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  • 13.08.2014 14:04

  • von Pete Fink

Der Fall Tony Stewart: Wie geht es jetzt weiter?

Schwere Tage für Tony Stewart: Wie ist der Stand der Ermittlungen? Was sagen die Rechtsexperten? Und wie geht es nun mit seiner Karriere weiter?

(Motorsport-Total.com) - Die polizeilichen Untersuchungen rund um den tragischen Todesfall von Kevin Ward Jr., der in der Nacht von Samstag auf Sonntag von Tony Stewarts Sprint-Car erfasst wurde und starb, beschäftigen die Behörden noch mindestens zwei Wochen. Dies gab das Büro von Phil Povero, dem zuständigen Sheriff von Ontario County, am Dienstagabend bekannt. Hintergrund sind vermutlich die wild ins Kraut schießenden Spekulationen rund um die Unfallhintergründe, denen sich die Behörde entgegen stellen möchte.

Titel-Bild zur News: Tony Stewart

Tony Stewart und die Fans: Gibt es bald wieder glücklichere Tage? Zoom

"Die Untersuchungen rund um den Tod von Kevin Ward Jr. aus Lewis County, N.Y., gehen weiter und werden noch mindestens zwei oder mehr Wochen andauern", heißt es in der offiziellen Bekanntgabe. "Die Ermittler sprechen mit Zeugen, sammeln Beweismaterial und versuchen, die Entwicklung des Unfalls auf der Rennstrecke zu rekonstruieren. Daher ist es nicht angebracht, zu diesem Zeitpunkt Details oder erste Erkenntnisse mit den Medien zu diskutieren."

Nach dem Abschluss der Untersuchungen wird man sich "mit dem zuständigen Staatsanwalt besprechen" und "zu diesem Zeitpunkt wird es dann auch weitere Informationen darüber geben, was beschlossen wurde." Dies natürlich im Zusammenhang mit der Schuldfrage Stewarts. Der NASCAR-Star wurde mittlerweile zweimal befragt, den Ermittlern liegen zwei Amateurvideos vor und Povero betonte mehrmals, dass es bisher keine Indizien dafür gebe, die für eine Schuld Stewarts sprechen. Die Behörden gehen nach wie vor von einem Rennunfall aus.

Welche Konsequenzen könnte es geben?

Natürlich wird in den USA trotzdem darüber diskutiert, welche juristischen Folgen es für Stewart geben könnte. Sollte die Staatsanwaltschaft im Verlauf der Ermittlungen zum Beispiel zu der Erkenntnis gelangen, dass der 43-Jährige "in rücksichtsloser Manier den Tod eines Menschen" in Kauf genommen habe, dann könnten die Behörden Anklage wegen fahrlässiger Tötung in einem minderschweren Fall erheben (second-degree manslaughter). Dies gab nun Corey Yung, Professor der juristischen Fakultät der Universität Kansas, gegenüber der 'AP' zu Protokoll.

"Für Stewart wäre es das Schlimmste, wenn seine Schilderung des Unfalls in den Widerspruch mit anderen Beweisen käme", so Yung. "Denn dann würde seine Version der Geschichte in Frage gestellt werden." Das Problem an der Sachlage: "Das war ja nicht nur eine einfache Kollision. Das ist ein wesentlich komplexeres Szenario. Wir unterstellen, dass Stewart dies alles nicht wollte - und trotzdem gibt es einen Toten." Also ähnlich geartet einem Verkehrsunfall mit Todesopfer oder - bezogen auf das allgemeine Sportgeschehen - zum Beispiel einem Boxkampf mit Todesfolge.

Tony Stewart

Wann wird Tony Stewart wieder in seinem Cockpit Platz nehmen? Zoom

Dies alles natürlich nur in einem Worst-Case-Szenario, worauf nach dem derzeitigen Stand der Dinge nichts hinweist. Etwas anders verhält sich die Situation auf der Ebene einer Zivilklage, die etwa die Familie Ward auch dann anstreben könnte, wenn die Staatsanwaltschaft nicht tätig wird. Zudem gibt es natürlich noch den erheblichen Schaden, den Stewarts weitere Karriere in vielerlei Hinsicht nehmen kann. Der dreifache NASCAR-Champion ist Mitbesitzer von Stewart/Haas Racing und damit verantwortlich für ein Millionenbudget bestehend aus diversen Sponsorengeldern.

Die Liebe zu den Dirt-Tracks

Es sind ohne Zweifel schwierige Tage für einen der ganz großen Sympathieträger der NASCAR-Szene, dem sein großes Hobby, die Dirt-Tracks, nun gleich mehrere Male binnen weniger Monate einen heftigen Schicksalsschlag versetzt haben. Erst der schwere Unfall, der Stewart über sechs Monate aus dem Verkehr zog (kein Chase, keine Titelchance 2013). Nun der tragische Unfall mit Todesfolge, den "Smoke" mit Sicherheit nur schwer verarbeiten kann. Zu intensiv ist seine Zuneigung zu den Dirt-Tracks, dem Sport also, dem er seine gesamte Karriere zu verdanken hat.

Erik Jones, Darrell Wallace, Jeb Burton

Der Eldora Speedway ist der bekannteste Dirt-Track der USA Zoom

Viele aktuelle NASCAR-Stars sind auf den Dirt-Tracks groß geworden, aber Stewart ist der einzige, der dort noch aktiv ist. Zum Beispiel Kasey Kahne, Greg Biffle oder Clint Bowyer verzichten seit Jahren auf Renneinsätze, obwohl neben Stewart auch Kahne nach wie vor ein eigenes Dirt-Track-Team unterhält. Und Stewart ist auch der Streckenchef des Eldora Speedways, also der Dirt-Track-Strecke, die es 2013 zurück in den NASCAR-Kalender geschafft hat, als die NASCAR-Trucks ein Comeback gaben.

Alle wissen: Die so spektakulären Sprint-Cars sind gleichzeitig kreuzgefährlich. Erst im Frühsommer 2013 verlor NASCAR-Pilot Jason Leffler bei einem Unfall sein Leben. Die Sicherheitsstandards in den regionalen Klassen sind bei weitem nicht vergleichbar mit denen der NASCAR. Gleiches gilt auch für die schwierigen Sichtverhältnisse (siehe Onboard-Video). Nicht nur die vielen Tony-Stewart-Fans fragen sich also zurecht: Warum setzt sich "Smoke" nach wie vor einem so großen Risiko aus?


Sichtverhältnisse: Beispiel eines Onboard-Videos

Noch steht der Name Stewart auf der Meldeliste für das Pure Michigan 400. Rein sportlich gesehen, muss er am Wochenende in seinem Stewart/Haas-Chevrolet mit der Startnummer 14 sitzen, um sich eine theoretische Chance auf eine Chase-Qualifikation 2014 aufrecht zu erhalten. Eine Anforderung der NASCAR ist es, dass sich ein Playoff-Kandidat an jedem Rennwochenende der Qualifikation stellt, was Stewart in Watkins Glen erfüllt hat. Doch ob sich der vermutlich äußerst angeschlagene dreifache NASCAR-Champion diesem Druck aussetzen kann und möchte, bleibt abzuwarten.