Jeff Gordon: "Freue mich auf das, was die Zukunft bereithält"

Jeff Gordons Gründe für seinen angekündigten Rücktritt zum Saisonende und zahlreiche Gedankenspiele in Bezug auf die Zukunft

(Motorsport-Total.com) - Jeff Gordons Ankündigung, zum Ende der NASCAR-Saison 2015 zurückzutreten, ist in den USA seit Donnerstagvormittag Ortszeit das bestimmende Sportthema - und wird es auch während der kommenden Tage bleiben. Von Montag bis Donnerstag kommender Woche geht in Charlotte die alljährliche NASCAR-Media-Tour als Aufgalopp für die neue Saison über die Bühne. Gordon und Hendrick Motorsports werden auch bei dieser Gelegenheit ganz sicher im Fokus stehen.

Titel-Bild zur News: Jeff Gordon

Wie geht es mit Jeff Gordon nach seinem Ausstieg aus dem Hendrick-Cockpit weiter? Zoom

Das komplette Ausmaß der gemeinsamen Ankündigung von Gordon und Hendrick ist zwar noch immer nicht so richtig greifbar, doch der NASCAR-Champion der Jahre 1995, 1997, 1998 und 2001 geht mit gutem Gewissen in sein letztes Jahr als Vollzeitpilot. "Von Kindesbeinen an wollte ich Rennfahrer werden. Ich hoffte, dass ich irgendwann auf diesem Level fahren würde, aber ich wusste nicht, dass es klappen würde", so Gordon in seiner Pressekonferenz wenige Stunden nachdem sich die Neuigkeit seiner Abschiedstour 2015 nicht nur in den USA wie ein Lauffeuer verbreitet hatte.

Gordon, der jedes seiner bisher 761 Rennen in der höchsten NASCAR-Liga im Hendrick-Chevy mit der Startnummer 24 absolviert hat und 92 davon gewonnen hat, hält fest: "Ich habe immer gesagt, dass ich, wenn möglich, selbst entscheiden möchte, wann ich aufhöre. Und ich habe immer gesagt, dass ich konkurrenzfähig sein möchte. Ich hoffte, dass ich beides in meinem letzten Jahr vereinen könnte."

Kindheitstraum wurde Wirklichkeit

Die Saison 2014, in der er vier Rennen gewann - darunter zum fünften Mal in seiner Karriere das Brickyard 400 in Indianapolis - und in der er bis zur letzten Kurve des vorletzten Saisonlaufs in Phoenix Titelkandidat war, habe Gordon die endgültige Bestätigung für den Entschluss gegeben. "Jetzt ist die richtige Zeit gekommen", ist der Kalifornier im Hinblick auf seine Abschiedstour überzeugt und beschreibt seine über 20 Jahre umfassende Karriere in der NASCAR-Topliga mit den Worten: "Der Traum eines Kindes wurde vor Tausenden, wenn nicht sogar vor Millionen von Leuten, Wirklichkeit."

Jeff Gordon Indianapolis Brickyard 1994

Bis heute hat Gordon 92 Cup-Rennen gewonnen, die ersten beiden 1994 Zoom

Teambesitzer Rick Hendrick - von dessen elf Sprint-Cup-Titeln vier auf das Konto von Gordon gehen, darunter der erste - hätte sein Zugpferd freilich gern noch über die Saison 2015 hinaus aktiv im Stall gehabt. "Rick redete wieder und wieder auf mich ein, dass ich doch noch länger fahren sollte", so Gordon und weiter: "Ich sagte wieder und wieder Nein. Mitte der vergangenen Saison sagte ich dann 'Nein. Das war's Boss.' Daraufhin einigten wir uns, dass das Timing für mich, für Hendrick und für die anderen Chancen, die da vor uns liegen, richtig ist."

Eines stellt Gordon jedoch auch klar. Nachdem er auf der Media-Tour 2014 geflachst hatte, im Falle des Titelgewinns in Homestead auf der Stelle zurückzutreten, sei es in Wahrheit nie der Plan gewesen, den Helm schon Ende 2014 an den Nagel zu hängen: "Ich scherzte über den Titelgewinn und den anschließenden Rückzug, doch selbst wenn wir die Meisterschaft gewonnen hätten, wäre das nicht passiert."

Zwei Gründe für den Rückzug zum Saisonende

Wenngleich der vermeintliche Rücktritt zum Saisonende 2014 ein Scherz war, so war die Abschiedstour 2015 ganz offensichtlich doch von langer Hand geplant. Gordon bestätigt dies, indem er sagt: "Mitte 2014 wurde es ernst. Es gab nicht nur einen Grund, sondern es war eine Kombination verschiedener Dinge." Der Hendrick-Pilot spricht damit auf seine Rückenschmerzen an.

Ende Mai 2014 musste Gordon beim Coca-Cola 600 in Charlotte das letzte Freie Training aufgrund seiner Rückenschmerzen sausen lassen. Sogar der Rennstart stand zunächst in Frage. Letztlich aber hielt Gordon das mit 600 Meilen längste Rennen der gesamten Saison durch und beendete es auf Platz sieben. Nur wenige Tage später verkündete er, dass es die noch in Charlotte vorgenommene Behandlung am Rücken von Erfolg gekrönt war.

"Mitte 2014 wurde es ernst. Es gab nicht nur einen Grund, sondern es war eine Kombination verschiedener Dinge." Jeff Gordon

Dennoch: Das Rücken-Thema lässt Gordon seit Jahren nicht los. Dies, aber auch die starke Form in der Saison 2014 haben ihn in seiner Entscheidung zum Abschied bestärkt, wie der Kalifornier klarstellt: "Mein Rücken spielte eine Rolle und ich glaube, das war für mich mehr als alles andere die Bestätigung. Gleichzeitig wurde ich angesichts unseres guten Laufs in der vergangenen Saison nur noch mehr darin bestärkt. Ich dachte mir 'Hey, Woche für Woche konkurrenzfähig zu sein, ist alles, was ich mir nach einer mehr als 20-jährigen Karriere wünschen kann."

Keine Wiederholung des Mark-Martin-Beispiels, aber...

Dennoch kam ein Rücktritt zum Saisonende 2014 nicht in Betracht. Warum? "Ich wollte meinem Team, Rick, den Sponsoren, den Fans, meiner Familie und mir selbst noch ein weiteres Jahr gönnen", so Gordon. Woraufhin Rick Hendrick grinsend einwirft: "Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel, nachdem wir in diesem Jahr den Titel an Land gezogen haben. Ich möchte ein bisschen Druck auf ihn ausbauen."

Jeff Gordon, Mark Martin

NASCAR-Oldie Mark Martin war 2009 bis 2011 Teamkollege von Gordon bei Hendrick Zoom

So kommt Gordon im Vorfeld seiner Abschiedstour zum Schluss: "Ich würde mal sagen, die Chancen sind hoch, das Homestead das letzte Rennen sein wird, bei dem ich antreten werde. Aber noch einmal: Ich kann das nicht mit Sicherheit sagen. Ich weiß nur, dass ich nicht irgendwann zurückkommen werde, um eine Teilzeitsaison zu fahren." An seinem ehemaligen Hendrick-Teamkollegen, Oldie Mark Martin, nimmt sich der einstige "Wonder Boy" aus Kalifornien in dieser Hinsicht also kein Beispiel...

Die eine oder andere Hintertür lässt sich Gordon dennoch offen: "Ich behalte es mir vor, wieder ins Auto zu steigen. Das muss nicht zwingend ein Cup-Auto sein. Es könnte auch ein Xfinity-Auto sein, es könnte ein Truck sein." Doch auch über die NASCAR hinaus schließt Gordon künftige Starts nicht gänzlich aus. So stehe eine Teilnahme bei den 24-Stunden-Klassikern in Le Mans oder Daytona ebenso im Raum wie ein Start beim Wüstenklassiker Baja 1000 - oder eben auch nicht.

Was bringt die Zukunft?

"Es könnte auch ein Prototyp sein für Le Mans oder das Rolex. Vielleicht wird es auch gar nichts davon. Ich war kürzlich mit einem Buggy in der Wüste unterwegs und möchte vielleicht einmal die Baja 1000 fahren. Ich plane keine Rennen, aber ich weiß, dass ich nicht zurücktreten werde, denn ich habe schon viele Pläne auf dem Tisch. Künftig werden wir mehr darüber erfahren. Nur so viel: Ich freue mich wirklich auf das, was die Zukunft bereithält", sagt Gordon.

Jeff Gordon bei den 24 Stunden von Daytona 2007

2007 bestritt Jeff Gordon die 24 Stunden von Daytona - künftig häufiger? Zoom

Vor dem Hintergrund der Gerüchte, dass Hendrick-Nachwuchspilot Chase Elliott ab 2016 das von Gordon geräumte Cockpit übernehmen werde, lässt Teambesitzer Rick Hendrick abschließend wissen: "Wie es weitergeht, werden wir uns zu einem späteren Zeitpunkt ansehen. Jetzt konzentrieren wir uns erst einmal darauf, was Jeff erreicht hat. Zu einem späteren Zeitpunkt werden wir uns damit befassen, wer in seinem Auto sitzen wird."