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Juan Pablo Montoya gewinnt IndyCar-Saisonauftakt in St. Pete

Juan Pablo Montoya setzt sich im beinharten Duell in St. Petersburg gegen Will Power durch - Tony Kanaan (Ganassi) verhindert als Dritter einen Penske-Vierfachtriumph

(Motorsport-Total.com) - Das erste Rennwochenende der neuen IndyCar-Ära mit den Aero-Kits von Chevrolet und Honda ist mit einer deutlichen und (fast) perfekten Demonstration des Penske-Teams zu Ende gegangen. Auf dem Stadtkurs in St. Petersburg im US-Bundesstaat Florida hatte sich das neue Viergespann von Roger Penske in der Reihenfolge Will Power, Simon Pagenaud, Helio Castroneves und Juan Pablo Montoya zunächst im Qualifying die ersten vier Startplätze gesichert.

Titel-Bild zur News: Juan Pablo Montoya

Juan Pablo Montoyas erster IndyCar-Sieg abseits eines Ovals seit 1999 Zoom

Im Rennen kamen alle vier Penske-Piloten in den Top 5 ins Ziel. Einzig Tony Kanaan im Ganassi-Chevy verhinderte als Dritter einen Penske-Vierfachtriumph. Den Sieg holte sich Juan Pablo Montoya nach einem packenden Zweikampf gegen Will Power. Der amtierende IndyCar-Champion aus Australien hatte das Geschehen von der Pole-Position aus über weite Strecken bestimmt, doch im Zuge des letzten Boxenstopps unter Grün kam der Kolumbianer vorbei.

Power war in der 81. von 110 Runden als Spitzenreiter zum letzten Stopp hereingekommen. Montoya, der seinem australischen Teamkollegen zuvor rundenlang gefolgt war, blieb eine Runde länger draußen. Nach seinem eigenen Stopp hatte der Kolumbianer drei Sekunden Vorsprung. Was folge, war eine Aufholjagd von Power, die zehn Runden vor Schluss ihren Höhepunkt sah.

Montoya vs. Power: Beinhartes Penske-Duell um den Sieg

Vor Kurve 10 - der 90-Grad-Links hinter den Boxen - probte Power auf der Innenbahn den Angriff auf Montoya. Der Spitzenreiter hielt knallhart dagegen. Ganz auf gleicher Höhe waren die beiden Penske-Boliden nicht und es kam zur Berührung. Während Montoya einen Rutscher abfangen konnte, büßte Power beim Kontakt einen Teil seines Frontflügels ein. In der Folge tat sich der amtierende IndyCar-Champion entsprechend schwer, das Tempo von Montoya zu halten.

Juan Pablo Montoya, Will Power

Zehn Runden vor Schluss musste Roger Penske den Atem anhalten... Zoom

Bei der Überrundung von Ganassi-Rookie Sage Karam (19.) musste Power sechs Runden vor Schluss endgültig abreißen lassen. Montoya kam sofort an Karam vorbei, während sich der Champion und Vorjahressieger von St. Petersburg hinten anstellen musste. Nach 110 Runden kreuzte Montoya mit einem Vorsprung von 0,993 Sekunden als Sieger die Ziellinie.

"Ich habe ihn gesehen, aber er war zu weit weg. So einfach gebe ich meine Position dann doch nicht her", sprach Sieger Montoya die leichte Kollision mit Power in Kurve 10 an und erklärte nach seinem perfekten Auftakt ins Rennjahr 2015: "Roger hat mich verpflichtet, um hier einen Job zu erledigen. Ich tue das Beste, um dem gerecht zu werden." Für den 39-Jährigen Kolumbianer war es der insgesamt 13. Sieg seiner IndyCar-Karriere. Seine sieben Formel-1-Siege einmal außen vor, triumphierte er erstmals seit Vancouver 1999 auf einem Straßenkurs. Zuletzt hatte Montoya im Juli 2014 auf dem 2,5-Meilen-Oval in Pocono gewonnen.

Für Will Power, der in St. Petersburg in den Jahren 2010 und 2014 gewonnen hatte, war der Angriff in Kurve 10 der 101. von 110 Runden eigener Aussage zufolge die beste Chance, Montoya nach dem letzten Boxenstopp noch zu packen. "Es war die einzige Stelle, an der ich es versuchen konnte, denn aus der letzten Kurve heraus war er sehr stark", so das Lob des amtierenden IndyCar-Champions in Richtung Montoya, der vor allem auf den weichen Reifen (Reds) "unglaublich schnell" gewesen sei.


IndyCar in St. Petersburg

Den Angriff in Kurve 10 schilderte Power mit den Worten: "Es war schon recht optimistisch von mir, aber hey, er hat das getan, was jeder getan hätte. Es war meine einzige Chance. Ohne den Schaden am Frontflügel hätte ich vielleicht eine weitere Chance gehabt, vielleicht auch nicht." So oder so war es ein extrem starker Saisonauftakt für Team Penske, der durch Platz vier von Helio Castroneves und Platz fünf von Simon Pagenaud komplettiert wurde.

Für die Leser von 'Motorsport-Total.com' ist das Ergebnis keine Überraschung: Bei unserer bis zum Rennstart laufenden Umfrage sagten 67 Prozent der abgegebenen Stimmen den Sieg eines Penske-Piloten voraus. Das Andretti-Team folgte mit 15 Prozent der Stimmen weit abgeschlagen auf Platz zwei, Ganassi mit acht Prozent auf Platz drei, KV mit drei Prozent auf Platz vier. Die übrigen sechs Teams vereinten die restlichen sieben Prozent der Stimmen auf sich.

Ganassi-Pilot Tony Kanaan beinahe der lachende Dritte

"Wow! Welch ein Tag", kommentierte Roger Penske nach der eindrucksvollen Demonstration seiner Truppe. Die leichte Kollision seiner beiden Angestellten Montoya und Power im Kampf um die Führung bewertete der "Captain" mit den Worten: "Ich habe ihnen gesagt, fahrt Rennen, aber passt auf."

Wäre die Nummer schiefgegangen, wäre Ganassi-Pilot Tony Kanaan der lachende Dritte gewesen... So kam der Brasilianer inmitten des Penske-Quartetts auf Platz drei ins Ziel. Platz sechs ging nach einem unauffälligen Rennen an KV-Pilot Sebastien Bourdais, der damit beim Debüt der Aero-Kits einen Sechsfachtriumph für das Chevy-Lager sicherstellte. Kanaans Ganassi-Teamkollege Scott Dixon wurde von einer Gelbphase auf dem falschen Fuß erwischt und am Ende nur 15.

Tony Kanaan

Tony Kanaan im blauen Ganassi-Chevy: Dritter inmitten des Penske-Quartetts Zoom

Das Viergespann von Team Penske hatte das Geschehen beim Saisonauftakt von den Startplätzen eins bis vier losfahrend stets unter Kontrolle. Einzig Jack Hawksworth (Foyt-Honda) holte sich aufgrund einer abweichenden Boxenstoppstrategie, die durch einen frühen Wechsel des Frontflügels zustande kam, fünf Führungsrunden ab. Unterm Strich aber lag in 105 der 110 Runden ein Penske-Pilot an der Spitze: Power führte 75 Runden, Montoya 27, Pagenaud zwei und Castroneves eine.

Pagenaud, der Neuzugang im Team von Roger Penske, durfte am Ende sogar froh sein, Fünfter geworden zu sein. Weil seine erst im Winter gegründete Crew mit der Startnummer 22 über keinerlei Owner-Punkte aus der Saison 2014 verfügt, musste er mit dem ungünstigsten Platz in der Boxengasse Vorlieb nehmen - direkt am Eingang. So war der Franzose bei den Stopps immer wieder benachteiligt und verlor regelmäßig Positionen.

Bei einem Restart in Runde 55 musste Pagenaud im Pulk des Mittelfelds prompt Federn lassen. In der Anbremszone zu Kurve 4 rauschte er ins Heck des Ganassi-Chevy von Charlie Kimball (21.). Dieser war anschließend mit schleifendem Bodywork unterwegs und wurde wenige Meter später in Kurve 10 prompt von Graham Rahal (Rahal-Honda) abgeschossen. Rahal fing sich infolge der Kollision eine Durchfahrtsstrafe ein und kam unterm Strich als Elfter knapp außerhalb der Top 10 ins Ziel.

Ryan Hunter-Reay als bester Honda-Pilot auf Platz sieben

Zuvor hatte Pagenauds Penske-Teamkollege Montoya bei einem Restart für Aufsehen gesorgt. Als das Rennen in Runde 25 nach der zweiten Gelbphase wieder freigegeben wurde, schnappte sich der Kolumbianer mit einem beherzten Angriff auf der Innenbahn von Kurve 1 nicht nur Pagenaud, sondern gleichzeitig auch den durch seine abweichende Boxenstoppstrategie nach vorn gespülten Hawksworth. Mit dem gewagten, aber perfekt getimten Manöver holte sich Montoya Platz zwei. Knapp 60 Runden später luchste er seinem führenden Teamkollegen Power im Zuge des letzten Boxenstopps die Führung ab.

Ryan Hunter-Reay

Ryan Hunter-Reay im Andretti-Honda: Siebter hinter sechs Chevy-Piloten Zoom

Für Hawksworth endete die "Off Sequence"-Strategie auf Platz acht. Der Brite in Diensten von A.J. Foyt Enterprises war damit einer von nur drei Honda-Piloten in den Top 10. Andretti-Speerspitze Ryan Hunter-Reay führte als Siebter die Honda-Fraktion an - und das, obwohl er direkt beim Start des Rennens in Kurve 1 einen extrem weiten Bogen fahren musste und fast bis ans Ende des Feldes zurückgefallen war. Hunter-Reays drei Andretti-Teamkollegen Marco Andretti (10.), Carlos Munoz (14.) und Simona de Silvestro (17.) waren allesamt in Kollisionen verstrickt.

Simona de Silvestro nach Kollision bestraft

De Silvestro wurde in Runde 22 in Kurve 10 ausgerechnet Munoz aufs Korn genommen. Der junge Kolumbianer war jedoch derjenige, der mit dem Verlust einiger Teile des Frontflügels den größeren Schaden davontrug. Die Schweizerin hatte bei dieser Aktion noch Glück, fand sich aber nur wenige Umläufe später erneut in eine Kollision verstrickt.

Simona de Silvestro

Simona de Silvestro: Durchfahrtsstrafe für "vermeidbaren Kontakt" mit James Jakes Zoom

In Runde 46 rauschte de Silvestro vor Kurve 13 - der Schlusskurve vor Start/Ziel - dem Schmidt-Honda von James Jakes ins Heck. Ergebnis: Eine längere Reparatur bei Jakes und eine Durchfahrtsstrafe für "vermeidbaren Kontakt" für de Silvestro. Die Chance auf ein Top-Ergebnis war somit für beide dahin. Unterm Strich kam de Silvestro auf Platz 17 ins Ziel, Jakes wurde mit zehn Runden Rückstand 22.

Auch Marco Andretti kam nicht ohne Berührung über die 110 Runden. Er erwischte ausgangs Kurve 10 das Heck des Herta-Honda von Rookie Gabby Chaves (18.) und büßte dabei ebenfalls einen Teil seines Frontflügels ein. Kurz darauf war es Chaves, der einen Konkurrenten erwischte: In Kurve 13 fuhr sich der amtierende Indy-Lights-Champion am Heck des Schmidt-Honda von James Hinchcliffe (16.) seinerseits ein Winglet des Frontflügels ab. Derweil bezahlte "Hinch" den Kontakt mit einem platten rechten Hinterreifen.

Renndebüt der Aero-Kits: Flügelsalat sorgt für fünf Gelbphasen

Als erstes Fazit bleibt nach dem ersten Rennen der neuen IndyCar-Ära festzuhalten, dass alle fünf Gelbphasen durch leichte Kollisionen mit anschließend davonfliegenden Teilen der Aero-Kits ausgelöst wurden. Die Winglets auf den Frontflügeln erwiesen sich dabei als besonders anfällig - ein Umstand, an den sich Fahrer und Fans wohl oder übel gewöhnen müssen...

Gabby Chaves

Gabby Chaves war nicht der Einzige, bei dem Teile des Frontflügels fliegen gingen Zoom

Bester Rookie im Feld war unterm Strich Luca Filippi (CFH-Chevrolet) auf Platz neun. Stefano Coletti (KV-Chevrolet) wurde 20. Insgesamt sahen 22 der 24 gestarteten IndyCars die Zielflagge. Carlos Huertas (Coyne-Honda) musste nach 18 Runden mit einem Schaden an der Lenkung die Segel streichen. Der Kolumbianer, im vergangenen Jahr Sensationssieger in Houston, holte sich damit die zweifelhafte Ehre für den ersten Ausfall der neuen Saison. Einziger weiterer Ausfall: Francesco Dracone im zweiten Coyne-Honda.

Das zweite von insgesamt 16 Rennen der IndyCar-Saison 2015 steigt am 12. April im NOLA Motorsports Park. Auf dem permanenten Rundkurs nahe New Orleans fand bis dato noch kein IndyCar-Rennen statt. Während der vergangenen Wochen allerdings wurde die Strecke von zahlreichen Teams für Testfahrten genutzt. Es steht zu befürchten, dass es auch im "Big Easy" wieder Flügelsalat gibt...