Wildes Watkins Glen: Allmendinger ringt Ambrose nieder

A.J. Allmendinger schlägt Marcos Ambrose im direkten Duell um Watkins-Glen-Sieg und Chase-Ticket: Erster Sieg für den Kalifornier, heftiger Crash Newman/McDowell

(Motorsport-Total.com) - A.J. Allmendinger (JTG-Chevrolet) vs. Marcos Ambrose (Petty-Ford): So lautete das faszinierende Duell um den Sieg beim Cheez-It 355 in Watkins Glen. Für beide ging es beim zweiten Rundstreckenrennen der Sprint-Cup-Saison neben dem Rennsieg auf der Berg-und-Talbahn im US-Bundesstaat New York vor allem um eines: Ein Ticket für den NASCAR-Chase 2014.

Titel-Bild zur News: AJ Allmendinger

Geschafft: Erster Sprint-Cup-Sieg für A.J. Allmendinger und JTG/Daugherty Racing Zoom

Nach einem fesselnden Duell in der Schlussphase des 90-Runden-Rennens war es schließlich Allmendinger, der sich durchsetzte und gewann. Sowohl der 32-jährige Kalifornier als auch sein Arbeitgeber - das Einwagenteam JTG/Daugherty Racing - bogen damit zum ersten Mal überhaupt in die Victory Lane eines Sprint-Cup-Rennens ein.

"Ich kann nicht glauben, dass wir ein Sprint-Cup-Rennen gewonnen haben. Es ist unser erster gemeinsamer Sieg und mein erster Sieg überhaupt. Dieses Team hat es einfach verdient. Ich hoffe, dass die Fans an der Strecke und zu Hause vor dem Fernseher ihren Spaß hatten", so Allmendingers erste Reaktion auf das fesselnde Duell mit Ambrose.

Nachdem er sich sowohl beim ersten Rundkurs-Rennen des Jahres in Sonoma als auch am Watkins-Glen-Freitag bestens aufgelegt präsentiert hatte, brachte Allmendinger den JTG-Chevy diesmal tatsächlich als Erster ins Ziel. Schon in Runde 20 und damit zehn Runden früher als Ambrose hatte er unter Grün zum ersten Mal die Box angesteuert.


Fotos: NASCAR in Watkins Glen


Der zweite Stopp folgte in Runde 49 und damit erneut deutlich früher als bei den übrigen Spitzenfahrern. Der letzte Stopp war dann ein reines Nachtanken in Runde 57. Zwar musste Allmendinger anschließend noch zittern, ob der Sprit bis zur Zieldurchfahrt reichen würde, doch eine turbulente Schlussphase mit zahlreichen Gelbphasen führte dazu, dass ein Spritpoker ausblieb.

Zu den ersten Gratulanten in der Victory Lane gehörte neben Richard Childress (mit dessen Team JTG/Dauhterty Racing eine technische Partnerschaft unterhält) auch Roger Penske. Der "Captain" hatte Allmendinger nach dessen Amphetamin-Affäre aus dem Sommer 2012 eine neue Chance im IndyCar und auch im Nationwide-Auto gegeben. Im Sprint-Cup fährt Allmendinger seit gut einem Jahr für das Einwagenteam JTG/Daugherty Racing. Gemeinsam zog man nun den ersten ganz großen Erfolg an Land.

Ambrose musste sich nach hartem Kampf mit Platz zwei zufriedengeben. Der Australier in Diensten von Richard Petty Motorsports hatte die ersten 29 Runden auf Platz zwei hinter Polesetter Jeff Gordon (Hendrick-Chevrolet) verbracht. In Runde 30 kam er unter Grün zum ersten Boxenstopp herein und lag fortan vor Gordon, der eine Runde zuvor beim Service war.


A.J. Allmendinger vs. Marcos Ambrose

In der Schlussphase des Rennens war es dann nicht mehr der viermalige NASCAR-Champion in Diensten von Hendrick Motorsports, sondern der bis dahin noch sieglose Allmendinger am Steuer des JTG-Chevrolet, der Ambrose im Kampf um den Sieg am heftigsten zusetzte. Nach dem Fuel-Only-Stop in Runde 57 musste sich Ambrose zunächst an Greg Biffle und Carl Edwards (beide Roush-Ford) sowie Kurt Busch (Stewart/Haas-Chevrolet) vorbei arbeiten, bevor er Jagd auf Spitzenreiter Allmendinger machen konnte.

In den folgenden Runden entwickelte sich zwischen den beiden Rundkursspezialisten, die für eine erfolgreiche Chase-Qualifikation beide dringend ihren ersten Saisonsieg brauchten, ein packendes Duell. Ambrose kam nach anfangs knapp drei Sekunden Rückstand langsam aber sicher näher, bevor es in Runde 78 aufgrund eines Ausrutschers von Josh Wise (Parsons-Ford) in der Schikane nochmals eine Full-Course-Yellow gab.

Ambrose nach beinhartem Duell knapp geschlagen

Die Spitze blieb geschlossen auf der Bahn. Allmendinger setzte sich beim Restart gegen Ambrose durch, musste nur kurze Zeit später aber wieder vom Gas, weil sich Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet) nach Berührung von Matt Kenseth (Gibbs-Toyota) in Kurve 1 gedreht hatte.

Beim folgenden Restart schaffte es Ambrose dann, sich in Kurve 1 innen neben Allmendinger zu setzen. Der aber hielt beinhart dagegen. Seite an Seite rasten beide durch die Esses bis sich Ambrose beim Anbremsen der Schikane innen durchsetzte. Allmendinger aber konterte nur eine halbe Runde später beim Anbremsen von Kurve 1 und holte sich die Führung zurück.

AJ Allmendinger, Marcos Ambrose

Marcos Ambrose (9) fand in Allmendinger (47) seinen Meister Zoom

Nachdem es vier Runden vor Schluss eine Rote Flagge aufgrund der nahezu zeitgleich aufgetretenen Abflüge von Denny Hamlin (Gibbs-Toyota) am Eingang und von Alex Kennedy (Circle-Chevrolet) am Ausgang der Boxengasse gegeben hatte, musste der letzte Restart in der 89. von 90 Runden die Entscheidung bringen. Allmendinger behielt auch bei diesem kühlen Kopf, setzte sich in den Esses erneut gegen Ambrose durch, musste diesen in aber in Kurve 5 ziehen lassen.

Diesmal jedoch konterte der Kalifornier noch schneller: Schon in Kurve 6 ging er innen wieder am Australier vorbei und sah die weiße Flagge für die letzte Runde als Führender. Im Verlauf der letzten 3,942 Kilometer ließ sich Allmendinger den Sieg nicht mehr nehmen. Ambrose war geschlagen und musste sich mit Platz zwei zufriedengeben. "Zunächst einmal Glückwunsch an A.J. Er hat diesen Sieg wirklich verdient. Ich rüttelte ein paar Mal an seinem Käfig, mehr konnte ich nicht tun. Er hielt dem Druck stand, aber es war knapp. Glückwunsch an A.J.", lautete die erste Reaktion des unterlegenen "Tasmanian Devil" in Diensten von Richard Petty Motorsports.

Polesetter Gordon von Elektrikdefekt lahmgelegt

Jeff Gordon hatte von der Pole-Position gestartet bis zum ersten Boxenstopp in Runde 29 das Geschehen bestimmt. Nach dem Routinestopp lag er auf einem sicheren zweiten Rang hinter Ambrose, bis ihm in Runde 50 der Motor abstarb. Gordon erreichte die Boxengasse nur dank tatkräftiger Unterstützung eines Bergungstrucks.

Jeff Gordon

Jeff Gordon führte die ersten 29 Umläufe, verlor dann aber vier Runden: Platz 34 Zoom

"Das Auto verlor einfach Leistung, aber wir können die Ursache nicht finden", so die erste Stellungnahme von Teambesitzer Rick Hendrick, während am weinroten Hendrick-Chevy mit der Startnummer 24 die elektrischen Verbindungen geprüft und die Batterie getauscht wurde. Mehr als Platz 34 war nach einem Verlust von vier Runden nicht mehr zu holen.

Noch als Gordon infolge seines technischen Problems langsam die Start/Ziel-Gerade herunterrollte, zeigte NASCAR die Gelbe Flagge. Diejenigen, die draußen blieben waren ausgerechnet Gordons Hendrick-Teamkollegen Jimmie Johnson, Dale Earnhardt Jr. und Kasey Kahne und darüber hinaus Denny Hamlin (Gibbs-Toyota), der spätere Sieger Allmendinger und Jamie McMurray (Ganassi-Chevrolet).

Heftiger Crash mit Newman und McDowell endet glimpflich

Bevor das Rennen wieder einen Rhythmus fand, musste es aufgrund eines heftigen Crashs mit der Roten Flagge unterbrochen werden: Greg Biffle kam ausgangs Kurve 5 zu weit nach außen und verlor an Schwung. Der nachfolgende Ryan Newman wurde überrascht und schlug mit seinem Childress-Chevrolet in die Leitplanke auf der rechten Seite der Strecke ein. Von dort wurde das Auto auf die Piste zurückgeschleudert.

Michael McDowell

Wildes Watkins Glen: Michael McDowell (95) und Ryan Newman crashen in Runde 56 Zoom

Die nachfolgenden Fahrzeuge konnten dem Newman-Wrack mit viel Glück ausweichen, nur einem gelang dies nicht: Michael McDowell. Der Kalifornier erwischte das Auto von Newman, woraufhin sein Leavine-Ford ausgehebelt wurde und mit dem Heck voran heftig auf der linken Seite der Strecke einschlug. Dort riss der Einschlag ein riesiges Loch in die Leitplanke, während es am Ford Fusion die Hinterachse herausriss. Um die Leitplanken erneuern zu können, war die Rote Flagge war die einzig logische Folge.

Newman konnte seinem Wrack sofort aus eigener Kraft entsteigen, McDowell wenige Minuten später ebenfalls. Im Fahrerlager angekommen, kritisierte Newman umgehend den Sicherheitsstandard in Watkins Glen. Vor fünf Jahren waren an exakt derselben Stelle Sam Hornish Jr. und Jeff Gordon im Zuge eines ganz ähnlichen Unfalls heftig abgeflogen. Safer-Barriers wie auf den Ovalen inzwischen üblich gibt es in Watkins Glen nach wie vor nicht.

Kurioser erster Boxenstopp von Harvick

Als das Rennen nach 81-minütiger Unterbrechung wieder aufgenommen wurde, leiteten die Fuel-Only-Stops, bei denen Allmendinger am schnellsten abgefertigt wurde, die spannende Schlussphase ein. Hinter dem siegreichen Kalifornier und dem zweitplatzierten Marcos Ambrose kam Kurt Busch auf Platz drei ins Ziel, gefolgt von Rookie Kyle Larson (Ganassi-Chevrolet) und Edwards im bestplatzierten Roush-Ford.

Kevin Harvick

Kevin Harvick kämpfte sich noch bis auf Platz sieben nach vorn Zoom

Platz sechs ging an Joey Logano (Penske-Ford) vor Kevin Harvick. Dieser war mit seinem Stewart/Haas-Chevrolet schon in Runde drei unter Grün an der Box. Der Grund war ein äußerst ungewöhnlicher: Nach dem obligatorischen Wiegen vor dem Start (ohne Fahrer) wurde im Auto von Harvick etwas Ballast vergessen. Dieser machte sich in der Anfangsphase des Rennens selbständig. Harvick blieb keine andere Wahl als seine Crew aufzusuchen, um den im Fußraum störenden Ballast aus dem Auto entfernen zu lassen. Biffle, Kenseth und Brian Vickers (Waltrip-Toyota) machten die Top 10 nach 90 Runden komplett.

Kein Glück für Stewart-Ersatz Smith, Keselowski und Kyle Busch

Nelson Piquet Jr. (Humphrey-Ford) beendete sein Sprint-Cup-Debüt auf Platz 26. Regan Smith, der bei Stewart/Haas Racing kurzfristig als Ersatz für den nicht angetretenen Tony Stewart einsprang, zeigte ungeachtet der Tatsache, dass die erste Rennrunde seine erste Sprint-Cup-Runde seit Charlotte im Oktober 2013 war, eine solide Leistung. Beim Restart in Runde 81 hatte Smith aber keine Chance, den sich in Kurve 1 mitten im Feld drehenden Jimmie Johnson auszuweichen: Platz 37 für den Tony-Stewart-Ersatzmann.

Regan Smith, Jimmie Johnson

Kollision zwischen Tony-Stewart-Ersatz Regan Smith (14) und Jimmie Johnson Zoom

Brad Keselowski (Penske-Ford) rauschte bereits in der Anfangsphase beim Anbremsen von Kurve 1 ins Heck von Matt Kenseths Gibbs-Toyota und verbog sich die Front. In der zweiten Rennhälfte quittierten zudem die hinteren Bremsen ihren Dienst. Nach drei zweiten Plätzen in den Jahren 2011 bis 2013 reichte es Keselowski beim diesjährigen Auftritt der Sprint-Cup-Meute in Watkins Glen nur zu Platz 35.

Auch bei Vorjahressieger Kyle Busch lief es nicht nach Plan. In Runde 24 brachte er seinen Gibbs-Toyota unter Grün zum ersten Boxenstopp, schleifte beim Herausfahren aber die Tankkanne mit, wodurch wertvolle Sekunden verlorengingen. Nur vier Runden später kam er mit zerfetztem linken Vorderreifen erneut unter Grün herein. Vorausgegangen waren zwei Berührungen mit Martin Truex Jr. (Furniture-Row-Chevrolet; 13.) in der Schikane beziehungsweise direkt danach in Kurve 5. Unterm Strich wurde Kyle Busch auf Platz 40 gewertet.

Am kommenden Wochenende steht zum zweiten Mal binnen zweier Monate der Michigan Speedway auf dem Sprint-Cup-Fahrplan.