2015 der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC). Die heutigen Champions mussten auf dem Weg zum Titel durch eine regelrechte Hölle gehen, denn an ihrem 919 Hybrid versagten an beiden Zylinderbänken die Aktuatoren für die Drosselklappen. Panzerband, zwei Zangen und großartige Ideen der Mechaniker brachten schließlich den Triumph, heißt es. Doch stimmt das wirklich?

"Das musst du dir so vorstellen, als wenn man eine blutende Fleischwunde mal eben mit einer Sicherheitsnadel zusammenflickt", beschrieb einer der drei WM-Gewinner die denkwürdige Szenerie direkt nach dem Saisonfinale in Bahrain. "Dieses Bild ist gar nicht so falsch", schmunzelt Porsche-Teamchef Andreas Seidl auf die Frage von 'Motorsport-Total.com' nach den wahren Hintergründen des Bahrain-Dramas der WEC-Champions 2015.

Verbrannte Finger machen glückliche Piloten

"Das war kein tolles Rennen, wenngleich das Endergebnis zum WM-Titel geführt hat", erinnert sich Mark Webber. "Dort war die Zeit gekommen für einige Jungs, die im entscheidenden Moment die ganz besondere Lösung parat hatten - egal, ob man sich dabei die Finger verbrennt. Es musste der Job erledigt werden. Die Zeit lief dort gegen uns, wir standen unter enormem Druck. Da stand wirklich alles auf der Kippe. Dass die Jungs das so hinbekommen haben, ist ein Ausdruck der besonderen Stärke des Teams."

Was war passiert? Webber/Bernhard/Hartley lagen beim Finale in aussichtsreicher Position im Rennen, konnten dem Titel eigentlich sicher und souverän im Paarflug mit dem Schwesterauto entgegen gleiten. Doch dann der Schock: der erste Aktuator defekt! Der Porsche mit der Startnummer 17 kommt zur Porsche-Box, wird sofort in die Garage geschoben. Ratlose Gesichter am Rande, mehrere Mechaniker mit flinken Fingern unter der Heckabdeckung bei der Arbeit.

Webber Bernhard Hartley

Nur den Ideen der Techniker ist es zu verdanken, dass die #17 zu Ende fuhr Zoom

"Wir hatten das 'Glück', dass wir beim Schwesterauto in einem Training an einem anderen Rennwochenende schon einmal ein ähnliches Problem gehabt hatten. Die Mechaniker haben dann darüber nachgedacht, was man tun kann, wenn so etwas in einem Rennen passiert. Die Motoren-Jungs haben sich abends dann mal überlegt, wie man so etwas fixt", erklärt Teamchef Seidl. Die Mechaniker entwarfen eine "Bastellösung" mit nicht gerade hochtechnologischen Mitteln.

Software regelt Schub bei offenen Drosselklappen

"Die Jungs haben eine Gripzange und Panzerband genommen, um die Drosselklappe damit auf 100 Prozent zu fixieren. Das war schon abenteuerlich, dass so etwas im Rennen tatsächlich hält", lacht Seidl. "Und uns ist dann ja auch bei der zweiten Zylinderbank noch das gleiche passiert. Also das gleiche nochmal. Wir konnten dann nur noch rein elektrisch in der Boxengasse fahren, weil der Motor mit offenen Drosselklappen sonst halt abstirbt. Insgesamt war es ein grandioser Geistesblitz der Motoren-Mechaniker."

Nicht nur die Mechaniker waren an der besonderen Lösung in diesem Notfall beteiligt, sondern auch die Software-Fachleute. Die Programmierer hatten schnell eine Lösung entworfen, das Mapping des V4-Turbo so anzupassen, dass es wenigstens noch ansatzweise eine gewisse Fahrbarkeit mit offenen Drosselklappen gab. Immerhin konnten Webber/Bernhard/Hartley somit noch Rang fünf im Rennen und den Titel sichern. "Wir sind sicher nicht stolz auf den Defekt, auf die Reaktion des Teams aber sehr", sagt Seidl.


Die Rennhighlights aus Bahrain

Die Highlights des Sechs-Stunden-Saisonfinals der Langstrecken-Weltmeister in Bahrain

"Mit all den Hintergründen und all den spannenden Abläufen in Bahrain ist es eine Geschichte, die man extra nochmal umfassend aufschreiben muss. Die Story ist so gut, dass sie als Buch geschrieben werden sollte", meint Porsche-LMP1-Leiter Fritz Enzinger. Dem Verantwortlichen des LMP1-Programms aus Weissach geht es um mehr, als nur eine Racing-Story: "Es ist ein wundervolles Beispiel für Teamgeist, Spirit und Sport. Das verdient eine entsprechende Darstellung. Der Stoff ist einfach klasse."

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