• 24.06.2015 13:41

Nick Tandy: Über die Porsche-Markenpokale zum Le-Mans-Sieg

Vom Markenpokal-Sieger zum Werksfahrer und schließlich zum Le-Mans-Sieger: Nick Tandy hat sich bei Porsche die Karriereleiter empor gearbeitet

(Motorsport-Total.com) - Mit seinem Sieg bei den 24 Stunden von Le Mans im Porsche 919 Hybrid hatte Nick Tandy seinen Job mit Bravour erledigt. Ein spezielles Siegerfoto fürs Familienalbum zu arrangieren übernahm auf der Heimfahrt mit dem Zug durch den Eurotunnel Ehefrau Brittany. Irgendwo unterm Ärmelkanal zwischen Calais und Folkestone stellte sie den Pokal auf die Sitzbank und setzte Töchterchen Eva davor. Doch der elf Monate alte Wirbelwind wollte nicht so wie Mama das gerne gehabt hätte. Erst krabbelte sie schleunigst davon, dann drehte sie der Fotografin kess den Rücken zu, schließlich flüchtete sie sich in Papas Arme.

Titel-Bild zur News: Nick Tandy

Der Le-Mans-Sieg war der Höhepunkt in der Karriere von Nick Tandy Zoom

"Kein Wunder, sie kann ja nicht wissen, was da in den letzten Tagen passiert ist und welche Bedeutung das für uns alle hat", zeigt Nick Tandy Verständnis für das offensichtliche Desinteresse des Töchterchens. "Und wenn ich ganz ehrlich bin - so richtig begreifen kann ich es selbst noch nicht. Ich kann nur sagen, dass es ein tolles Gefühl ist, mit diesem Pokal nach Hause zurückzukehren."

Irgendwann vor der Ankunft des Eurostar auf der Insel klappte es dann doch noch mit dem Foto. Schon wenig später war es in den sozialen Netzwerken zu bewundern. Seine Freunde überall auf der Welt auf diese sympathische Weise am größten Erfolg seiner Rennfahrerkarriere teilhaben zu lassen, ist typisch Nick Tandy. Der 30-jährige Brite, der das berühmteste Langstreckenrennen der Welt zusammen mit Earl Bamber und Nico Hülkenberg gewonnen hat, ist kein Freund lauter Töne. Trommeln in eigener Sache ist nicht sein Ding. Für Paukenschläge sorgt er nur auf der Rennstrecke - so wie jetzt in Le Mans.

Die Kindheit auf dem Bauernhof

Tandy hat nicht vergessen, wo er herkommt. Aufgewachsen ist er auf einer Farm in Pavenham, einem kleinen Dorf in der Grafschaft Bedfordshire. Die ländliche Umgebung und der Zusammenhalt der Menschen dort haben ihn geprägt. Er wohnt immer noch ganz in der Nähe und wenn es seine Zeit erlaubt, hilft er seinen Eltern auf dem Hof und bei der Ernte. Doch seine große Leidenschaft waren schon immer Autorennen.

Seine ersten Erfolge feierte er als britischer Meister bei den Short-Oval-Stock-Cars und in der Mini-Se7en-Championship. Mit elf Siegen gewann er 2005 die BRDC-Single-Seater-Series. Als Gewinner des Silverstone-Scholarship wurde er im Jahr darauf Zweiter in der hart umkämpften britischen Formel-Ford-Meisterschaft und 2007 Dritter - immerhin mit sechs Siegen und 16 Podiums. In diesem Jahr siegte er auch beim Formel-Ford-Festival.

Mit Porsche kam der ambitionierte Hobbygolfer und Mountainbiker erstmals 2008 bei einem Gaststart im britischen Porsche-Carrera-Cup in Berührung. Erstes Rennen, erster Sieg - dieser Einstand nach Maß brachte ihn auf den Geschmack. 2010 startete er im Porsche-Supercup und im deutschen Porsche-Carrera-Cup, wo er jeweils Zweiter der Gesamtwertung wurde. "Mit dem Porsche 911 GT3 Cup in diesen hart umkämpften Markenpokalen zu fahren, hat sehr viel Spaß gemacht", blickt Tandy zurück. "Das war die Art von Rennen, die ich immer fahren wollte. Die Autos sind alle gleich, da kommt es wirklich auf den Fahrer an. Das ist Motorsport pur."

2013: Beförderung zum Werksfahrer

Nachdem er 2011 den deutschen Porsche-Carrera-Cup und 2012 den prestigeträchtigen Porsche Cup als weltweit bester Privatfahrer auf einem 911 gewonnen hatte, wurde er zum Werksfahrer befördert. "Davon habe ich immer geträumt", sagte er damals. "Es ist großartig, so viel Vertrauen zu spüren. Ich werde immer mein Bestes geben, um dieses Vertrauen nicht zu enttäuschen." Damit hat er sofort begonnen: In die Saison 2013 startete er im Porsche 911 RSR mit einem dritten Platz beim 12-Stunden-Klassiker in Sebring. Danach gewann er noch die GT-Wertung beim Rennen der European-Le-Mans-Series in Budapest und feierte mit dem GT-Sieg beim Petit Le Mans auf der anspruchsvollen Traditionsrennstrecke Road Atlanta einen seiner bis dahin größten Erfolge.

Marco Holzer, Nick Tandy, Marco Mapelli

Auch im Porsche 911 gehört Nick Tandy zu den schnellsten Piloten Zoom

Ein weiterer Höhepunkt folgte zum Saisonauftakt 2014, als er mit dem 911 RSR auch beim 24-Stunden-Rennen in Daytona den Klassensieg holte. Als Porsche einigen seiner GT-Piloten die Möglichkeit gab, den Porsche 919 Hybrid zu testen, nutzte Tandy auch diese Chance. Mit überzeugenden Leistungen sicherte er sich einen der freien Plätze im dritten Auto für die 24 Stunden von Le Mans.

"Von so einem Cockpit träumt jeder Rennfahrer", sagte er nach seinem Aufstieg in die Königsklasse des Langstreckensports. "Es ist großartig, wie in der weltweiten Porsche-Motorsportfamilie beobachtet und gefördert wird. Jetzt werde auch ich alles tun um zu beweisen, dass ein guter GT-Fahrer auch ein erfolgreicher LMP1-Pilot sein kann."

Nach dem Le-Mans-Triumph zurück ins GTE-Auto

Das hat Nick Tandy in Le Mans auf eindrucksvolle Art und Weise getan. Nach ihrem Erfolg in Le Mans bestreiten Bamber und Tandy am 28. Juni mit dem Porsche 911 RSR in Watkins Glen einen Lauf Tudor United-SportsCar-Championship. Tandy teilt sich das Cockpit mit Patrick Pilet, Bamber fährt gemeinsam mit Jörg Bergmeister.

"Wir sind alle sehr stolz auf Earl und Nick. Ihr Sieg in Le Mans ist ein weiterer Beleg für den Erfolg und die Nachhaltigkeit der Porsche-Nachwuchsförderung", sagt Porsche-Motorsportchef Frank-Steffen Walliser. "Darüber hinaus unterstreicht er auch die Bedeutung der Porsche-Markenpokale als Karrieresprungbrett für junge Rennfahrer, die wie Earl und Nick das nötige Talent, eine große Lernbereitschaft und den erforderlichen Durchsetzungswillen mitbringen. Wer richtig schnell ist, dem stehen bei Porsche alle Türen offen."