• 12.10.2014 16:15

  • von Pete Fink

Jagdszenen in Charlotte

Durchbrennende Sicherungen: Matt Kenseth nimmt Brad Keselowski in den Schwitzkasten, Denny Hamlin stinksauer auf den Penske-Piloten - und nun Talladega

(Motorsport-Total.com) - Es waren die klassischen Wild-West-Szenen. Oder etwas moderner formuliert: Ein Hauch Wrestling in der NASCAR. Nach dem Bank of America 500 flogen auf dem Charlotte Motor Speedway wieder einmal die Fäuste. Im Fokus stand Brad Keselowski (Penske-Ford), der vom üblicherweise sehr besonnenen Matt Kenseth in den Schwitzkasten genommen wurde. Sein Gibbs-Teamkollege Denny Hamlin war so sauer, dass er mehrmals von seiner Crew daran gehindert werden musste, auf Keselowski loszugehen.

Titel-Bild zur News: Brad Keselowski

Brad Keselowski legte sich in Charlotte gleich mit zwei Gibbs-Piloten an Zoom

Klar: Es ist Playoff-Zeit und der Druck steigt. Dazu steht am kommenden Wochenende das so unberechenbare Talladega an. Kein Wunder, dass Keselowski, dem ein vorzeitiger Chase-Abschied droht, seinem früheren Image als "Bad Brad" alle Ehre tat. Erst drückte er Kenseth bei einem späten Restart in die Mauer, dann kam es zu einem weiteren Kontakt mit Hamlin. Kenseth revanchierte sich bei einem "Wave-Around", Hamlin nach Rennende.

Daraufhin brannten bei Keselowski alle Sicherungen durch. Erst eine Revancheaktion gegen Hamlin, die fast in einem Dreher endete, dann eine sehr unschöne Aktion in der Boxengasse gegen Kenseth, der bereits Helm, HANS-System und die Gurte gelöst hatte. Zu allem Überfluss schob er den Kenseth-Toyota dabei in das Heck des völlig unbeteiligten Tony Stewart, der daraufhin seinerseits den Rückwärtsgang einlegte und mit seinem Stewart/Haas-Chevrolet die Frontpartie von Keselowskis Penske-Ford aufs Korn nahm.

Es folgten Jagdszenen in Charlotte, die natürlich von diversen Verbalattacken begleitet wurden. "Ich bin auf ihn losgegangen, weil ich in der Boxengasse nicht verletzt oder getötet werden möchte", wetterte Kenseth in die Mikrofone der TV-Anstalten. "Er hätte mich durch die Autotüre hindurch treffen können und ich könnte jetzt im Krankenhaus liegen, weil er ein Idiot ist."

Sarkasmus bei Keselowski

Teamkollege Hamlin legte nach: "Er ist einfach außer Kontrolle. Er ist ganz offensichtlich verzweifelt und lieber haben vier oder fünf von uns Unrecht, als dass er Unrecht hat, denn er ist einfach nur sauer auf alles und jeden. Es ist sehr enttäuschend, er führt sich auf wie ein Volltrottel und nicht wie ein Champion." Hamlin war übrigens derjenige, der Keselowski einst seinen Spitznamen "Bad Brad Crashalotzki" verpasste.

Denny Hamlin

Denny Hamlin ist seit Charlotte stinksauer auf Brad Keselowski Zoom

Der viel gescholtene Keselowski versuchte sich in einer Verteidigung: "Nach dem Rennen stoppte Hamlin direkt vor mir und wollte einen Streit anfangen. Ich weiß nicht warum, aber er lenkte sein Auto direkt in meines. Da war mir klar, dass wir nach dem Rennen unter Gelb ein wenig 'Car Wars' spielen und ich habe mitgemacht. Diese Jungs können austeilen, aber nicht einstecken. Ich habe zurückgeschlagen und nun wollen sie kämpfen."

Auch zu den heftigen Vorwürfen der Gibbs-Fraktion nahm er, mit sehr sarkastischem Unterton, Stellung: "Ja klar bin nur ich alleine daran schuld. Kenseth und Hamlin sind beide in mich reingefahren und nach dem Rennen habe ich mich revanchiert. Das haben sie nicht verkraftet." Kenseths Schilderung war da etwas ausführlicher.


Kenseth gegen Keselowski

"Ich habe gesehen, wie er Denny mitten in der Kurve treffen wollte. Dazu hat er auf der Strecke sogar Donuts gedreht. Ich wollte zurück in die Boxengasse, wo viele Leute zu Fuß und ohne ihre Helme unterwegs sind. Er kommt 50 Kilometer schneller als ich angerauscht und rammt mein Auto in das von Tony Stewart. Das ist eine sehr unsichere Situation, denn ich saß bereits abgegurtet im Auto. Das war extrem gefährlich."

Und nun folgt Talladega ...

Denn eines wollte Kenseth in aller Deutlichkeit klarstellen: "Wenn er mich auf der Strecke treffen will, dann ist das eine Sache. Das hat er in dieser Saison bereits dreimal gemacht, das kann er gut. Aber in der Boxengasse, nach dem Rennen, wenn alle herumstehen und nicht mehr angegurtet sind, dafür gibt es ganz einfach keine Entschuldigung."

Matt Kenseth

Matt Kenseth entspricht normalerweise eher dem besonnenen Typ Rennfahrer Zoom

"Er ist ein Champion und er wird der Erste sein, der dir erzählt, dass er der Beste ist. Er wusste, dass ich da bin und er hat mich in die Mauer gedrückt, weil er nicht wollte, dass ich ihn überhole. Klar war ich darüber nicht gerade glücklich." Mit dem bekannten Ende: Schwitzkasten für Keselowski und ein ganz dicker Kenseth-Hals. Das alles kommt nicht gerade zum optimalen Zeitpunkt.

Denn nun folgt am kommenden Wochenende ausgerechnet die so heikle Restrictor-Plate-Schlacht von Talladega, in der es in jeder Millisekunde zum gefürchteten "Big-One" kommen könnte. Hamlin über Keselowski: "Er wird wahrscheinlich versuchen, alle anderen abzuräumen. Das ist seine einzige Chance. Er wird wieder jenseits aller Kontrolle sein, so wie immer. Wir werden versuchen, unseren Job zu machen. Glücklicherweise hat er uns heute nicht erwischt, denn wenn das so gewesen wäre, dann würde ich jetzt auch auf ihn warten."


NASCAR in Charlotte

Übrigens: Später wendete sich Keselowski via 'Twitter' an die Öffentlichkeit: "Das war eine raue Nacht. Mir ist klar, dass nicht alle alles verstehen werden, was passiert ist und das ist auch okay so. Ich bin nicht perfekt, aber dabei bin ich nicht der Einzige." Was nicht unbedingt darauf schließen lässt, dass sich die Vorfälle der Charlotte-Nacht bereits in Wohlgefallen aufgelöst haben. Es besteht noch Diskussionsbedarf. Mindestens bis Talladega.