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  • 05.04.2015 09:07

  • von Roman Wittemeier

Abwesenheit von Nissan: Überrascht ist kaum jemand

Das Fehlen von Nissan beim Prolog und den ersten beiden Saisonrennen der WEC sorgt in der Szene für Schulterzucken: Fast alle hatten so etwas erwartet

(Motorsport-Total.com) - Aus dem Dreikampf der LMP1-Werksteams in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) sollte 2015 eigentlich ein Vierkampf werden. Nissan hatte den Einstieg in die Szene verkündet, musste das Debüt des seltsam anmutenden GT-R LM Nismo aber verschieben. Die Japaner brachen einen Test in Sebring Anfang dieses Monats vorzeitig ab und aktivierten das, was Nissan als "Plan B" bezeichnet: Start in der WEC erst ab den 24 Stunden von Le Mans im Juni.

Titel-Bild zur News: Nissan GT-R LM Nismo

Alles an der Front verbaut: Beim Nissan wäre im Heck Platz für einen Kofferraum Zoom

Die Japaner, die ihren Sitz im amerikanischen Indianpolis haben, wollen weitere Testfahrten unternehmen. Außerdem musste ein Crashtest wiederholt werden, nachdem es offenbar strukturelle Probleme am Fahrzeug mit Vorderradantrieb gab. Beim Sebring-Test war angeblich die Motorbefestigung zerstört worden. Aber auch vor dem Schaden war der Nissan laut Augenzeugen kaum gefahren. Und wenn er fuhr, dann war er Berichten zufolge nicht gerade auf LMP1-Niveau unterwegs.

"Als LMP1-Fan bin ich etwas traurig, dass wir sie am Anfang nicht dabei haben, denn die Fotos würden einfach besser aussehen, wenn mehr LMP1-Autos in der Startaufstellung stehen", sagt Alex Wurz. "Man hört, dass sie ein paar Schwierigkeiten mit den Crashtests und so weiter hatten, bestätigt haben sie es ja noch nicht. Es war natürlich ein interessantes Programm, aber ich hoffe, dass sie es bis Le Mans schaffen. Wir haben ja gerne Familienzuwachs und es wäre cool, wenn sie kommen."

Nissan nicht beim Prolog: Wen wundert's?

Dass Nissan nicht rechtzeitig zum Auftakt bereit ist, hat Porsche-Star Mark Webber "nicht wirklich überrascht". Der Australier erklärt im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com': "Es ist eine Serie, in die man nicht einfach mal so einsteigt. Die Regularien sind dermaßen offen und dadurch für die Ingenieure so attraktiv. Da kann man sich auf dem Papier ganz tolle Dinge überlegen. Diese Pläne aber erfolgreich auf der Strecke umzusetzen, ist keine leichte Aufgabe. Man muss da bestens organisiert sein, um sich nicht zu verzetteln."

"Nissan macht viel PR und ist jetzt nicht am Start. Ist deren Problem. Schade für sie", schmunzelt Webber. Die japanische Mannschaft um Motorsportchef Darren Cox hatte sich bereits vor rund einem Jahr einen Werbeslot während der Übertragung des US-Superbowls gesichert. Ein aufwendig gestalteter Spot stellte das LMP1-Engagement in der WEC und in Le Mans dar. Die Bilder von Nissan sind schön anzusehen, aber das Einsatzfahrzeug hält damit offenbar nicht Schritt.

Michael Krumm Nissan

Der Nissan GT-R LM Nismo soll nun in Le Mans in den Wettbewerb einsteigen Zoom

"Ich denke, es wird ziemlich schwierig, es überhaupt nach Le Mans zu schaffen. Dort kommst du nicht einfach mal mit drei Autos hin und fährst sauber durch. Alle wissen das. Wir wissen das. Nissan sollte es eigentlich auch wissen", schätzt Webber die Lage ein. "Warten wir mal ab. Ich will nichts Schlechtes über Nissan sagen. Wir sind ja schließlich froh, dass sie dabei sein wollen. In diesem Jahr wird es aber definitiv schwierig für sie."

Wird der GT-R LM Nismo in Le Mans wirklich fahren?

"2016 könnten sie in besserer Verfassung sein. Wer meint, dass Nissan hierher kommen könnte und sofort gegen Audi, Toyota und uns anstinken kann, der ist ein bisschen zu optimistisch. In den kommenden Jahren werden sie bestimmt ein starker Gegner sein", so der Australier. Nach ursprünglicher Aussage will Nissan 2016 nicht einfach nur am Start sein, sondern tatsächlich in Le Mans gewinnen. So hatte man es bei der Verkündung des LMP1-Programmes lauthals angekündigt.

"Wenn ich Nissan mal allein aus meiner Sicht als Ingenieur betrachte, dann ist es ein tolles Projekt, auf Grundlage der Regeln einfach mal etwas komplett anderes zu machen. Es ist aber auch so, dass es gewisse Basisprinzipien gibt", meint Toyota-LMP1-Entwickler John Litjens. "Sie sind einfach komplett anders daran gegangen. Mal ein Beispiel: Um kleinere Räder zu fahren, muss ich auf den Vorteil einer größeren Auflagefläche verzichten. Da stecken hohe Risiken darin."

"Schade ist es für den Sport und die Zuschauer, dass sie bei den ersten beiden Rennen nicht dabei sind. Ich denke, die müssen noch sehr hart arbeiten, um überhaupt bis Le Mans fertig zu werden", sagt der Niederländer. "Ich bin nicht überrascht, dass sie jetzt nicht da sind. Sie haben spät angefangen und allein die Tatsache, dass man es komplett anders macht, kostet zusätzliche Zeit. Die Zeit rennt schnell weg. Wenn man einen Crashtest hat, bei dem etwas kaputt geht, dann holst du diese Zeit nicht einfach mal wieder auf."

"Wir wissen, wie schwierig es ist, in diese Serie einzusteigen. Wir haben es selbst erlebt", meint Porsche-Teamchef Andreas Seidl. "Wir hatten gehofft, dass Nissan beim Prolog dabei sein könnte. Das wäre wichtig für die gesamte Serie gewesen. Auch Toyota bei seinem Einstieg hat gezeigt, wie erfolgreich so etwas werden kann." Nissan führt das Testprogramm mit dem GT-R LM Nismo fort. Für den 4. und 5. April hat man sich im NCM Motorsport Park in Kentucky eingebucht, Mitte Juli will man noch einmal in Austin testen.