• 27.12.2012 08:02

  • von Roman Wittemeier

Die Weltmeister: Flotter Dreier im Audi

Drei unterschiedliche Typen, ein gemeinsames Ziel: Warum die Zusammenarbeit zwischen den Le-Mans-Siegern und WEC-Champions so gut klappt

(Motorsport-Total.com) - Sie sind alle über 30 Jahre, haben alle viel Benzin im Blut, tragen alle den Audi-Dress, aber sind doch so unterschiedlich. Marcel Fässler, Andre Lotterer und Benoit Treluyer sind eine Interessengemeinschaft der ganz besonderen Art. Die zweimaligen Le-Mans-Sieger und 2012er-Champions der neuen Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) treten seit zwei Jahren als homogenes und zuverlässiges Trio im Audi R18 auf.

Titel-Bild zur News:

Drei Männer, ein Auto: Fässler, Lotterer und Treluyer teilen sich einen Audi

"Benoit ist der heimliche Anführer", sagt Leena Gade, die als Renningenieurin maßgeblich an den Erfolgen des Trios beteiligt ist. Die Britin kennt ihre Pappenheimer. "Aber ich lerne bei jedem Renneinsatz neue Eigenarten an den Dreien kennen", meint die Ingenieurin, die kürzlich von der WEC zum "Man of the Year" gekürt wurde. "Ben ist der Chef, Marcel der ruhende Pol und Andre der schnelle Spaßvogel", fasst Gade zusammen.

Marcel Fässler ist der älteste Pilot aus dem Weltmeister-Trio. Der 36-Jährige aus Einsiedeln ist ein Familienmensch wie er im Buche steht - allerdings auch ein Einzelkämpfer zu Hause. Als einziger Mann muss er sich gegen gleich fünf Frauen behaupten: Ehefrau Isabel und die vier Töchter Shana, Elin, Yael und Delia. Fässler liebt die Natur im heimischen Einsiedeln, kann aber im Rennauto regelrecht explodieren und sein Temperament am Gaspedal auslassen.

Der stets gelassene Schweizer kam über Kartsport, Formel Renault und Formel 3 zunächst in die DTM, wo er mit Mercedes fünf Pole-Positions und drei Laufsiege feiern konnte. 2006 wechselte Fässler auf die Langstrecke. Nach starken Leistungen wurde Audi auf ihn aufmerksam und holte ihn ins Werksprogramm. Bei seinem sechsten Start in Le Mans (2011) gab es den ersten Sieg beim Klassiker, in diesem Jahr folgte nicht nur die Titelverteidigung an der Sarthe, sondern auch der Titelgewinn in der WEC.

Ein Gesichtsausdruck sagt mehr

Fässler ist der erste Schweizer Pilot, der einen FIA-WM-Titel einfahren konnte. "Das war mir zuerst gar nicht so bewusst", sagt er in seiner typischen Bescheidenheit. Aus dem Lächeln ist der Stolz des Familienvaters jedoch herauszulesen. Und genau bei diesem Thema und dem dazugehörigen Gesichtsausdruck sind die Unterschiede des Siegertrios abzulesen. Treluyer strahlt verschmitzte Freude aus, Lotterer signalisiert beim Blick auf die Le-Mans-Erfolge sofort, dass er noch mehr will.

"Man muss jedes Jahr in Le Mans herangehen, als hätte man dieses Rennen noch nie gewonnen", sagt der frühere Formel-1-Testpilot. "Frühere Erfolge helfen dir bei der Jagd nach dem nächsten Le-Mans-Sieg nicht viel. Nur die Gewissheit, dass man es schon einmal geschafft hat, verleiht vielleicht etwas Flügel. Jeder einzelne Sieg dort ist superschön." Sein Kollege Treluyer sieht dies etwas anders. "2011 war von der Bedeutung her schon etwas ganz Besonderes", so der Franzose.

Marcel Fässler

Typisch Fässler: Der Schweizer strahlt jederzeit die nötige Ruhe aus Zoom

"Das ist nun einmal so, wenn man jahrelang auf einen solchen Sieg scharf war. Wenn es dann endlich zum ersten Mal klappt, hat dies eine andere Bedeutung als beim zweiten Mal", erklärt der Audi-Werkspilot aus Alencon. Treluyer ist rund ein halbes Jahr jünger als Fässler, hat allerdings einen anderen Weg im Motorsport bestritten - und er hat ein anderes Umfeld. Der 36-Jährige hat mit seiner Frau Melanie den kleinen Sohn Jules, mit dem er motorsportliche Leidenschaft auf andere Art teilen kann als Fässler mit seinem "Frauenclub".

Sportlich arbeitete sich Treluyer zunächst im Motocross nach oben. Die wilde Spaß auf dem Zweirad ist ein Hobby geblieben. Wann immer die Zeit vorhanden ist, macht der Franzose mit seiner Enduro wilde Sprünge. Im Alter von 13 Jahren wechselte er jedoch auf vier Räder. Nach Kartsport, Formel Campus, Formel Renault und Formel 3 erfolgte der Schritt nach Japan. Bereits im zweiten Jahr (2001) sicherte sich Treluyer die Krone in der Japanischen Formel 3, zusätzlich den zweiten Rang im Macao-Grand-Prix.

Neulich auf dem Parkplatz

Seit 2002 mischt Treluyer die japanische GT-Szene auf, bis 2009 war er zusätzlich in der schnellen Formel Nippon aktiv. Dort war oftmals Andre Lotterer sein Gegner. Der 31-Jährige ist fünf Jahre jünger als seine Kollegen, er hat keine Ehefrau und keine Kinder. Entsprechend bleibt beim gebürtigen Duisburger viel mehr Raum zum Toben. Sein Leben ist weniger auf Familie gepolt, sondern voll auf das Motto "Vollgas" abgestimmt. Genau hierin unterscheiden sich die drei Audi-Weltmeister am deutlichsten.

"Lass mich ein Bild wählen", sagt Lotterer. "Sagen wir mal, der Marcel, der Ben und ich fahren mit unseren Autos auf einen Supermarkt-Parkplatz. Marcel wählt sicherlich einen Platz etwas abseits, wo er bequem und stressfrei ein- und aussteigen und seine Einkäufe in Ruhe verstauen kann. Der Ben nimmt die Lücke, die gerade irgendwo frei ist. Ich wäre derjenige, der unbedingt einen Parkplatz ganz in der Nähe des Eingangs haben muss. So bin ich eben."

Benoit Treluyer

Viel mehr Action: Spaßvogel Andre Lotterer und der "heimliche Chef" Benoit Treluyer Zoom

"Das Lustige daran ist, dass Andre dann keinen Platz dort bekommt und seine Runden drehen muss auf der Suche nach einer Lücke", lacht Fässler angesichts des Bildes. "In der Zeit bin ich längst mit dem Einkaufswagen vorne." Ein Wettbewerb innerhalb des Teams? Nein, sondern einfach nur ein Ausdruck der unterschiedlichen Herangehensweisen. "Wir ergänzen uns perfekt", erklärt der Schweizer. "Drei Lotterers, drei Treluyers oder drei Fässlers - das würde niemals so gut funktionieren."

"Jeder hat seine Stärken und bringt diese ein", erklärt Renningenieurin Leena Gade. Hinzu kommt, dass sich die drei Weltmeister untereinander vertrauen und keinerlei Neid oder Missgunst herrscht. "Das war in diesem Jahr in Le Mans deutlich zu sehen. Leider habe ich mich in der Nacht total schlecht gefühlt, ich war krank", erinnert sich Treluyer. "Da war es selbstverständlich, dass die beiden meinen Job mitgemacht haben. Ich war am Vormittag wieder ausreichend fit, bin erst dann wieder ins Auto gestiegen. Es passt einfach perfekt."

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