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Rusty Wallace im IndyCar-Cockpit: "Ein komplett anderes Tier"

Wie NASCAR-Haudegen Rusty Wallace seinen IndyCar-Test im Frühjahr 2006 in Homestead erlebte und welchen Tipp von Rick Mears er nicht umsetzen konnte

(Motorsport-Total.com) - März 2006: Gut drei Monate nach dem Ende seiner langen und erfolgreichen NASCAR-Karriere begibt sich Rusty Wallace auf für ihn bis dato unbekanntes Terrain. Der Haudegen aus dem US-Bundesstaat Missouri testet in Homestead einmalig einen IndyCar-Boliden aus dem Team seines jahrelangen Chefs und engen Vertrauten: Roger Penske.

Titel-Bild zur News: Rusty Wallace bei seinem IndyCar-Test in Homestead 2006

März 2006: NASCAR-Star Rusty Wallace testet in Homestead für Penske ein IndyCar Zoom

Der Kurs, auf dem Wallace seinen IndyCar-Test absolviert, ist nicht das Oval, sondern der 3,7 Kilometer lange Rundkurs mit elf Kurven im Infield des Homestead-Miami Speedway. Das Auto ist ein Dallara-Honda, wie er in der Saison 2005 der Indy-Racing-League (IRL) von den Penske-Piloten Sam Hornish Jr. und Helio Castroneves gefahren wurde. Rusty Wallace ist an jenem Frühlingstag im ungewohnten Cockpit vollkommen gefordert.

"Es ist einfach ein komplett anderes Tier. Ich habe damals sofort gemerkt, dass ich lange brauchen würde, um das richtige Gefühl dafür aufzubauen", erinnert sich Wallace im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' an den März 2006. Ernsthafte Wechselabsichten aus der NASCAR- in die IndyCar-Szene hatte der NASCAR-Champion von 1989 aber nie.

Der verdammte NASCAR-Kalender...

"Ich hatte in der NASCAR ein volles Programm mit wahnsinnig vielen Rennen. Dabei hatte ich wahnsinnig viel Spaß, denn ich habe jede Menge Rennen gewonnen und jede Menge Geld verdient", sagt Wallace. 37 seiner insgesamt 55 NASCAR-Siege errang der älteste der drei Wallace-Brüder als Penske-Pilot. Den Titel 1989 aber fuhr er für Blue Max Racing, das Team des im Oktober 2014 verstorbenen Raymond Beadle, ein.

Allen NASCAR-Verpflichtungen zum Trotz: "Die Aussicht, einen IndyCar-Boliden zu testen, reizte mich trotzdem", betont Wallace, "aber der verdammte NASCAR-Kalender war so stressig, dass ich einfach nie die Zeit dafür fand". Wenige Monate nach seinem letzten NASCAR-Rennen, dem Nextel-Cup-Saisonfinale 2005 in Homestead, erfüllte sich Wallace den lang gehegten Traum. Dabei wurden ihm die Augen geöffnet.

Rusty Wallace bei seinem letzten NASCAR-Rennen in Homestead 2005

Abschied: Die NASCAR-Karriere von Rusty Wallace ging in Homestead 2005 zu Ende Zoom

"Meine Wertschätzung den IndyCar-Piloten gegenüber wuchs an diesem Tag gewaltig", gesteht die inzwischen 59-jährige NASCAR-Legende und geht ins Detail: "Plötzlich verstand ich, wie präzise man diese Autos fahren musste. Ich werde nie vergessen, wie ich die Gegengerade entlangraste und wie ich anschließend beim Einlenken in die Kurve, die ins Infield zurückführte, leicht den Fuß vom Gas nahm."

Ein gut gemeinter Tipp von Rick Mears

Neben Rusty Wallace war an jenem März-Tag ein weiterer großer Name aus dem Penske-Lager in Homestead vor Ort: Rick Mears. Der dreimalige CART-Champion und viermalige Indy-500-Sieger hatte seine großen Erfolge allesamt im Team von Roger Penske eingefahren und stand Wallace bei dessen ersten IndyCar-Runden beratend zur Seite.

Rusty Wallace bei seinem IndyCar-Test in Homestead 2006

Der IndyCar-Test war Rusty Wallace erst nach Ende der NASCAR-Karriere möglich Zoom

Über Funk gab Mears dem NASCAR-Star den Tipp, die Kurve am Ende der Gegengerade des Homestead-Rundkurses voll zu fahren. "Rick sagte mir: 'Du darfst nicht lupfen. Du musst den Fuß voll auf dem Gas lassen, denn die Geschwindigkeit gibt dir den nötigen Abtrieb'", denkt Wallace an die Worte von Mears zurück.

Mit einem Lachen erinnert sich der langjährige Penske-NASCAR-Pilot daran, dass er nicht in der Lage war, den Tipp des langährigen Penske-IndyCar-Piloten in die Tat umzusetzen: "Ich konnte die Kurve einfach nicht voll nehmen, denn dazu fehlten mir die Nerven. Mit 200 Meilen pro Stunde nach links ins Infield abzubiegen und zu glauben, dass ich das Auto dabei nicht aus der Kontrolle verlieren würde, ging mir einfach nicht in den Kopf."

Rusty Wallace

Rusty Wallace denkt lachend daran zurück, wie ihm im IndyCar die Nerven fehlten Zoom

So war der einmalige IndyCar-Test im März 2006 in Homestead für Wallace ein "deutlich furchterregenderes Erlebnis" als der NASCAR-Test im Juni 2004 in Talladega, den er ohne Restrictor-Plates absolviert hatte. "Im IndyCar wusste ich schlicht und ergreifend nicht, wo das Limit liegt. Ich konnte nicht spüren, wie weit ich gehen konnte, bevor ich das Auto verliere. Im Stockcar hingegen wusste ich genau, was ich tat. Wenngleich ich damals in Talladega mit 230 Meilen pro Stunde die Gerade entlangdonnerte, wusste ich stets genau, was das Auto tut. Ich war in der Lage, zu antizipieren. Im IndyCar war mir das nicht möglich", so Wallace.