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  • 03.07.2012 14:46

  • von Roman Wittemeier

Kolumne: Porsche lauert, Porsche mauert

Redakteur Roman Wittemeier über die Vorbereitungen des Langstrecken-Comebacks von Porsche 2014: Es wird richtig krachen in Le Mans

Titel-Bild zur News:

1998 feierte Porsche mit dem GT1 einen Doppelsieg in Le Mans

Liebe Freunde des Gasfußes,

was wir in diesem Jahr in Le Mans erlebt haben, war der große Auftakt in spannende Jahre auf der Langstrecke. Der sechsstündige Kampf zwischen Platzhirsch Audi und Rückkehrer Toyota hat nicht nur Spaß gemacht, sondern ein extrem wichtiges Signal gesendet: Man kann gegen die Erfahrung und Strukturen der Ingolstädter anstinken. Davon waren nicht nur viele Fans überrascht. Ganz sicher haben sich sowohl bei Toyota als auch bei Audi einige Damen und Herren die Augen gerieben.

Der diesjährige Auftritt sollte in Japan zusätzliches Geld lockermachen. Bisher hat sich der große japanische Hersteller zwar zum LMP1-Projekt bekannt, es aber finanziell nur halbherzig ausgestattet. Die Entwickler bei TMG in Köln-Marsdorf mussten mit spitzem Bleistift rechnen. Umso mehr gebührt ihnen der Respekt für den starken Auftritt an der Sarthe. Und wenn Toyota jetzt den Klingelbeutel etwas mehr öffnet, dann entdecken wir 2013 mal die Möglichkeiten...

Und was kommt dann 2014 erst auf uns zu? Porsche wird nach vielen Jahren der Abstinenz wieder an die Sarthe zurückkehren. Die Le-Mans-Rekordsieger werden nicht stufenweise auf die große Bühne klettern, sondern garantiert einen großen sportlichen Knall loslassen. Die Zeichen waren schon in diesem Jahr in Le Mans deutlich zu erkennen. So viele Menschen in Porsche-Teamkleidung hat man lange nicht mehr im Paddock gesehen. Man bereitet sich schon lange intensiv vor, aber gibt es nicht recht zu.

Bisher wirklich alles auf Standby?

"Jetzt haben wir endlich ein Reglement für 2014. Jetzt können wir dann auch mal konkret loslegen", so die sehr vorsichtige Aussage eines Porsche-Sprechers in Le Mans. Niemand aus Weissach oder Zuffenhausen würde derzeit zugeben, dass man schon längst intensive Studien angefertigt hat. Auf den Prüfständen war es in den vergangenen Monaten selten leise. Nicht zuletzt heuerte man deutlich über 100 neue Ingenieure an. Die werden nicht alle nur den neuen Windkanal kalibrieren.

Während die zahlreichen Techniker bereits an den Konzepten für ein möglichst schnelles und effizientes LMP1-Auto (mit zwei Hybridsystemen?) arbeiten, stellt man an anderer Stelle die Weichen für die künftigen Strukturen. Da wäre zunächst einmal die Frage nach einem Einsatzteam. In den vergangenen Wochen wurde viel darüber spekuliert, ob sich Porsche an dem Audi-Modell mit Joest Racing orientieren wird. Immerhin hat man früher selbst Einsätze mit der Mannschaft von Reinhold Joest abgewickelt.

Der Entwicklungsstandort in Weissach wurde zuletzt deutlich ausgebaut Zoom

Das langjährige Audi-Einsatzteam auf der Langstrecke hat einen goldenen Vertrag mit Ingolstadt und kommt somit kaum als Lösung für Porsche in Betracht. Immer wieder spukten zuletzt die Namen Manthey und Penske durch die Langstreckenszene. Aber auch diese Varianten sind äußerst unwahrscheinlich. Olaf Manthey scheint kein großes Interesse zu haben. Das LMP1-Engagement passt nicht wirklich zum Team aus Meuspath. Man will lieber im GT-Bereich bleiben.

Und Penske? Die Amerikaner waren zu Zeiten des RS Spyder in der LMP2 eine gute Adresse, sind aber mittlerweile seit Jahren nicht mehr in der Szene aktiv. Hinzu kommt, dass zwischen Team und Hersteller nicht unbedingt ein solch großer "Teich" liegen sollte. Falls sich Porsche irgendwann zu einem Einsatz der neuen Prototypen in der ALMS (falls die Serie dann noch LMPs fahren lässt) entscheidet, dann könnte Penske dieses Engagement betreuen - in der WEC und in Le Mans eher nicht.

Einsatzteam fest in Porsche-Hand

Aus Porsche-Kreisen ist zu hören, dass man bezüglich des Einsatzteams verschiedene Varianten in Betracht zieht und auch Gespräche führt, aber eine Entscheidung noch nicht gefallen sei. Aber es gibt klare Zeichen, die darauf hindeuten, dass die Porsche AG die Fäden selbst in der Hand halten will. Aus verschiedenen Gründen wird man das Team allerdings zum Schein "outsourcen". Nicht vorstellbar, wenn die Teammitglieder plötzlich allen arbeitsrechtlichen Linien der großen AG unterliegen würden. Ein Porsche-LMP1-Truckie mit Stechuhr? Das wäre ein Spaß - nur nicht für den Betriebsrat!

Dass die Zuffenhausener den Einsatz komplett selbst fahren werden, legen auch Entwicklungen an anderer Stelle nahe. Porsche wirbt aggressiv um erfahrene Mitarbeiter aus der Szene. Man macht dabei auch um Fachleute der "Schwester" Audi keinen Bogen. Im Gegenteil: Mir ist ein Fall bekannt, wo ein recht hochrangiger Mitarbeiter aus dem Audi-Langstreckenprogramm mit der doppelten Kohle zu Porsche gelockt werden sollte.

Kurz zusammengefasst: An der Technik arbeiten sehr viele Fachleute bereits jetzt intensiv, an den Strukturen wird ebenfalls konsequent gewerkelt. Was bleibt, ist die Frage nach den Test- und Einsatzfahrern. Man darf davon ausgehen, dass Porsche spätestens im Frühjahr 2013 mit Probefahrten beginnen wird. Im Werksfahrerkader sind aktuell aber nur zwei Piloten mit viel LMP1-Erfahrung: Romain Dumas und Timo Bernhard. Und ausgerechnet Bernhard hatte den heftigen Sebring-Crash im Audi.


Le Mans 2014: Porsche kehrt zurück

Im Nachwuchskader sind zwar unter anderem Talente wie Michael Christensen, aber wird man einem Youngster aus dem Stand einen siegfähigen Le-Mans-Prototypen anvertrauen? Wohl kaum. Porsche wird sich also auf dem Fahrermarkt bedienen müssen. Die Rosinen aus dem früheren Peugeot-Kuchen hat sich Toyota (mit Ausnahme des ultraschnellen Simon Pagenaud) bereits herausgepickt. Welche Optionen bleiben dann für Porsche?

Als Kandidat wird in der Öffentlichkeit sehr oft Lucas Luhr gehandelt, der in der ALMS neben Klaus Graf einen starken Job abliefert. Aus der europäischen Szene sind es eher Piloten, die bislang in ihren Privatteams unauffällig gute Leistungen zeigten. Als Beispiel seien Guillaume Moreau (leider verletzt) und Dominik Kraihamer (in Le Mans schneller als Franck Montagny) von OAK zu nennen, aber auch ein Trio mit einem Arbeitgeber aus der Schweiz.

Heidfeld und Porsche: Ist da mehr?

Die langjährigen Rebellion-Piloten Neel Jani und Nicolas Prost genießen in der Szene einen sehr guten Ruf. Die beiden liefern in den WEC-Rennen stets sehr gute Leistungen ab. Jani war immer schon schnell, aber der Weltmeistersohn Prost hat deutlich aufgeholt. Und dann wäre da ein gewisser Nick Heidfeld. Der Mönchengladbacher war bei seiner Rückkehr nach Le Mans beeindruckend schnell unterwegs. Die Auswertung der Rundentabellen belegt dies eindrucksvoll.

Heidfeld unterlief bei seinen Startstints ein Dreher, aber dennoch nahm er Andrea Belicchi im Schwesterauto durchschnittlich über 1,5 Sekunden pro Runde ab. Der Italiener, der jeweils zur gleichen Zeit - also bei gleichen Bedingungen - im baugleichen Auto fuhr, verlor beim zweiten Einsatz im Schnitt rund drei Sekunden pro Umlauf, beim dritten Einsatz der beiden Rebellion-Fahrer waren es sogar deutlich über vier Sekunden. Der Vergleich zu Jeroen Bleekemolen, dessen Stints sich ebenfalls mit Heidfelds Fahrten überschnitten, fiel noch deutlicher aus.

Sportlich wäre der langjährige Formel-1-Pilot somit eine denkbare, vielleicht sogar naheliegende Option für das LMP1-Programm. Und aus Marketing- und PR-Sicht? Man wundert sich, wenn man sich Auswertungen bezüglich des Images von Sportlern anschaut. In einer Studie des Instituts 'Sport+Markt' aus dem Jahr 2010 steht Nick Heidfeld als zweiter Motorsportler in einer Liste der Attraktivität. Abgefragt wurde damals nicht nur der Bekanntheitsgrad, sondern - in Sachen Werbung/PR/Marketing mindestens ebenso wichtig - die Faszination, die ein Sportler auf die Zielgruppe ausübt.

Im Windkanal von Porsche wird bald vermehrt ein LMP1-Chassis stehen Zoom

Und siehe da: Heidfeld stellt sogar einen Michael Schumacher in den Schatten. Von über 1.000 befragten Sportinteressierten gaben 47 Prozent an, den Sportler Nick Heidfeld "sehr faszinierend" oder "faszinierend" zu finden, 88 Prozent der Teilnehmer war der Name ein Begriff. Zwar hatte Schumacher zu jenen Zeiten einen Bekanntheitsgrad von 98 Prozent, aber der Rekordweltmeister wurde nur von 43 Prozent als faszinierend empfunden. Nur Vettel war 2010 als Motorsportler besser (92 Prozent Bekanntheit/57 Prozent Faszination).

Die Marke Heidfeld wurde in jener Studie als interessanter ausgewiesen als weitere deutsche Topsportler wie Michael Ballack, Dirk Nowitzki, Mario Gomez oder Martin Kaymer. Formel-1-Piloten wie Nico Rosberg, Timo Glock, Adrian Sutil oder Nico Hülkenberg erreichten nicht einmal ansatzweise solche Werte wie das Trio Vettel/Heidfeld/Schumacher. Bei Porsche hat man dies alles offenbar erkannt. Beim Hockenheim-Wochenende der Formel 1 wird ein prominenter Gaststarter im Supercup aktiv sein: Nick Heidfeld. Ein Zeichen?

Viel Spaß beim Spekulieren,

Roman Wittemeier

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