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  • 01.09.2015 13:31

  • von Roman Wittemeier

Audi-Analyse: Heißes Rennen, aber doch zu kalt

Porsche hat Audi im Duell um den WEC-Sieg am Nürburgring klar geschlagen: Reifen am R18 nicht im Fenster, Entwicklungen für 2016 versprechen deutlichen Schritt

(Motorsport-Total.com) - Porsche hat dem WEC-Rennen auf dem Nürburgring seinen Stempel aufgedrückt und vor 62.000 heimischen Fans einen Doppelerfolg gefeiert. Am Ende des 6-Stunden-Rennens in der Eifel hatte der siegreiche 919 Hybrid von Webber/Bernhard/Hartley eine Runde Vorsprung auf die beiden Audi R18, die auf den Rängen drei und vier ins Ziel kamen. Die Ingolstädter waren weniger konkurrenzfähig als erwartet. Man konnte das Potenzial des Pakets am Nürburgring nicht ganz ausschöpfen.

Titel-Bild zur News: Duval Di Grassi Jarvis

In den teils sehr langen Kurven in der Eifel schob der Audi oft über die Vorderräder Zoom

Beim vierten von acht WEC-Saisonläufen war Audi wieder mit mehr Abtrieb unterwegs als zuvor in Le Mans. Man habe eine "Spa-Silverstone-Le-Mans-Spezifikation" benutzt, sagt Audi-Technikchef Jörg Zander im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. Der Rheinländer ergänzt: "Einfacher ausgedrückt: Es ist eine weiterentwickelte Spa-Variante." Das veränderte Paket sollte in der Theorie bestens funktionieren, aber man lernte einmal mehr die Grenzen der Simulationen kennen.

Die Berechnungen der Computer hatten die Variante als Optimum für das Rennen in der Eifel ergeben. Was jede Simulation jedoch knifflig macht, ist die genaue Darstellung der Reifennnutzung - ein Problem, das die Konkurrenz von Toyota und Porsche mindestens ebenso gut kennt. In die Simulationen spielen bezüglich der Pneus derart viele - teils nicht vorhersehbare - Faktoren hinein, sodass eine genaue Vorhersage immer schwierig ist.

Zu cool: Vorderreifen machen Audi langsamer

"Bezüglich der Performance sind wir nicht so schlecht aufgestellt", meint Zander. Und tatsächlich: Ein genauer Blick auf die einzelnen Stints aller Piloten am Nürburgring zeigt, dass es in der zweiten und dritten Rennstunde eine Phase gab, wo Audi auf einem fast identischen Niveau wie Porsche agieren konnte. Vorher und vor allem in der zweiten Rennhälfte stellte sich an den beiden R18 wieder jenes Problem ein, das man am Freitag und Samstag bereits in den Trainings erkannt hatte.

Die Vorderreifen kamen einfach nicht in das richtige Betriebsfenster. War man vor dem Renntag bis zu zehn Grad Celsius unterhalb des Optimums, so war es im 6-Stunden-Rennen nur noch eine Nuance - aber diese genügte, um den R18 über weite Strecken ein lästigen Untersteuern anzuhexen. Ein Blick auf die Wetterdaten während des Rennens zeigt: Start bei 35 Grad Asphalttemperatur, "heiße Phase" mit guter Audi-Performance bei 39 Grad und die Rückkehr des Untersteuerns bei sinkenden Werten gegen Ende.

Am Samstag nach dem Qualifying hatte man mit Setupveränderungen versucht, der Problematik entgegen zu steuern. Die Anpassungen genügten jedoch nicht, um die beiden Fahrzeuge in ein stabiles Fenster zu bekommen. Dies könnte an den Besonderheiten der "Spa-Silverstone-Le-Mans-Spezifikation" liegen, die womöglich am Nürburgring zum ersten und letzten Mal zum Einsatz kam. "Wir haben quasi noch gewisse Alternativen im Regal", sagt Zander.


Packender Dreikampf Audi vs. Porsche

Der Porsche #18 und die beiden Audis liefern sich beim WEC-Rennen auf dem Nürburgring einen spannenden Dreikampf um die zweite Position

"Wir haben Optionen und schauen, welches jeweils im Zusammenspiel mit den Reifen auf einer jeweiligen Strecke die beste Lösung ist. Wir wissen nicht, ob wir alle weiteren Rennen mit dieser Spezifikation fahren werden. Unter Umständen werden wir nachlegen müssen", meint der Cheftechniker. "Es geht noch um etwas. Wir haben uns auf die Fahne geschrieben, den WEC-Titel gewinnen zu wollen, nachdem es in Le Mans nicht ganz so gut gelaufen ist."

Neues Auto soll schon bald auf die Strecke

Die Möglichkeiten, Porsche mit weiteren Entwicklungen unter Druck zu setzen, sind allerdings begrenzt. Audi steckt in einem Dilemma. Einerseits will man mit aller Macht zum Titel 2015 fahren, auf der anderen Seite hat man für 2016 Großes geplant. Im kommenden Jahr wird Audi mit einem erheblich veränderten Fahrzeug kommen: neues Chassis, neuer Hybrid, neues Speichersystem. "Ganz klar: Der Fokus liegt auf dem 2016er-Konzept. Schon eine ganze Weile", gibt Zander die Prioritäten offen zu.

"Wir werden im späten Herbst oder frühen Winter mit dem neuen Auto auf die Strecke gehen. Das ist etwas früher als in der Vergangenheit. Wir wollen frühzeitig Erfahrungen sammeln, um weitere Entwicklungen folgen lassen zu können. Die Zeitpläne wurden alle etwas verschoben", sagt der ehemalige Formel-1-Ingenieur. Audi hat einen dreitägigen Test von Toyota in Magny-Cours in der zweiten September-Woche übernommen. Während die Japaner längst nicht so weit sind, werden die Deutschen bereits neue Komponenten ausprobieren können.

Jörg Zander

Ex-Formel-1-Mann Jörg Zander ist seit Jahresbeginn 2015 neuer Audi-Technikchef Zoom

"Es gibt einige Veränderungen. Es wird einen großen Schritt geben. Deshalb wird man gewisse Komponenten und Einzelsysteme frühzeitig testen müssen - auch ohne das komplett neue Fahrzeug", sagt Zander. Weitere Probefahrten sind in Aragon (Michelin-Test) und Bahrain (Rookietest) geplant. Dort wird man kaum 2016er-Teile auspacken. "Natürlich nutzen wir auch die Infrastruktur in Neuburg und Neckarsulm, um entsprechende Tests durchzuführen", sagt der Audi-Technikchef.

Batteriezellen kommen aus Südkorea

Ähnlich wie Toyota wird auch Audi mit einem grundlegend neuen Paket kommen, um Porsche möglichst schlagen zu können. Seit Monaten läuft die Entwicklung von Batterien, die das bisherige Flywheel-System ablösen werden. Man geht also den Porsche-Weg, kauft sich Batteriezellen ein und baut die Systeme und Steuerungen selbst. Weil Marktführer A123 in der LMP1 exklusiv an Porsche gebunden ist, arbeitet Audi nach Informationen von 'Motorsport-Total.com' mit LG/Samsung zusammen.

Zander will die Kooperation mit den Koreanern, die in den vergangenen Jahren immense staatliche Fördergelder für die Batterieentwicklung erhalten hatten, nicht explizit bestätigen. Aber seine Aussagen lassen keine Zweifel mehr: Audi wechselt zur Batterie. "Über Hochvolt-Systeme kann man immer leicht reden, aber der Einsatz solcher Dinge im Rennsport ist schwierig - es ist hoch integrativ und hoch komplex. Wir machen viele Erfahrungen. Da sind Dinge dabei, die man manchmal nicht so auf dem Radar hatte."

Porsche hat diese Erfahrungen ebenso machen müssen wie die Antriebshersteller der Formel 1. Lieferant suchen, Zellen kaufen und in eine Box packen - so einfach ist es nicht. "Wie bringe ich es unter? Wo? In welcher Form? Die Batterie muss nicht nur gut untergebracht und integriert sein, sondern auch die optimale Leistung bereitstellen. Da wird es anstrengend", sagt Zander. Auch die Bedingungen für Kühlung - und somit die Aerodynamik des Autos - ändern sich. "Wir sind diesbezüglich sehr intensiv unterwegs. Man muss auch neue Testprozeduren entwickeln", sagt der Audi-Technikleiter.

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