• 15.01.2014 18:23

  • von Roman Wittemeier

myLMP1: Perrin und sein "Volks-Prototyp"

LMP1-Designer Nicolas Perrin geht ganz neue Wege: Weil kein Werk an seinem neuen Coupe interessiert ist, sollen nun die Fans das Ruder übernehmen

(Motorsport-Total.com) - Seit Monaten macht Nicolas Perrin viel Werbung für sein aktuelles LMP1-Projekt. Der frühere Williams-Techniker ist vom potenziellen Erfolg seines Prototypen samt Hybrid-Allradantrieb dermaßen überzeugt, sodass er nach Absagen aller bisherigen Interessenten nun einen ganz neuen Weg geht. Der Franzose hofft auf die Unterstützung von Fans und Enthusiasten, er gestaltet sein LMP1-Werk unter dem Titel "myLMP1" als Open-Source-Projekt: alle Pläne, Designs und Daten stehen bald zum Download bereit.

Titel-Bild zur News: Perrinn

Nicolas Perrin will seinen LMP1-Wagen mit Allrad-Hybridantrieb ausstatten Zoom

"Natürlich schwingen dabei auch gewisse Ängste mit", sagt Perrin im Interview mit 'endurance-info.com'. Immerhin wird das geistige Eigentum eines LMP1-Designers plötzlich für alle verfügbar, Ideen können jederzeit von anderen Teams oder Herstellern kopiert werden. "Das wird möglich sein, weil es ein Open-Source-Projekt ist. Jeder kann sich alles abspeichern und es analysieren. Im Gegenzug können sich Menschen mit Ideen einbringen und an der Wahl der Piloten beteiligen."

"Natürlich haben wir in gewissen Bereichen schon recht genaue Vorstellungen. Die Entscheidung wird letztlich immer bei Perrinn Limited liegen", erklärt der Ingenieur. "Man kann es vielleicht vergleichen mit einschlägigen TV-Shows, wo Zuschauer abstimmen können, bevor die Richter ihre Urteile sprechen." So offen sich Perrin mit dem LMP1-Projekt auch darstellen möchte - die Offenheit hat Grenzen. "Es gibt Bereiche vom Motor oder Details von den Reifen, die wir nicht zugänglich machen dürfen."

Der Schwarm bestimmt, der Sponsor zahlt

Perrin, der sein Unternehmen Perrinn Ltd. (kein Tippfehler!) in Großbritannien aufgebaut hat, setzt auf dem Weg zu seinem Traum auf eine besondere Form des modernen Crowdfunding - also eigentlich die Finanzierung durch kleine Einlagen einer großen Gruppe Menschen: Der Schwarm wird zum großen Fisch. In diesem Fall sollen jedoch nicht die kleinen Schwarmfische zahlen, sondern Sponsoren, die durch die große Masse angelockt werden.

"Alles wird kostenlos sein. Niemand wird für die Informationen zahlen müssen. Klar ist, dass das Geld irgendwoher kommen muss. Aber dafür gibt es schließlich Sponsoren. Es wird sicherlich Unternehmen geben, die sich beteiligen werden", ist sich der Franzose sicher. Technisch erwartet er vor allem wichtigen Input aus Schulen und Universitäten. "Da geht es dann mal um Praxis und nicht um Theorie. Das wird ganz neue, sehr faszinierende Möglichkeiten mit sich bringen."

Warum macht Perrin diesen revolutionären Schritt? Der Ex-Formel-1-Techniker ist von den Qualitäten seines Entwurfes dermaßen überzeugt, dass er den LMP1-Wagen in Betrieb sehen will. "Das Ziel ist es, innerhalb der kommenden fünf Jahre in Le Mans zu gewinnen", stellt Perrin ganz unbescheiden seinen Anspruch dar. "Sobald die Finanzierung steht, wird die Internetseite für die Interaktion freigeschaltet. Wir hoffen, dass dies noch vor den 24 Stunden von Le Mans in diesem Jahr sein wird."


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Neben detaillierten Einblicken in die Technik des LMP1-Autos sollen Fans in Zukunft unter anderem Fertigungsprozesse in Echtzeit miterleben können. Es sind Übertragungen aller Funksprüche, von Onboard-Kameras, Strategiekalkulationen und Telemetrie geplant. "Seit drei Jahren arbeite ich am Design des LMP1-Autos, das auf höchstem Level des Langstreckensports mitkämpfen können wird. Es ist bereit für den Bau", so Perrin auf seiner Internetseite.