Fontana à la Keselowski: Penske-Sieg bei Stewart/Haas-Show

Penske-Pilot Brad Keselowski schnappt dem überlegenen Stewart/Haas-Duo Kurt Busch und Kevin Harvick in Fontana im letzten Moment den Sieg weg

(Motorsport-Total.com) - Überraschungssieg beim Auto Club 400 in Fontana: Nicht einer der beiden überlegenen Stewart/Haas-Piloten Kurt Busch oder Kevin Harvick feierte nach insgesamt 209 Runden und zwei Green-White-Checkered-Anläufen in der Victory Lane, sondern Penske-Pilot Brad Keselowski.

Titel-Bild zur News: Brad Keselowski

Mit nur einer Führungsrunde: Erster Saisonsieg für Brad Keselowski Zoom

Der am gesamten Wochenende bestens aufgelegte Kurt Busch (65 Führungsrunden) und sein auf der Jagd nach seinem dritten Sieg beim West-Coast-Swing 2015 befindlicher Teamkollege Kevin Harvick (34 Führungsrunden) bestimmten den fünften Sprint-Cup-Saisonlauf scheinbar nach Belieben. Nach den fünf Gelbphasen im Verlauf der regulären Renndistanz gelang es dem Stewart/Haas-Duo eins ums andere Mal, sich zügig von den Verfolgern abzusetzen.

Kurt Busch schien bereits auf dem Weg zu seinem ersten Sieg seit fast genau einem Jahr, als in Runde 198 die sechste Gelbphase ausgerufen wurde. Kleinteile in den Kurven 3 und 4 waren der Grund. Der letzte Boxenstopp brachte eine erste Vorentscheidung. Während der Großteil der Piloten - darunter die beiden Stewart/Haas-Teamkollegen Kurt Busch und Kevin Harvick - zwei frische Reifen aufziehen ließ, entschied Brad Keselowskis Crewchief Paul Wolfe für vier frische Reifen.

Vier, zwei oder keine Reifen: Strategiespiele beim letzten Stopp

Jeff Gordon (Hendrick-Chevrolet), Tony Stewart (Stewart/Haas-Chevrolet) und Greg Biffle (Roush-Ford) verzichteten auf einen Boxenstopp und führten das Feld so zum ersten von letzten Endes zwei Green-White-Checkered-Restarts. Bei diesem machte Kurt Busch mit seinen zwei frischen Reifen sofort kurzen Prozess und entriss Lokalmatador Gordon die Führung.

Kurt Busch

Kurt Busch und Kevin Harvick: Am Ende "nur" Dritter und Zweiter Zoom

Auch Harvick kam zügig wieder nach vorn, während Biffle mit seinen alten Reifen auf der Innenbahn überhaupt nicht in die Gänge kam. Ausgangs Turn 2 driftete der Roush-Pilot im dichten Pulk nach oben, erwischte den Ganassi-Chevy von Kyle Larson (26.) und drückte diesen an die Wand - nochmals Gelb.

Beim letzten Restart entschied sich Spitzenreiter Kurt Busch für die Außenbahn. Dank eines kräftigen Pushs von Paul Menard (Childress-Chevrolet) übernahm er sofort wieder das Kommando, während Harvick auf der Innenbahn mit Gordon am Heck nicht ganz so gut wegkam. Doch beide Stewart/Haas-Piloten hatten ihre Rechnung ohne den komplett frisch bereiften Keselowski gemacht. Auf der Außenbahn schob sich der Penske-Pilot in den Kurven 1/2 an Menard vorbei. Wenige Sekunden später schnappte er sich auf der Innenbahn der Kurven 3/4 den nun wehrlosen Harvick.

Fontana-Durchbruch für Keselowski

Als die Weiße Flagge für die letzte Runde geschwenkt wurde, lag Keselowski direkt im Windschatten von Spitzenreiter Kurt Busch. In Turn 1 ging der Penske-Pilot nach innen und brachte das Überholmanöver ausgangs Turn 2 erfolgreich zum Abschluss. Ein Dreher von Greg Biffle im Hinterfeld wurde von NASCAR nicht mit einer weiteren Gelbphase bedacht. So schaffte Keselowski das Kunststück, von den insgesamt 209 Runden nur die letzte anzuführen und zu gewinnen. Zugleich war es bei seinem siebten Fontana-Start das erste Mal überhaupt, dass er in den Top 10 ins Ziel kam - standesgemäß in der Victory Lane.

Brad Keselowski

Brad Keselowski: Beim siebten Fontana-Start erstmals Top 10 - als Sieger Zoom

"Die 4 und die 41 (Harvick und Kurt Busch; Anm. d. Red.) waren an diesem Wochenende eine Klasse für sich", zollte Sieger Keselowski dem starken Stewart/Haas-Duo sofort Respekt, um in Anspielung auf den Daytona-500-Sieg seines Teamkollegen Joey Logano anzufügen. "Jetzt stehen wohl beide Penske-Autos im Chase. Noch dazu habe ich jetzt auf einer Strecke gewonnen, die Roger Penske einst bauen ließ. Das ist richtig cool."

Harvick fing Kurt Busch auf den letzten Metern noch ab, weil Buschs verzweifelter Versuch, Keselowski noch einmal anzugreifen, die Außenmauer von Turn 4 mit einbezog. Mit Platz zwei verpasste Harvick den Hattrick beim West-Coast-Swing 2015 zwar knapp, baute mit Platz zwei aber seine saisonübergreifende Serie von Top-2-Platzieurngen en suite auf deren acht aus. "Was ein Rennen. Man weiß nie, wie die Strategiespiele ausgehen", kommentierte der amtierende NASCAR-Champion mit Blick auf die entscheidende Frage, ob beim letzten Boxenstopp vier oder nur zwei frische Reifen die richtige Wahl wären. Crewchief Rodney Childers hatte eigentlich mit vier geplant, schickte Harvick dann aber doch mit nur zwei frischen wieder raus, um den Anschluss an Kurt Busch nicht zu verlieren.


Green-White-Checkered-Finale in Fontana

Kurt Busch wiederum musste sich nach Dominanz in jeder einzelnen Disziplin des Wochenendes mit Platz drei zufriedengeben. Als Grund für den verpassten Sieg führte der erst seit dem vergangenen Wochenende in Phoenix wieder im Cockpit sitzende Ex-Champion sofort die Strategie beim letzten Stopp an: "Wir hatten am gesamten Tag ein fantastisches Auto. Auch die Boxenstopps waren super. Uns haben die Gelbphasen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Am Ende habe ich es einfach nicht hinbekommen. Brad hat uns mit vier frischen Reifen überrannt."

Joe Gibbs Racing beim Toyota-Heimspiel ohne Fortune

Über weite Strecken des Rennens schien die einzige ernsthafte Gefahr für einen Stewart/Haas-Doppelerfolg aus dem Lager von Joe Gibbs Racing zu kommen. Doch Denny Hamlin (56 Führungsrunden) traf in der Schlussphase in den Top 10 liegend zunächst leicht die Mauer. Beim letzten Boxenstopp fing er sich dann eine Strafe ein, weil der Mechaniker rechts vorn das Rad nicht unter Kontrolle hatte und dieses in die Fahrspur der anderen Autos rollte. So musste sich der Fontana-Pechvogel der vergangenen beiden Jahre (schwerer Crash nach Berührung mit Joey Logano im Kampf um den Sieg 2013 und Startverzicht nach Splitter im Auge 2014) ausgerechnet in der entscheidenden Schlussphase ans Ende der Führungsrunde zurückfallen lassen. Unterm Strich wurde Hamlin nur 28.

Gibbs-Teamkollege Matt Kenseth hatte sogar noch mehr Pech. Mit unglaublich schnellen Boxenstopps - zwei davon unter elf Sekunden(!) - hatte ihm die Crew rund um Jason Ratcliff an der Box immer wieder die Führung beschert. Beim Stopp in Runde 187 aber brach in Führung liegend beim Losfahren die Antriebswelle. Kenseth musste erneut hereinkommen, um den Schaden beheben zu lassen und wurde so nur 31.

Denny Hamlin, Matt Kenseth

Denny Hamlin und Matt Kenseth: Strafe und gebrochene Antriebswelle nach Führung Zoom

David Ragan, der im Gibbs-Toyota mit der Startnummer 18 einmal mehr den verletzten Kyle Busch vertrat, legte nach Platz vier im Qualifying ebenfalls einen vielversprechenden Rennbeginn hin. Mit einem Dreher in Runde 22 im Zweikampf mit Jeff Gordon löste er jedoch die erste Gelbphase aus. Eine Strafe an der Box warf ihn anschließend weiter zurück. Mit Platz 18 schloss auch der dritte Gibbs-Pilot beim Heimrennen von Hersteller Toyota außerhalb der Top 10 ab. Gleiches gilt für Carl Edwards, der im vierten Gibbs-Toyota nach einem unauffälligen Rennen 13. hinter dem bestens aufgelegten Justin Allgaier (HScott-Chevrolet/12.) wurde.

Die Top 10 wurden schließlich von Paul Menard (4.), dessen Childress-Teamkollegen Ryan Newman (5.), Dale Earnhardt Jr. (Hendrick-Chevrolet/6.), Joey Logano (Penske-Ford/7.), Martin Truex Jr. (Furniture-Row-Chevrolet/8.) und dem Hendrick-Duo Jimmie Johnson (9.) und Jeff Gordon (10.) komplettiert. Sie alle zeigten ein unauffälliges Rennen. Logano hätte ohne eine Strafe für ein unkontrolliertes Wegrollen des rechten Hinterrades beim Boxenstopp in Runde 155 möglicherweise mehr herausholen können. Für Johnson passte der allerletzte Restart genau wie für Gordon nicht in den Strategieplan.


Fotos: NASCAR in Fontana


Alle 43 Autos im Ziel

Tony Stewart, der in der Schlussphase genau wie Gordon auf einen Reifenwechsel verzichtete, holte mit Platz 14 das mit Abstand beste Ergebnis seiner bisher äußerst durchwachsenen Saison 2015. Stewart/Haas-Teamkollegin und Angestellte Danica Patrick beendete das Rennen in der Führungsrunde auf Platz 19. Direkt dahinter kam Chris Buescher im Front-Row-Ford nach einer grundsoliden Debütvorstellung im Sprint-Cup auf Position 20 ins Ziel. Brett Moffitt, der Ersatzmann für den mindestens drei Monate lang ausfallenden Brian Vickers, wurde im Waltrip-Toyota 22.

Neben der packenden Schlussphase mit der unwiderstehlichen Darbietung von Brad Keselowski war das Auto Club 400 des Jahres 2015 noch aus einem anderen Grund ein denkwürdiges Rennen. Erstmals seit dem Brickyard 400 in Indianapolis 2013 sahen alle 43 gestarteten Autos die Zielflagge, darunter auch Sam Hornish Jr., der mit seinem Petty-Ford in Runde 98 nach einem Fehler seines Spotters zunächst in den Roush-Ford von Trevor Bayne (29.) und dann in die Mauer von Turn 2 gekracht war. Nach einer Reparaturpause, die mehr als 50 Runden in Anspruch nahm, griff Hornish Jr. wieder ins Geschehen ein - unterm Strich nur, um trotzdem 43. und Letzter zu werden.

Sam Hornish Jun.

43. und Letzter, aber Zielflagge gesehen: Sam Hornish Jr. (Petty-Ford) Zoom

Der sechste Sprint-Cup-Saisonlauf steigt am kommenden Sonntag auf dem spektakulären Halbmeilen-Oval in Martinsville, Virginia.