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  • 14.02.2015 18:11

"Gamer" Mardenborough: WEC im LMP1-Auto "überwältigend"

Von der Playstation über den Formelsport nach Le Mans: Jann Mardenboroghs Weg ins Cockpit des Nissan GT-R LM Nismo war ein ungewöhnlicher

(Motorsport-Total.com) - Im Alter von 23 Jahren steht Jann Mardenborough vor seiner ersten Saison in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC). Der junge Brite ist Werksfahrer im neuen LMP1-Programm von Nissan und steuert bei allen acht Saisonläufen inklusive der 24 Stunden von Le Mans den frontgetriebenen GT-R LM Nismo.

Titel-Bild zur News: Jann Mardenborough

Bei den 24 Stunden von Le Mans 2014 fuhr Mardenborough noch in der LMP2-Klasse Zoom

Im Interview spricht Mardenborough über seinen Weg von der Playstation über die GP3-Serie bis in die LMP1-Klasse der WEC.

Frage: "Jann, wie fiel deine Reaktion aus, als du die Zusage für das LMP1-Programm von Nissan erhalten hast?"
Jann Mardenborough: "Darren (Nissan-Motorsportchef Darren Cox; Anm. d. Red.) sagte es mir, als wir im vergangenen Jahr in Monza im GP3-Fahrerlager zusammensaßen. Ich war komplett überrascht, denn damit hatte ich nicht gerechnet. Als ich es realisierte, war ich natürlich überglücklich. Zudem war ich stolz, von Nissan ausgewählt worden zu sein, die Marke in der höchsten Klasse des Langstreckensports zu vertreten. Das ist eine große Ehre. Ich freue mich sehr, ein Teil des neuen Teams zu sein."

Frage: "Du bist der erste GT-Akademie-Gewinner, der im Formelsport fährt. Wird dir diese Erfahrung im LMP1-Auto helfen?"
Mardenborough: "Kein Zweifel, der Wettbewerb im Formelsport ist gnadenlos. Bei diesen Rennen sind die ersten Runden im Rennen diejenigen, auf die es ankommt. Man muss einfach schnell sein und wissen, dass man die ersten Runden optimal nutzen muss. Man ist im Formelauto ständig am Limit unterwegs. Diese Erfahrung wird mir zusammen mit meiner LMP2-Erfahrung sicherlich helfen, wenn ich ins LMP1-Auto einsteige. Nissan hat mich im Formelsport platziert, um meine Fertigkeiten so schnell wie möglich entwickeln zu können. Dass ich nun das LMP1-Auto fahren darf, zeigt, dass die Entscheidung richtig war."

Frage: "Wie bewertest du das direkte Aufeinandertreffen Nissans auf die etablierten Hersteller in der LMP1-Klasse?"
Mardenborough: "Die LMP1 ist derzeit eine der Rennklassen mit dem intensivsten Wettbewerb weltweit. Es ist aufregend, gerade jetzt einzusteigen und gegen drei sehr starke Hersteller anzutreten. Mich erinnert das an die 1990er-Jahre, als viele Hersteller in der Sportwagen-Weltmeisterschaft (Gruppe C; Anm. d. Red.) engagiert waren. Die Rennen waren fantastisch. Ich freue mich sehr, ein Teil der neuen aufregenden Ära im Langstreckensport zu sein."


Zum Mond und zurück: Nissan GT-R LM

In einem atemberaubenden Imageclip präsentiert Nismo den Nissan GT-R LM, der 2015 bei den 24 Stunden von Le Mans an den Start gehen wird

Frage: "Die WEC ist Neuland für dich. Wie gut kennst du die Rennstrecken im Kalender?"
Mardenborough: "Die europäischen Strecken sind mir allesamt vertraut, aber der CoTA (Austin; Anm. d. Red.) und Bahrain sind komplettes Neuland für mich. Ich war noch nie in China. Somit ist auch Schanghai komplett neu für mich. In Fuji war schon mal mit einem Super-GT-Auto unterwegs. Daher weiß ich zumindest, wo es dort lang geht. Diese Länder zu besuchen ist allein schon eine coole Sache, aber dort auch noch in der höchsten Klasse des Langstreckensports anzutreten, ist überwältigend."

Frage: "Welches war das deiner Meinung nach beste Rennen, seitdem du im Jahr 2011 den Titel in der GT-Akademie gewonnen hast?"
Mardenborough: "Ganz klar die 24 Stunden von Le Mans 2014. Ich fuhr den Ligier-Nissan von Oak und saß in der Nacht für vier Stints am Stück im Cockpit. Ich liebe einfach das Rennfahren in der Dunkelheit. Es ist ein ganz besonderer Aspekt des Langstreckensports, vor allem in Le Mans, wo man mit über 300 km/h die Gerade in Richtung Mulsanne herunter donnert. Dort gibt es nur einen selbst und die Strecke. Das ist einfach cool. Man sieht nicht wirklich, wo man hinfährt, aber man weiß es einfach. Es ist eine Art sechster Sinn. Die Le-Mans-Nacht 2014 verging wie im Flug. Das Erlebnis lässt sich schwer beschreiben. Es war dieser metronomische Trance-Zustand, in dem man ständig am Limit unterwegs ist und konstant 100 Prozent gibt. Für mich war das ein ganz besonderes Erlebnis."

Frage: "Wirst du angesichts deiner Gamer-Ausbildung im Fahrerlager anders behandelt als andere Fahrer?"
Mardenborough: "Ich selbst nehme keinen Unterschied wahr. In der GP3-Serie werde ich aber schon mal als 'der Gamer' angesprochen. Ich habe damit aber kein Problem, im Gegenteil. Das ist doch ein nettes Anhängsel. Ich weiß nur, dass ich selbst wohl ziemlich verärgert wäre, wenn ich von Kindesbeinen an im Kart gesessen hätte und dann von jemandem geschlagen werde, der über ein Playstation-Spiel Karriere gemacht hat."


Entwicklung des Nissan GT-R LM Nismo

Frage: "Was halten deine Freunde in Cardiff davon, dass du Rennfahrer bist und wie erklärst du ihnen, was ein LMP1-Auto ist?"
Mardenborough: "Meinen besten Freunden geht es gar nicht so sehr um die aufregenden Autos, die ich fahre. Sie beneiden mich mehr um die Länder, die ich bereise. In diesem Jahr werden sie wohl die Krise kriegen. Ich habe ihnen gesagt, was ein LMP1-Auto ist. Ich habe es als ein Auto mit Dach umschrieben, das kein Formel-1-Auto ist, aber so schnell fährt wie ein solches."

Frage: "Ist deine Anstellung als Stammfahrer für Nissan in der WEC das Ende deines Formel-1-Traums?"
Mardenborough: "Nein, ist es nicht. Die Langstreckenszene hat nach wie vor Gewicht. Es gab genügend Beispiele in der Vergangenheit, die gezeigt haben, dass man es von der Langstrecke in die Formel 1 schaffen kann. Ich erinnere da nur an Mika Häkkinen, Mark Webber oder Michael Schumacher. Es ist einfach ein anderer Weg. Auf diesem Weg lernt man aber sehr viel."

Frage: "Was ist dein größtes Ziel als Rennfahrer?"
Mardenborough: "Ich habe zwei und es fällt mir schwer, mich auf eines von beiden festzulegen. Ich will es in die Formel 1 schaffen. Welcher Rennfahrer will das nicht? Zudem habe ich den sehnsüchtigen Wunsch, den Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Le Mans zu erringen. Etwas Größeres kann ich mir gar nicht vorstellen."

Frage: "Seit Anfang des Jahres 2014 bist du Mitglied im Nachwuchsprogramm von Red Bull. Was hast du bisher gelernt?"
Mardenborough: "Die wichtigste Erkenntnis, die ich gewonnen habe: Die minutiöse Vorbereitung auf ein Rennwochenende. Damit meine ich die detaillierte Auswertung der Daten und den Blick auf Rennen in der Vergangenheit, um Trends zu erkennen und einfach hinter das Wesentliche des Rennsports zu kommen. Im Laufe der Zeit lernt man, jede noch so kleine Information aufzusagen. Ich glaube, im britischen Radrennteam spricht man in diesem Zusammenhang von 'marginalen Vorteilen'. Bei Red Bull versteht man genau dieses Ins-Detail-gehen sehr gut."


Testfahrten mit dem Nissan GT-R LM Nismo

Frage: "Apropos Radrennen. Du warst der Mentor von Rad-Olympiasieger Chris Hoy auf seinem Weg nach Le Mans. Dass du ihm viel über den Rennsport beigebracht hast, ist bekannt. Hat er dir im Gegenzug auch etwas beigebracht?"
Mardenborough: "Im Auto nicht, aber er hat mir gezeigt, dass man mit harter Arbeit und der richtigen Einstellung den Sprung von einer Sportart in eine komplett andere schaffen kann. Dieser Gedanke hat mich inspiriert. Dass er vom Radsport in den Rennsport gewechselt hat und gleich so früh ein Rennen ausgerechnet in Spa gewonnen hat, ist eine unglaubliche Leistung."

Frage: "Spielst du noch immer auf der Playstation?"
Mardenborough: "Wenn ich Zeit habe, ja. Normalerweise spiele ich Gran Turismo, aber ich mag auch die Ballerspiele wie Battlefield 4. Ich bin ein Wettkampftyp und mag es, mich online mit anderen zu messen. Ja, das ist nach wie vor eines meiner Hobbys."

Frage: "Was würdest du jemandem raten, der mit dem Einstieg in die GT-Akademie liebäugelt?"
Mardenborough: "Wenn du schon immer Rennfahrer werden wolltest, wenn du dir die Formel-1-Rennen im Fernsehen ansiehst und denkst, das kannst du besser, dann tue es einfach. Vielleicht schlummert in dir ein verstecktes Talent, mit dem du es zu etwas Großem bringen kannst. Man weiß nie, was sich ergibt."

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