• 21.09.2014 10:39

Porsche: "Vielleicht wäre der erste Sieg möglich gewesen"

Das Porsche-LMP1-Team trauert nach dem Chaosrennen in Austin zumindest einem möglichen Podestplatz nach - Leistungsverlust im Antriebsstrang

(Motorsport-Total.com) - Nach einem starken Qualifying und langer Führung im Rennen belegten die beiden Porsche 919 Hybrid beim vierten Lauf zur Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) nur die Plätze vier und fünf. Romain Dumas, Neel Jani und Marc Lieb verloren in der letzten von sechs Rennstunden auf dem Circuit of The Americas in Austin aufgrund eines Leistungsverlustes im Antriebsstrang alle Chancen auf einen Podestplatz. In einem extrem ereignisreichen Rennen, das zur Hälfte bei Dunkelheit ausgetragen wurde, erreichten sie das Ziel vor Timo Bernhard, Brendon Hartley und Mark Webber im Schwesterauto.

Titel-Bild zur News: Timo Bernhard, Mark Webber

Für Porsche wäre in Austin mehr drin gewesen als die Positionen vier und fünf Zoom

"Leider konnten wir die Entwicklungsarbeit der letzten Monate und die gute Leistung im Qualifying heute nicht in entsprechende WM-Punkte verwandeln", bedauert LMP1-Chef Fritz Enzinger. "Ähnlich wie in Le Mans hatten wir Chancen auf einen Podestplatz, vielleicht wäre sogar der erste Sieg möglich gewesen. Die Ursache für den Leistungsverlust bei der Nummer 14 werden wir genau analysieren, um für den nächsten WM-Lauf in Fuji gerüstet zu sein."

Dumas war von der zweiten, Webber von der dritten Position gestartet. Beide büßten aber in der Frühphase etwas an Boden ein. Starkregen stellte den Rennverlauf nach 100 Minuten auf den Kopf. Ein halbes Dutzend Fahrzeuge kreiselte von der überschwemmten Strecke und strandete, darunter auch der Porsche mit der Nummer 20 von Bernhard. Das Rennen wurde für 45 Minuten unterbrochen.

Beim Neustart hinter dem Safety-Car ging Jani mit profillosen Intermediate-Pneus ins Rennen. Bald war er der Schnellste des gesamten Feldes und übernahm wenig später erstmals die Führung. Der Schweizer übergab das Auto nach 105 Umläufen auf Platz eins liegend an Lieb, der auf Trockenreifen setzte. Nach dem letzten Tankstopp in der 133. Runde trat jedoch ein Leistungsverlust auf, der in der Schlussphase drei Positionen kostete. Die Ursache für das Problem wird jetzt analysiert.

"Die Anfangsphase mit über 30 Grad Außentemperatur war schwierig. Wenn ich freie Fahrt hatte, ging es, aber im Überrundungsverkehr hat das Auto untersteuert", sagt Dumas. Jani empfand indes "die Situation mit dem einsetzenden Regen" als "komplett verrückt. Erst war es nur in einer Kurve nass, dann stand plötzlich alles unter Wasser. Ich kam über einen Hügel und bin dann einfach gerutscht - durch den Kies, aufs Gras und wieder auf die Strecke."


Goodwood: Mark Webber im Porsche 911 GT1 '98

Porsche-Werksfahrer Mark Webber fuhr beim Goodwood Festival of Speed den historischen Porsche 911 GT1 98 – Gewinner der 24 Stunden von Le Mans 1998

"Die Entscheidung, für den Neustart auf profillose Intermediates zu setzen, hat sich super ausgezahlt. Die Strecke trocknete aufgrund der Hitze wie erwartet schnell ab", so der Schweizer. "Als ich das Auto übergab, lagen wir über eine halbe Minute in Führung. Unsere Strategie-Entscheidungen waren richtig gut, das Team hat einen top Job abgeliefert."

"Das war ein heißer Kampf", findet Lieb. "Romain und Neel haben super vorgearbeitet. Den Porsche 919 Hybrid in Führung liegend übernehmen zu können, war einfach genial. Nach meinem Boxenstopp ging dann aber plötzlich Motorleistung verloren, so konnte ich mich schlicht nicht mehr verteidigen. Das Team hat das Auto so super hingestellt, wir hätten ein Podium wirklich verdient gehabt."

Im Schwesterauto mit der Nummer 20 hatte Bernhard das Rennen nach seiner Befreiung aus dem Kiesbett als Fünfter wieder aufgenommen und wechselte in der 60. Runde von Regenreifen auf profillose Intermediates. Er übergab das Auto am Ende der 90. Runde als Viertplatzierter an Hartley, der ebenfalls auf Slicks wechselte. Für die letzten 30 Rennminuten kam noch einmal Webber zum Einsatz, der den Porsche 919 Hybrid auf Rang fünf über die Ziellinie fuhr.

"Am Anfang hatte ich ein paar gute Zweikämpfe mit den Audis, die allerdings besser lagen und deshalb im Überrundungsverkehr ihre Linie freier wählen konnten", erklärt der ehemalige Formel-1-Pilot aus Australien. "Vorübergehend hatte ich auch nicht den vollen Boost zur Verfügung, aber das konnten wir lösen. Wir haben in der Hitze der Anfangsphase als auch später im Rennen eine Menge gelernt."

"Das war nicht mein Tag heute", seufzt Bernhard. "Es lief gut, bis es zu regnen begann. Wir setzten auf profillose Intermediate-Reifen, doch unmittelbar nach dem Verlassen der Boxengasse gab es einen Wolkenbruch, mit dem keiner rechnen konnte. Das Auto ist komplett aufgeschwommen, ich war nur noch Passagier. Beim Neustart hinter dem Safety-Car haben wir uns für die sichere Variante, also Regenreifen, entschieden - doch das hat uns zunächst Nachteile eingebracht. Später auf den profillosen Intermediates lief es wieder gut. Solche Tage gehören eben auch zum Rennsport."

Und Hartley fügt an: "Als ich das Auto von Timo übernommen habe, lagen wir bereits eine Runde zurück. Der Porsche 919 Hybrid machte einen wirklich starken Eindruck, auch in der Nacht. Irgendwann bin ich noch über ein Trümmerteil auf der Strecke gefahren, das hat die Aerodynamik des Autos leicht beschädigt."


Fotos: WEC in Austin


Wolfgang Hatz, Vorstand für Forschung und Entwicklung, gibt zu Protokoll: "Bis kurz vor Schluss war dies hier ein Wochenende, das uns allen Mut gemacht hat. Wir haben im Rennen lange um den Sieg gekämpft, konnten die Früchte am Ende aber leider nicht ernten. Schade, denn das ganze Team hat super gearbeitet."

Und Andreas Seidl meint: "Der Rennausgang ist natürlich enttäuschend. Wir haben heute hart gearbeitet und ein Wechselbad erlebt. Bei dem heißen und trockenen Wetter der Anfangsphase konnten wir das Tempo der Spitze nicht mitgehen, waren im Regen hingegen erstaunlich stark. Beim Neustart wählten wir unterschiedliche Strategien für die beiden Autos, um die Risiken zu verteilen. Die Nummer 14 mit profillosen Reifen ins Rennen zu schicken, hat später die Führung ermöglicht. Am Ende brachte uns ein Leistungsverlust im Antriebsstrang um einen Podestplatz."