• 21.11.2015 23:34

  • von Heiko Stritzke & Roman Wittemeier

Weltmeister Mark Webber: Dem Genie geb' ich einen aus!

Der Flucht ist gebrochen: Mark Webber hat endlich eine Weltmeisterschaft gewonnen - Wie der Australier im Porsche 919 Hybrid den Nervenkitzel von Bahrain meisterte

(Motorsport-Total.com) - Fünf Jahre musste Mark Webber warten, bis er nach dem verlorenen WM-Titel in der Formel 1 2010 wieder die Chance bekam, diesmal ergriff er sie. Mark Webber ist gemeinsam mit Timo Bernhard und Brendon Hartley mit Porsche Weltmeister der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC). Fast sah es jedoch so aus, als würde der Traum wieder kurz vor der Zielflagge platzen, denn der Weg zum Titel war mehr als steinig.

Titel-Bild zur News: Mark Webber

Endlich: Im Alter von 39 Jahren holt Mark Webber seinen ersten WM-Titel Zoom

"Das ist ein massiver Moment für mich", wird auch der sonst stets beherrschte Australier emotional. "Wir hatten große Sorgen beim letzten Boxenstopp. Wir haben fünf oder sechs Runden lang nur besprochen, wie wir den Boxenstopp machen." Am Porsche 919 Hybrid war zuvor ein Aktuator zu Schaden gekommen, was dafür sorgte, dass die Gaspedalbefehle nicht mehr korrekt umgesetzt wurden. Das Problem wurde im Laufe des Rennens immer schlimmer. Doch Porsche hatte einen Plan, der aufgehen sollte.

"Ich weiß nicht, wer die Idee hatte, aber er ist ein Genie und ihm werde ich an der Bar heute Abend einiges ausgeben", jubelt Webber. "Wir haben in der Boxengasse alles mit dem Elektromotor gemacht, das war eine sensationelle Idee." Das einzige Problem bestand darin, den Verbrennungsmotor wieder zum Laufen zu bekommen - in der WEC muss der Motor beim Nachtanken abgestellt werden. Der 919 ruckelte, zitterte und schnaufte, doch schließlich sprang der V4 an und Webber konnte wieder mit über 1.000 PS beschleunigen.

Ein Horror jagt den nächsten

Für die Zuschauer ist dies nur der letzte einer Reihe von dramatischen Momenten gewesen, die die Startnummer 17 heimgesucht haben. Zweimal musste das Fahrzeug mit dem Aktuator-Problem an die Box, mehrfach blieb der Bolide auf offener Strecke stehen und fuhr wieder los. Porsche-Fans bekamen einen Herzkasper nach dem nächsten serviert. Auch für Webber war es eine Zitterpartie: "Ich habe gegen Ende mit dem Auto geredet: 'Komm schon, du schaffst das!' Aber man konnte hören, dass diese Lady nicht sehr glücklich war."


Fotos: So feiert Porsche die WM-Titel


Zu allen Aktuator-Problemen gesellte sich auch noch ein Problem mit dem Hybridantrieb. "Auf der Auslaufrunde ist das Auto ohne Saft in der Batterie stehen geblieben", atmet Webber durch. Doch damit nicht genug: Der defekte Aktuator bedeutete, dass das Gas unregelmäßig angenommen wurde. "Ein Alptraum im Verkehr", bemerkt der 39-Jährige. "Und ich musste pushen ohne Ende, um wieder Zeit aufzuholen. Aber dann sagten sie mir, es sei genug und ich begann das Auto zu schonen." (Zur Chronologie des Rennens)

Mark Webber, Timo Bernhard, Brendon Hartley

Hochsprung: Die Freude war Mark Webber eindeutig anzusehen Zoom

Webber hielt sich fortan von den Randsteinen fern, fuhr Zeiten, die fünf Sekunden langsamer als normal waren und trug das weidwunde Fahrzeug über die Ziellinie, was bei Porsche alle Dämme brechen ließ. Der Schongang tat gut, wie er selber weiß. "Ich habe gesehen, wie sie das Problem behoben hatten, das war kein Porsche-Qualitätsservice", lacht Webber, der seinen ersten Automobil-Titel überhaupt eingefahren hat.