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Phoenix kurios: Regen in der Wüste, "Junior" siegt vor Harvick

Dale Earnhardt Jr. siegt in Phoenix - Die vier Finalteilnehmer im Titelkampf stehen fest - Regen sorgt für knapp sieben Stunden Verzögerung und Abbruch

(Motorsport-Total.com) - Der NASCAR-Rennsonntag auf dem vorübergehend in Jeff Gordon Raceway umbenannten Phoenix International Raceway war ein ungewöhnlicher, der mit Regen bei Tageslicht begann und mit Regen unter Flutlicht endete. Seltene Niederschläge in der Wüste von Arizona hatten zur Folge, dass der Start zum vorletzten Chase-Rennen der Sprint-Cup-Saison 2015 um fast sieben Stunden verschoben werden musste. Nach 219 der 312 geplanten Runden musste aufgrund von erneuten Niederschlägen die Rote Flagge herauskommen. Angesichts der schlechten Vorhersage für die weiteren Stunden entschied sich NASCAR zügig, das Rennen für beendet zu erklären. Da mehr als 50 Prozent der Renndistanz absolviert waren, gibt es volle Punkte.

Titel-Bild zur News: Dale Earnhardt Jun.

Dale Earnhardt Jr.: Überraschungssieger des Abbruchrennens in Phoenix Zoom

Die meisten Führungsrunden holte sich mit deren 143 wenig überraschend Kevin Harvick (Stewart/Haas-Chevrolet). Überraschender ist, dass der Phoenix-Spezialist nicht der Sieger ist. Grund: Kurz bevor die Rote Flagge herauskam, war Harvick als Spitzenreiter zum letzten Green-Flag-Stop an die Box gekommen. Zeitgleich holten sich auch die direkten Verfolger Joey Logano (Penske-Ford), Dale Earnhardt Jr. (Hendrick-Chevrolet) und Kyle Busch (Gibbs-Toyota) Sprit und neue Reifen.

Der Rest des Feldes wollte gerade nach und nach an die Box kommen, als Ricky Stenhouse (Roush-Ford) in Runde 196 in Turn 3 ins Heck von Joey Gase (FAS-Ford) rauschte und damit eine Gelbphase auf den Plan rief. In der Reihung für den geplanten Restart war es Dale Earnhardt Jr., der an der Spitze lag. Dank eines günstigeren Boxenplatzes und eines schnellen Service war er in der Boxengasse an Harvick vorbeigekommen. Wie sich wenige Minuten später herausstellen sollte, brachte "Junior" dies den Sieg, da das Rennen aufgrund des erneut einsetzenden Regens abgebrochen und nicht mehr neu gestartet wurde.

"Es war ein verrücktes Wochenende. Ich hätte natürlich lieber gewonnen, indem ich die Karierte Flagge gesehen hätte, aber andererseits ist ein Sieg ein Sieg", so der erste Kommentar von Überraschungssieger Dale Earnhardt Jr. in der Victory Lane. Nach Jeff Gordon in Martinsville und Jimmie Johnson in Fort Worth ist "Junior" nun der dritte Hendrick-Pilot, der ein Rennen der Eliminator-Round gewonnen hat. Allerdings ist Gordon der einzige, dem dies als aktivem Chase-Piloten gelungen ist. Demzufolge ist Gordon bereits seit zwei Wochen für die Championship-Round in Homestead qualifiziert.


Fotos: NASCAR in Phoenix


Harvick, Kyle Busch und Truex Jr. neben Gordon im Finale

Die Siege von Johnson und Earnhardt Jr. waren quasi "Spielverderber"-Siege, wobei dies vor allem für Johnsons Texas-Sieg gilt. Denn dass Earnhardt Jr. dem Phoenix-Spezialisten Kevin Harvick den Sieg auf dessen Paradestrecke wegschnappte, ändert nichts daran, dass Harvick einer der drei Piloten ist, die sich nach Jeff Gordon für die Championship-Round qualifiziert haben. Mit Platz zwei zog Harvick über die Punkte ein. Das Plus des Vorjahreschampions beträgt unterm Strich 22 Zähler.

Dale Earnhardt Jun., Kevin Harvick

Abbruch nach 219 Runden: Harvick Zweiter hinter Earnhardt Jr., aber im Finale Zoom

Die beiden weiteren Finalteilnehmer sind Kyle Busch (Gibbs-Toyota) und Martin Truex Jr. (Furniture-Row-Chevrolet), die zum Zeitpunkt des Abbruchs auf den Plätzen vier beziehungsweise 14 lagen. Dies reichte für den jüngeren Busch-Bruder, der die ersten elf Saisonrennen verletzungsbedingt verpasst hatte, ebenfalls komfortabel (20 Punkte im Plus).

Am engsten gestaltete sich der Finaleinzug für Truex Jr. Er setzte sich um fünf Punkte gegenüber Carl Edwards - dem ersten in Phoenix aus dem Chase ausgeschiedenen Fahrer - durch. "Ein Traum ist wahr geworden", freut sich Truex Jr., der für das Ein-Wagen-Team Furniture Row Racing tatsächlich das Finale erreicht hat. Doch damit nicht genug. "Jetzt greifen wir nach dem ganz großen Pokal. Homestead ist eine Strecke, die mir liegt", so die Kampfansage des Einzelkämpfers aus dem einzigen NASCAR-Team aus Denver (Colorado).

Titeltraum für Edwards, Keselowski, Kurt Busch und Logano geplatzt

Während sich Kevin Harvick, Kyle Busch und Martin Truex Jr. über ihren Einzug in die letzte und entscheidende Chase-Stufe freuen, ist der Traum vom Titel für Carl Edwards, der in Phoenix Zwölfter wurde, ebenso ausgeträumt wie für Kurt Busch (Stewart/Haas-Chevrolet) sowie für das Penske-Duo Brad Keselowski und Joey Logano.

Jimmie Johnson, Kurt Busch

Kurt Busch brockte sich mit Frühstart entscheidenden Rückstand ein Zoom

Kurt Busch brachte sich schon früh um alle Chancen. Von Startplatz zwei neben Polesetter Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet/5.) losgefahren, legte der ältere Busch-Bruder um wenige Zentimeter einen Frühstart hin und fing sich dafür eine Durchfahrtsstrafe ein. Er lief Gefahr, von Spitzenreiter Johnson überrundet zu werden, hatte aber das Glück, dass es in Runde 40 aufgrund des vorangegangenen Regens eine Competition Caution gab. Diese bewahrte Kurt Busch vor der Überrundung. Bis zum Abbruch kämpfte sich der Stewart/Haas-Pilot zwar wieder bis auf Platz sieben nach vorn, doch dies reichte nicht. Den Finaleinzug hat der ältere Busch-Bruder um 21 Punkte verpasst.

Den besten Eindruck der vier Hoffnungsträger auf einen Finaleinzug im letzten Moment machte Joey Logano. Vom 14. Startplatz arbeitete sich der Penske-Pilot äußerst zügig in die Top 3 nach vorn. An zweiter Stelle hinter Langzeitspitzenreiter Kevin Harvick war jedoch das Ende der Fahnenstange erreicht. Schließlich wurde Logano Dritter - zu wenig, denn für ein Weiterkommen im Chase hätte er nach den riesigen Enttäuschungen in Martinsville und Fort Worth nun unbedingt den Sieg gebraucht.

Joey Logano, Kyle Busch, Carl Edwards

Joey Logano wurde Dritter vor Kyle Busch - zu wenig, um ins Finale einzuziehen Zoom

Loganos Penske-Teamkollege Brad Keselowski hatte vom 18. Startplatz den weitesten Weg nach vorn. Anders als Logano konnte er sich im Rennverlauf aber nie ernsthaft in Szene setzen. Während des langen Green-Flag-Runs kurz vor der Gelbphase in Runde 196 entging Keselowski nur knapp einer Überrundung. Mit Platz neun verpasste er das Homestead-Ticket um 13 Punkte.

Es ist angerichtet: Homestead wird legendär

Unterm Strich bleibt festzuhalten, dass die vier Piloten, die den Einzug ins Finale verpasst haben, exakt die vier sind, die bereits vor dem Start virtuell draußen waren. Abgesehen von vier Führungsrunden für Brad Keselowski während der ersten Sequenz Green-Flag-Stops stand auch während des Rennens keiner dieser vier Piloten virtuell im Finale - auch Kurt Busch nicht, der nach seinem Frühstart zwar für ein paar Runden vor dem Feld herfuhr, aufgrund der ausgesprochenen Strafe aber nicht als Spitzenreiter notiert wurde. Positiv: Auch der Regen hat das Feld der Titelkandidaten nicht künstlich über den Haufen geworfen. Sieger Dale Earnhardt Jr. merkt allerdings an: "Klar wird es jetzt ein paar Fahrer geben, die lieber die komplette Distanz absolviert hätten, aber so ist es nun mal."

Kevin Harvick, Kyle Busch, Martin Truex Jun.

Kevin Harvick, Kyle Busch, Martin Truex Jr.: Die Finalgegner von Jeff Gordon Zoom

In der 28-jährigen Phoenix-Geschichte der höchsten NASCAR-Liga kam es vor diesem Wochenende übrigens nur zweimal vor, dass das Wetter Einfluss auf den Zeitplan am Renntag hatte. Im November 1998 gewann Rusty Wallace das aufgrund von Regen verkürzte Dura Lube/Kmart 500. Zehn Jahre später musste das von Jimmie Johnson gewonnene Checker/O'Reilly Auto Parts 500 regenbedingt vorübergehend unterbrochen werden.

Nach dem vorzeitig abgebrochenen Quicken Loans Race for Heroes 500 richtet sich der Blick nun voll und ganz auf das Saisonfinale, das Ford EcoBoost 400 am kommenden Wochenende auf dem Homestead-Miami Speedway. Jeder einzelne der vier Finalteilnehmer würde für eine hervorragende Geschichte sorgen: Schafft Stewart/Haas-Pilot Kevin Harvick trotz holprigem Chase die erfolgreiche Titelverteidigung? Gelingt es Hendrick-Pilot Jeff Gordon, als fünfmaliger Champion von der NASCAR-Bühne abzutreten? Holt Gibbs-Pilot Kyle Busch trotz elf verpasster Rennen seinen ersten Titel und den ersten für Toyota? Oder schafft Martin Truex Jr. für das kleine Furniture-Row-Team den ganz großen Coup?