Mario Andretti: Der Rennfahrer des Jahrhunderts wird 75

Die Rennfahrerikone Mario Andretti feiert 75. Geburtstag: Nach unzähligen Erfolgen rund um den Globus ist der Italo-Amerikaner heute gefragt wie eh und je

(Motorsport-Total.com) - Ein Dreivierteljahrhundert Mario Andretti: Einer der weltweit berühmtesten und zugleich universellsten Rennfahrer feiert am heutigen Samstag seinen 75. Geburtstag. Im Verlauf seiner langen und erfolgreichen Karriere hat sich Andretti den Ruf der US-Rennlegende erarbeitet. Gebürtiger US-Amerikaner ist er allerdings nicht.

Titel-Bild zur News: Mario Andretti

Mario Andretti, geboren am 28.02.40, wurde 2000 zum "Driver of the Century" gewählt Zoom

Geboren wird Mario Gabriele Andretti am 28. Februar 1940 im italienischen Montona. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs liegt der Ort nicht mehr auf italienischem, sondern auf kroatischem Staatsgebiet. Im Jahr 1948 flüchtet die Familie Andretti nach Lucca in die Toskana. Dort lebt man für sieben Jahre in einem Flüchtlingscamp. Die Liebe zum Rennsport wird entfacht, als Mario zusammen mit Zwillingsbruder Aldo im Jahr 1954 den Formel-1-Grand-Prix von Italien in Monza besucht.

Der Held der beiden 14-Jährigen ist der zweimalige und amtierende Weltmeister Alberto Ascari im Ferrari. "Ascari war extrem cool. Seine Sitzhaltung war komplett entspannt und er hatte sein Auto voll unter Kontrolle. Ich liebte seinen Stil", erinnert sich Mario Andretti, heute das Clan-Oberhaupt der vielleicht berühmtesten Rennfahrerfamilie der Welt.

Den Anfang nimmt die Erfolgsgeschichte der Rennfahrerfamilie Andretti nicht in Italien, sondern in der Neuen Welt. Im Jahr 1955 wandern der später nur als "Gigi" bekannte Luigi Alvise Andretti und Ehefrau Rina mit ihren drei Kindern - dem 15-jährigen Mario, Zwillingsbruder Aldo und der älteren Schwester Anna Maria - in die USA aus. Ohne Englischkenntnisse lässt sich die Familie in Nazareth, Pennsylvania nieder und wohnt ab sofort ganz in der Nähe von Luigis Bruder Louie. Es dauert nicht lange, da entdecken Mario und Aldo unweit ihres neuen Zuhauses eine Rennstrecke: ein 0,5 Meilen langes Dirt-Track-Oval. Was ihnen noch fehlt, ist ein entsprechendes Gefährt.


Fotostrecke: Die Karriere von Mario Andretti

Die Gebrüder Andretti entschließen sich, ihren ersten Rennwagen selbst aufzubauen. Es handelt sich um einen Hudson Hornet, Baujahr 1948. Das notwendige Wissen für den Umbau zum renntauglichen Stock-Car eignen sie sich unter anderem an der Tankstelle von Onkel Louie an. Ab dem Frühjahr 1959 gehen Mario und Aldo mit dem Hudson Hornet auf Dirt-Tracks an den Start. Ein Münzwurf entscheidet darüber, welcher der beiden Brüder das erste Rennen bestreitet. Aldo hat das glücklichere Händchen und gewinnt auf Anhieb einen Vorlauf. Noch im selben Jahr allerdings kommt es zu einem beinahe folgenschweren Rückschlag. Bei einem mehrfachen Überschlag in Hartfield, Pennsylvania zieht sich Aldo schwere Kopfverletzungen zu und muss seine Karriere nach einem weiteren schweren Unfall einige Jahre später beenden.

Aldo Andretti

Die Rennkarriere von Mario Andrettis Bruder Aldo ist zu Ende, bevor sie richtig beginnt Zoom

Unterdessen startet Mario - der Vorname steht übrigens für "der einsame Kämpfer" - voll durch. Am 19. April 1964 nimmt er auf dem Trenton Speedway im US-Bundesstaat New Jersey an seinem ersten IndyCar-Rennen teil. Bei seinem Debüt in der damals vom "United States Automobile Club" (USAC) ausgerichteten Formelrennserie fährt Andretti einen Elder-Offenhauser aus dem Team von Doug Stearly und sieht als Elfter die Zielflagge. Mittlerweile hat er seine Freundin Dee Ann, die ihm die englische Sprache beibringt, vor den Traualtar geführt. Zudem hat er die Staatsbürgerschaft seiner neuen Heimat angenommen und tritt somit als US-Amerikaner an.

Erste IndyCar-Titel und Sieg beim Indy 500

Den Höhepunkt der IndyCar-Saison 1964, die berühmten 500 Meilen von Indianapolis, lässt Mario Andretti im ersten Jahr noch aus. Ein Cockpit wird ihm zwar in Aussicht gestellt, dieses lehnt der 24-Jährige aber ab, um zunächst weitere Erfahrungen zu sammeln. Der für einen Rennfahrer durchaus ungewöhnliche Schachzug zahlt sich aus.

Mario Andrettis Indy-500-Sieg 1969

1969 gewinnt Andretti sowohl das Indy 500 als auch den IndyCar-Titel Zoom

Als Andretti am 31. Mai 1965 mit einem Hawk-Ford aus dem Team von Al Dean sein erstes Indy 500 bestreitet, kommt er hinter Formel-1-Größe Jim Clark und Parnelli Jones als Dritter ins Ziel und ist damit bester Rookie im Feld. Zwei Monate später, am 25. Juli 1965, gewinnt Andretti im unweit des Indianapolis Motor Speedway gelegenen Indianapolis Raceway Park sein erstes IndyCar-Rennen.

Die Karriere nimmt nun so richtig Fahrt auf. Am Saisonende 1965 hat Andretti seinen ersten IndyCar-Titel in der Tasche. 1966 folgt Titel Nummer zwei, 1969 Nummer drei. Zudem triumphiert er 1969 am Steuer eines Hawk-Ford aus dem Team von Andy Granatelli zum ersten und einzigen Mal beim Indy 500. Der große Rivale in diesen Jahren ist A.J. Foyt. Zwar geht Andretti bis 1994 insgesamt 29 Mal beim "Greatest Spectacle in Racing" an den Start. Ein zweiter Indy-500-Sieg bleibt ihm aber aufgrund des schon legendären Andretti-Pechs in Indianapolis verwehrt.

IndyCar und Formel 1 im Doppelprogramm

Parallel zu seinen IndyCar-Einsätzen erweitert Mario Andretti seinen motorsportlichen Horizont ab 1968 - unter anderem - auf die Formel 1. Das Abenteuer beginnt furios. Bei seinem ersten Formel-1-Auftritt, dem Grand Prix von Italien 1968 in Monza, machen er und IndyCar-Kollege Bobby Unser am Steuer ihrer Lotus-Boliden die Pace im Freitagstraining. Für beide ist es das erste Mal, dass sie in einem Formel-1-Auto sitzen und für beide ist es das erste Mal, dass sie in Monza fahren.

Doch nach dem Freien Training fliegen die beiden US-Boys sofort zurück in die Heimat, um am Samstag nahe Indianapolis das Hoosier 100 - das wichtigste Dirt-Track-Rennen im IndyCar-Kalender - zu bestreiten. Andretti wird Zweiter hinter A.J. Foyt, Unser fällt mit Defekt aus. Noch am selben Tag brechen die beiden schnellen Weltenbummler wieder in Richtung Italien auf, um am Sonntag den Grand Prix zu fahren. Sie erreichen den Parco di Monza am Sonntagmorgen. Weil sie aber weniger als 24 Stunden zuvor an einem anderen Rennen teilgenommen haben, erhalten sie keine Starterlaubnis.

Mario Andretti in Watkins Glen 1971

1971 fährt Andretti für Ferrari Formel 1 und gewinnt bei seinem ersten Auftritt in Rot Zoom

Mario Andrettis Formel-1-Renndebüt erfolgt somit vier Wochen später. Beim Grand Prix der USA in Watkins Glen startet er auf Anhieb von der Pole-Position. Im Rennen jedoch muss er aufgrund eines Kupplungsdefekts an seinem Lotus 49B die Segel streichen. In den Jahren 1969 (Lotus) und 1970 (March) nimmt Andretti an acht Formel-1-Rennen teil. Sechsmal streikt die Technik, einmal fällt er durch Unfall aus. Seine einzige Zielankunft in diesen zwei Jahren aber feiert er direkt auf dem Podest: Beim Grand Prix von Spanien 1970 in Jarama wird er hinter Jackie Stewart und Bruce McLaren Dritter.

Zur Saison 1971 erfüllt sich Andretti einen Kindheitstraum und wechselt zu Ferrari - jenen legendären italienischen Rennstall, für den er sein großes Idol Alberto Ascari 17 Jahre zuvor in Monza hat fahren sehen. Andrettis Einstand bei der Scuderia aus Maranello gestaltet sich märchenhaft. Am Steuer des 312B triumphiert er beim Saisonauftakt 1971, dem Grand Prix von Südafrika in Kyalami. Zwei Jahre lang hält Andretti Ferrari die Treue, wobei er aufgrund seiner parallelen IndyCar-Einsätze nicht alle Rennen der Formel-1-Weltmeisterschaft bestreitet.

Formel-1-Weltmeister unter tragischen Umständen

Sein ersten ernsthaften Angriff auf den WM-Titel in der Formel 1 unternimmt Andretti in der Saison 1976. Für das Lotus-Team von Colin Chapman bestreitet er mit Ausnahme des Grand Prix von Monaco (Terminüberschneidung mit dem Indy 500) alle Saisonläufe. Beim denkwürdigen Finale, dem verregneten Grand Prix von Japan in Fuji, fährt er zum Sieg, während sich der Brite James Hunt (McLaren) mit Platz drei den Titel sichert, weil Rivale Niki Lauda (Ferrari) aufgibt. Mehr als 30 Jahre später zieht das WM-Duell Hunt vs. Lauda die Zuschauer noch einmal in den Bann - in Form des Hollywood-Blockbusters "Rush".

Da sich der Grand Prix von Monaco des Jahres 1977 terminlich nicht mit dem Indy 500 überschneidet, bestreitet Mario Andretti neun Jahre nach seinem Formel-1-Debüt seine erste komplette Saison in der Königsklasse. Am Steuer des Lotus 78 gewinnt er vier Rennen, darunter den Grand Prix der USA-West in Long Beach. Am Saisonende belegt er Gesamtrang drei hinter Weltmeister Niki Lauda (Ferrari) und Vize-Weltmeister Jody Scheckter (Wolf).

Mario Andretti und Ronnie Peterson in Le Castellet 1978

1978 wird Andretti mit Lotus Weltmeister, Teamkollege Peterson kommt ums Leben Zoom

1978 wird dann zum gleichermaßen erfolgreichsten wie tragischsten Jahr in Andrettis Rennfahrerkarriere. Beim Formel-1-Saisonauftakt in Buenos Aires gewinnt er am Steuer des Lotus 78, um im weiteren Saisonverlauf mit dem Nachfolgemodell, dem revolutionären Lotus 79 mit Ground-Effect, fünf weitere Siege und den WM-Titel zu erringen. Der größte Triumph in Andrettis Karriere ist jedoch von großer Tragik geprägt.

Andrettis Teamkollege und Freund Ronnie Peterson, mit dem er bis in den Spätsommer hinein das Titelduell ausfechtet, wird am 10. September beim Grand Prix von Italien in Monza in einen schweren Startunfall mit insgesamt zehn Autos verwickelt. Nicht der Unfall selbst, sondern eine in der folgenden Nacht auftretende Embolie ist es, die Peterson das Leben kostet. Damit ist das Lotus-Titelduell auf tragische Weise entschieden. Andretti wird ausgerechnet an jenem Ort Weltmeister, an dem er 24 Jahre zuvor sein erstes Formel-1-Rennen erlebt hat. Freuen kann sich der Italo-Amerikaner über den Triumph allerdings nicht.

Rückkehr nach Amerika

Nach zwei weiteren Lotus-Jahren, in denen er nur noch einen Podestplatz (Jarama 1979) erringt, wechselt Andretti für die Saison 1981 zu Alfa Romeo, kann aber mit dem 179C keine Bäume ausreißen. Beim Saisonauftakt 1982 in Long Beach geht er einmalig für Williams an den Start. Er vertritt den überraschend zurückgetretenen Carlos Reutemann. Im weiteren Saisonverlauf bestreitet Andretti noch zwei Rennen: für Ferrari als Ersatz für den im Regen von Hockenheim schwer gecrashten Didier Pironi.

Bei seinem Ferrari-Comeback, das passenderweise in Monza über die Bühne geht, stellt Andretti den 126C2 zur Freude der Tifosi auf die Pole-Position. Tags darauf wird er Dritter hinter Rene Arnoux (Renault) und Patrick Tambay, der bei Ferrari wenige Monate zuvor die Nachfolge des tödlichen verunglückten Gilles Villeneuve angetreten hat. Für Andretti ist Platz drei in Monza der 19. und letzte Podestplatz in der Königsklasse (Datenbank: Die Formel-1-Karriere von Mario Andretti). Beim Saisonfinale auf dem Hotelparkplatz des Caesars Palace in Las Vegas fällt er aus und wendet sich anschließend wieder voll und ganz der IndyCar-Szene zu.

Mario Andretti in Long Beach 1984

1984 holt Andretti im Newman/Haas-Team seinen vierten IndyCar-Titel Zoom

So bestreitet Andretti von 1982 bis 1994 noch einmal 13 Jahre lang IndyCar-Rennen auf Vollzeitbasis. Der Dachverband ist inzwischen nicht mehr USAC, sondern CART. Mit Ausnahme seiner Comeback-Saison 1982 (für Patrick Racing) tritt Andretti ausschließlich für das neugegründete Newman/Haas-Team von Hollywood-Schauspieler Paul Newman und Geschäftsmann Carl Haas an. Der erste Sieg für Newman/Haas gelingt ihm am 31. Juli 1983 in Elkhart Lake. In der darauffolgenden Saison 1984 gewinnt er sechs Rennen und krönt sich zum vierten Mal nach 1965, 1966 und 1969 zum IndyCar-Champion. Inzwischen ist Mario Andrettis ältester Sohn Michael Andretti einer der Konkurrenten im Starterfeld.

Mario und Michael: Vater-Sohn-Team bei Newman/Haas

Für Furore sorgt die Familie Andretti beim CART-Saisonauftakt 1986 in Phoenix. Auf dem Ein-Meilen-Oval holt sich Mario die Pole-Position, neben ihm steht Michael. Es ist das erste Mal in der IndyCar-Geschichte, das ein Vater-Sohn-Duo in der ersten Startreihe steht. Zweieinhalb Monate später, am 15. Juni 1986, fährt Michael in Portland einem sicheren Sieg entgegen. In der letzten Runde aber fängt ihn Mario noch ab, weil im March-Cosworth des Kraco-Teams der Sprit zur Neige geht. Die Ziellinie kreuzt Vater Mario mit einem Vorsprung von 0,07 Sekunden auf Sohn Michael - und das am US-amerikanischen Vatertag.

Doch es kommt noch besser: Ab 1989 greifen Mario und Michael Andretti als Teamkollegen bei Newman/Haas ins Lenkrad und bilden damit nach der ersten Vater-Sohn-Frontreihe auch das erste Vater-Sohn-Team der IndyCar-Geschichte. John Andretti, der Sohn von Marios Zwillingsbruder Aldo, greift ab 1987 ins IndyCar-Lenkrad. Drei Jahre später gibt Jeff Andretti, jüngster Sohn von Mario und Bruder von Michael, sein Debüt. So kommt es, dass am 3. Juni 1990 in Milwaukee zum ersten Mal in der IndyCar-Geschichte vier Familienangehörige ins Rennen gehen.

Carl Haas, Michael Andretti, Mario Andretti, Paul Newman

Michael und Mario Andretti: Ab '83 direkte Gegner, ab '89 Kollegen bei Newman/Haas Zoom

Vier Jahre lang, bis Ende 1992, fahren Mario und Michael Andretti gemeinsam für Newman/Haas. Michael gewinnt 1991 den Titel. Auf dem Weg dorthin schreiben die Andrettis einmal mehr Geschichte. Am 2. Juni lautet auf dem Ein-Meilen-Oval in Milwaukee die Besetzung des Podiums Michael Andretti vor John Andretti und Mario Andretti - das erste und bis heute einzige innerfamiliäre IndyCar-Podest.

Mario Andretti gewinnt in den vier Jahren an der Seite seines Sohnes Michael zwar kein einziges Rennen. Doch als Michael zur Saison 1993 zu McLaren in die Formel 1 wechselt und dessen Newman/Haas-Cockpit vom amtierenden Formel-1-Weltmeister Nigel Mansell übernommen wird, flammt das Feuer des Wettbewerbs beim Clan-Oberhaupt der Andretti-Dynastie neu auf. In der Formel-1-Saison 1980 waren Mansell und Andretti bei Lotus zum ersten Mal Teamkollegen. 13 Jahre später sind sie es im IndyCar-Team von Paul Newman und Carl Haas.


Fotostrecke: Die Andretti-Dynastie

Mansell beendet sein IndyCar-Debüt im australischen Surfers Paradise sensationell als Sieger. Bei seinem ersten Oval-Auftritt aber crasht der Brite schwer. Nach seinem kolossalen Trainingsunfall kann Mansell das Rennen auf dem Ein-Meilen-Oval in Phoenix nicht bestreiten, doch Mario Andretti holt für Newman/Haas die Kohlen aus dem Feuer und erringt im gestandenen Alter von 53 Jahren seinen 52. und letzten IndyCar-Sieg. Am 9. Oktober 1994 fährt er in Laguna Seca sein 407. und letztes IndyCar-Rennen. Die Saison 1994, erneut an der Seite von Mansell, firmiert unter dem Titel "Arrivederci Mario"-Tour.

Neben seinen 52 Siegen und vier Titeln bei den IndyCars und seinen zwölf Siegen und einem Titel in der Formel 1 erringt Mario Andretti im Verlauf seiner langen und erfolgreichen Karriere zahlreiche weitere große Siege. So gewinnt er bereits im Jahr 1967 den Höhepunkt der NASCAR-Saison, das berühmte Daytona 500. Andretti sitzt dabei am Steuer eines Holman/Moody-Ford. Insgesamt tritt er im Zeitraum 1966 bis 1969 bei 14 NASCAR-Rennen an und fährt neben seinem Daytona-500-Sieg zwei weitere Male in die Top 10.

Triumphe auf der Langstrecke, bei Berg- und Dragster-Rennen

Auch auf der Langstrecke ist Mario Andretti erfolgreich. Dreimal gewinnt er die 12 Stunden von Sebring. 1967 siegt er an der Seite von Bruce McLaren am Steuer eines Ford GT40, 1970 zusammen mit Ignazio Giunti und Nino Vaccarella hinter dem Lenkrad eines Ferrari 512S. 1972 triumphiert er zusammen mit Jacky Ickx im Ferrari 312P, nachdem das prominente Ferrari-Duo wenige Wochen zuvor bereits die 24 Stunden von Daytona für sich entschieden hat.

Mario Andretti und Bruce McLaren in Sebring 1967

Die 12 Stunden von Sebring gewinnt Andretti dreimal, zuerst 1967 im Ford GT40 Zoom

Getreu seines berühmt gewordenen Mottos "If everything seems under control, you're just not going fast enough" sieht Mario Andretti in seiner mehr als vier Jahrzehnte andauernden Karriere nicht weniger als 111 Mal die Karierte Flagge als Erster. Dabei spielt es für ihn keine Rolle, ob er in einem Sprint-Car, einem Stock-Car, einem IndyCar, einem Formel-1-Boliden oder einem Sportwagen sitzt. Im Jahr 1967 triumphiert er sogar einmal am Steuer eines Dragsters. Darüber hinaus sichert er sich 1969 den Triumph beim wohl berühmtesten Bergrennen der Welt, dem "Race to the Clouds" am Pikes Peak im US-Bundesstaat Colorado.

Mario Andretti ist der einzige Fahrer der Welt, der sowohl den Formel-1-WM-Titel als auch das Indy 500 als auch das Daytona 500 gewonnen hat. So wird der Italo-Amerikaner im Frühjahr 2000 von der 'Associated Press' zum "Driver of the Century", dem Rennfahrer des Jahrhunderts, gewählt. Ein großer Sieg aber fehlt ihm in der Sammlung: Ein Gesamtsieg bei den 24 Stunden von Le Mans.

Le-Mans-Sieg bleibt verwehrt

Achtmal tritt Mario Andretti bei den 24 Stunden von Le Mans an. 1966 und 1967 steuert er zusammen mit Lucien Bianchi, dem Onkel des im Oktober 2014 schwer verunglückten Formel-1-Piloten Jules Bianchi, einen Ford GT40 von Holman/Moody. Eine Zielankunft gelingt jedoch in keinem der beiden Jahre.

Mario Andretti in Le Mans 1995

24 Stunden von Le Mans 1995: Platz zwei im Courage-Porsche ist Andrettis Maximum Zoom

Nach dem Ende seiner Formel-1-Karriere versucht sich Mario Andretti erneut in Le Mans. 1983 sitzt er zusammen mit Sohn Michael und Philippe Alliott in einem Kremer-Porsche 956. Mit Platz drei gelingt dem Trio immerhin ein Podestplatz. 1988 gibt es beim Langstreckenklassiker an der Sarthe gar ein komplettes Andretti-Auto: Mario, Michael und John Andretti steuern einen Werks-Porsche 962C auf Platz sechs.

Mario Andrettis bestes Le-Mans-Ergebnis kommt jedoch ohne die Unterstützung der Familie zustande: 1995 wird er zusammen mit Bob Wollek und Eric Helary im Courage-Porsche Zweiter. Nachdem er es 1997 noch einmal mit Sohn Michael (Ausfall zusammen mit Olivier Grouillard) probiert hat, startet Mario Andretti im Jahr 2000 als 60-Jähriger zum letzten Mal beim französischen Langstreckenklassiker. Zusammen mit David Brabham und Jan Magnussen bringt er den LMP1-Roadster von Panoz auf Platz 15 ins Ziel und verabschiedet sich damit offiziell von der Bühne des aktiven Rennfahrerdaseins.

Testfahrer mit 63 Jahren und fast ein böses Ende

Heute wohnt das Clan-Oberhaupt der Andretti-Dynastie noch immer in Nazareth, Pennsylvania. Sohn Michael, der nach seiner Karriere als Rennfahrer auch als Teambesitzer erfolgreich ist, wohnt mit seiner Familie ebenso direkt in der Nähe wie dessen Sohn Marco, der auch in der Saison 2015 für das IndyCar-Team von Michael an den Start geht.

Mario Andretti im IndyCar-Doppelsitzer

Heute steigt Andetti zu Showzwecken regelmäßig in den IndyCar-Doppelsitzer Zoom

Ein einziges Mal greift Mario Andretti aushilfsweise für Michaels Team ins Lenkrad, doch dieses Unterfangen geht um ein Haar schief. Bei einer Testsession in Vorbereitung auf das Indy 500 im Jahr 2003 springt das Clan-Oberhaupt der Andrettis im Alter von 63 Jahren für den verletzten Andretti-Stammfahrer Tony Kanaan ein.

Beim Überfahren eines Kleinteils steigt der Andretti-Bolide auf und überschlägt sich. Mario Andretti kommt glücklicherweise ohne Verletzungen davon und steigt seither nur noch für Showrunden ins Cockpit. Im Rahmen der IndyCar-Rennen, die er weiterhin mit großem Interesse verfolgt, steuert er regelmäßig den IndyCar-Doppelsitzer und chauffiert mit diesem Fans um die Strecken.

Mit 75 Jahren noch immer gefragt

Im Alter von 75 Jahren ist Mario Andretti heute gefragt wie eh und je. Seine Meinung hat in der internationalen Motorsportszene Gewicht und das kommt nicht von ungefähr. So lässt er wissen: "Keine Frage, ich bin noch immer ein Teil des Rennsports und ich liebe ihn. Wenn es anders wäre, würde ich nicht jede Rennserie derart intensiv verfolgen. Ich sehe mir noch immer jedes Rennen an, ganz gleich ob es sich um Formel 1, IndyCar, Motorräder oder NASCAR handelt."

Mario Andretti

Die Meinung von Mario Andretti hat auch im Jahr 2015 Gewicht wie eh und je Zoom

Mario Andrettis wichtigstes Credo hat indes nichts mit dem Rennsport zu tun. "Man ist nur dann reich, wenn man gesund ist", sagt er. Freizeitaktivitäten wie Tennisspielen oder Wasserskifahren gehören für das Clan-Oberhaupt der Andretti-Dynastie nach wie vor zum festen Programm. Als inzwischen siebenfacher Großvater ist Mario Andretti auch mit den modernen Medien bestens vertraut, ist sowohl auf Facebook als auch auf Twitter aktiv. Auf die Frage, was heutzutage den Erfindergeist in ihm weckt, antwortet er: "Einen großartigen Gedanken auf 140 Zeichen herunterzubrechen, um ihn auf Twitter zu posten."

Eines steht fest: Mario Andretti ist alles andere als der gewöhnliche 75-Jährige. Happy Birthday dem Rennfahrer des Jahrhunderts!