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  • 20.03.2013 17:47

  • von Pete Fink

Vorschau 2013 - Teil 3: Die großen Drei

Im dritten und letzten Teil der IndyCar-Saisonvorschau 2013 blickt 'Motorsport-Total.com' auf die großen Favoritenteams von Ganassi, Penske und Andretti

(Motorsport-Total.com) - Auch in diesem IndyCar-Jahr wird bei der Titelvergabe wahrscheinlich kein Weg an den "Big Three" der US-Formelszene vorbeigehen. Aus gutem Grund: Zu deutlich hatten die Mannen um Chip Ganassi, Roger Penske und Michael Andretti in den vergangenen Jahren (und Jahrzehnten) die Situation im Griff. Doch auch bei den großen Drei der IndyCars gab es im Winter 2012/2013 einige Veränderungen.

Titel-Bild zur News: Ryan Hunter-Reay

Ryan Hunter-Reay: Die 1 geht mit der 1 in die neue IndyCar-Saison Zoom

So verlor zum Beispiel Ganassi mit dem Abgang von Graham Rahal eines seiner beiden B-Teams, bei Team Penske musste Ryan Briscoe gehen und wird nur phasenweise durch NASCAR-Gaststarter AJ Allmendinger ersetzt. Im Gegensatz dazu rüstete Michael Andretti wieder auf und holte den finanzstarken Ernesto Viso an Bord. Mit diesem dritten Teil schließt 'Motorsport-Total.com' die Vorschau auf die IndyCar-Saison 2013 ab.

Nach wie vor die Nummer eins bei Honda

Ganassi ist auch in diesem Jahr wieder die eindeutige IndyCar-Speerspitze von Honda. Man setzt auf den Faktor Stabilität - im A-Team gab es keinerlei personelle Veränderungen: Das altgediente Fahrergespann Scott Dixon (9) und Dario Franchitti (10) wird versuchen, die 2012 unterbrochene Ganassi-Dominanz wiederherzustellen. Zwischen 2008 und 2011 ging der IndyCar-Titel viermal in Folge an ein Ganassi-Team, im Vorjahr landete Dixon als bestplatzierter Target-Pilot auf Gesamtrang drei.

"Vergangene Saison waren wir eher dezent unterwegs", rekapituliert Dixon. "Es ging auf und ab. Wir kamen fünfmal nicht ins Ziel und da war ja noch die Strafe von Milwaukee. Auch in Texas bin ich mir selber auf die Zehen getreten und trotzdem haben wir die Meisterschaft nur um 35 Punkte verpasst." Daraus zieht er seine Schlüsse: "Wenn wir mehr Zuverlässigkeit und Konstanz in die Sache hineinbringen können, dann sieht es eigentlich gut aus."

Scott Dixon

Scott Dixon war im Vorjahr der bestplatzierte Ganassi-Pilot Zoom

Über den Winter ist bei Ganassi "hart gearbeitet worden, aber wir werden die Ergebnisse erst zum Saisonstart sehen." Ganz ähnlich formuliert es sein Teamkollege: "Wir haben uns vorbereitet, so gut es eben ging", sagte Dario Franchitti mit einem kleinen Seitenhieb auf die sparsamen Testmöglichkeiten. "Wir wissen, dass hinter uns ein Top-Team steht und auch Honda hat im Winter an den Motoren gearbeitet. Es gibt also eine Menge neuer Details, die uns hoffentlich einen Vorteil verschaffen."

Das Ziel des in dieser Saison 40 Jahre alt werdenden Schotten ist klar: "Ein weiterer Titel und der Sieg im Indy 500." Bei den offiziellen Vorsaison-Tests im Barber Motorsports Park gab Franchitti als 15. eine eher dezente Vorstellung ab. Teamkollege Dixon landete nach zwei kompletten Testtagen auf Rang sieben. "Die letzten 30 Minuten waren aufgrund zweier Dreher etwas chaotisch", begründet Dixon. "Zudem veränderten wir bei unserem letzten neuen Satz Reifen das ECU. Auch die Balance war noch nicht optimal."


Fotos: IndyCar-Tests im Barber Motorsports Park


Kein Zweifel: Wer in der anstehenden IndyCar-Saison 2013 die Meisterschaft holen möchte, der muss in der Lage sein, die beiden Ganassi-Boys zu schlagen. Doch da gibt es ja noch einen dritten Piloten im B-Team, das nach dem Abgang von Graham Rahal um eine Mannschaft verkleinert wurde. Charlie Kimball stellte seinen Ganassi-Honda in Barber auf einen guten achten Platz und gab sich danach optimistisch.

"Wir haben im Winter einen Schritt nach vorne gemacht", versicherte der 28-jährige Kalifornier, der nach wie vor an Diabetes Typ 1 leidet. "Noch hat in Barber nicht alles gepasst, aber wir wissen, wo wir die Zeit herausholen können." Sechsmal kam Kimball in der abgelaufenen Saison 2012 in die Top 10. Sein bisheriges Top-Resultat ist ein toller zweiter Platz in Toronto. Was Dixon und Franchitti können, ist hinlänglich bekannt. Bleibt also die Frage, ob auch Kimball für die eine oder andere Überraschung gut sein wird?

Ist nun das Power-Jahr gekommen?

Will Power

Will Power: Wer kann die Startnummer 12 in dieser Saison schlagen? Zoom

Kaum zu glauben aber wahr: Der letzte Penske-Titelträger bei den IndyCars ist nach wie vor Sam Hornish Jr. in der Saison 2006. Seitdem hat Roger Penske immer das Nachsehen gegen die starke Konkurrenz aus den Häusern Ganassi und Andretti gehabt. Doch damit soll 2013 endgültig Schluss sein - und in Sachen Ausgangslage gibt es auch gar keinen Zweifel: Will Power geht nach drei Vizemeisterschaften in Folge als absoluter Top-Favorit in die neue Saison.

Eindrucksvoll stellte dies der 32-jährige Australier in Barber unter Beweis: Vier Testsitzungen, vier Bestzeiten. Am Ende fuhr er mit einer Zeit von 1:07.133 Minuten einen absoluten Rundenrekord auf einer Strecke, die den Piloten jede Menge Grip bot. "Das war ein guter Start und jetzt ruhe ich mich bis St. Petersburg aus, um Kraft für die neue Saison zu tanken", kommentierte Power, der sich von seinen drei Silbermedaillen in Folge nicht entmutigen lässt. Im Gegenteil.

Auch für seinen Teamkollegen Helio Castroneves ist die Rollenverteilung klar. "Will hat in den letzten drei oder vier Jahren bewiesen, was für ein unglaublich guter Pilot er auf den Nicht-Ovalen ist", sagte der "Spiderman". "Vor allem im Qualifying kannst du vielleicht in ein oder zwei Kurven mit ihm mithalten, aber er bringt das alles auf eine komplette Runde zusammen. Und er ist richtig clever, wenn es darum geht, im Rennen einmal die Pace zu verändern. Das ist seine absolute Stärke."

Helio Castroneves

Helio Castroneves weiß, wie stark sein Teamkollege Power ist Zoom

Auch die Schwäche ist bekannt, woran Power weiterhin arbeiten wird. "Auf den Ovalen nutzen wir quasi identische Setups", verrät Castroneves. "Er hat nun genug Erfahrung auf den Ovalen, das wird ihm weiterhelfen." Die Penske-Strategie für 2013 sieht demnach so aus: "Bei uns zielt alles darauf ab, dass wir zwei Autos auf allen Streckentypen ganz nach vorne bringen können." Wohlgemerkt zwei, nicht wie noch in den Vorjahren drei. Ryan Briscoe fiel durch den Rost und wird frühestens zum Indy 500 zurückerwartet. Dann aber vermutlich nicht bei Penske.

Denn den dritten Penske-Chevrolet mit der Startnummer 2, der in dieser Saison nur an ausgewählten IndyCar-Wochenenden zum Einsatz kommen wird, fährt NASCAR-Rückkehrer A.J. Allmendinger. Der Kalifornier testete bereits einige Male - unter anderem auch in Barber, wo er am 7. April erstmals seit 2006 ein Rennen fahren wird. Bei diesen Tests kam Allmendinger auf Rang 18 und verlor dabei rund eine Sekunde auf Power.

"Ich muss noch viel lernen", lautete sein knappes Fazit. "Mit einigen Schritten bin ich ganz zufrieden, aber nun liegt es an mir, den Speed des Autos auch in gute Zeiten umzusetzen." Dieses Ziel verfolgt übrigens auch IndyCar-Veteran Castroneves, der die Aussicht auf seinen ersten IndyCar-Titel nicht kampflos aufgeben will: "Wir sehen wieder sehr gut aus. Ich freue mich sehr auf die neue Saison."

War 2012 nur eine Eintagsfliege?

Ryan Hunter-Reay

Stolz präsentiert Ryan Hunter-Reay seine neue Startnummer 1 Zoom

Ehre, wem Ehre gebührt: Natürlich schließt unser Ausblick auf die neue IndyCar-Saison 2013 mit dem Meisterteam von Andretti Autosport und dem Champion Ryan Hunter-Reay. Wichtigste Änderung im Winter: Nach vielen Jahren gibt es wieder einmal eine Startnummer 1, die der 32-jährige gebürtige Texaner mit Wohnsitz in Florida statt seiner 28 nutzen wird. Und Hunter-Reay knüpfte in Barber fast nahtlos an seine guten Vorjahresleistungen an. Aber eben nur fast.

"Wir müssen die Lücke zu den Penske-Boys schließen", analysierte er seinen fünften Platz mit einem Abstand von etwa einer halben Sekunde auf Leader Power. "Wir wissen aber, was in unserem Auto steckt, wir haben unseren schnellsten Run auf neuen Reifen nicht ganz hinbekommen." Noch schneller als Hunter-Reay war James Hinchcliffe mit einem starken zweiten Platz. Geburtstagskind Marco Andretti - jetzt 26 Jahre alt - und Neuzugang Ernesto Viso kamen noch nicht zurecht und landeten abgeschlagen auf den Positionen 22 und 20.

Die ganz große Frage im Andretti-Team ist es, ob Hunter-Reays Meisterschaft nur eine Eintagsfliege war. Zu Saisonbeginn 2012 hatte ihn jedenfalls kaum jemand auf dem Zettel, doch drei Sommersiege in Folge (Milwaukee, Iowa und Toronto) katapultierten ihn mitten in das Titelgeschäft, das er am Ende gegen Will Power und für sich entschied. "Ryan ist der König der Straßenkurse", zollt ihm Teamkollege Hinchcliffe Respekt. "Da kann ich noch viel lernen."

James Hinchcliffe

James Hinchcliffe geht in seine zweite Andretti-Saison Zoom

Während das Titelverteidiger-Team ohne personelle Veränderungen ins neue Jahr geht, bekommt der Kanadier in Craig Hampson einen neuen Chef-Ingenieur, den er aus alten Newman/Haas-Zeiten noch gut kennt. "Wir haben in der zweiten Saisonhälfte an Schwung verloren, als alle anderen mit dem neuen Auto aufgeholt haben", analysiert Hinchcliffe, der bis zum Juli 2012 selbst noch Außenseiterchancen auf den Titel hatte. Am Ende landete er auf Gesamtrang acht.

Das große Sorgenkind im Team heißt Marco Andretti. An seinen Fahrkünsten auf den IndyCar-Ovalen gab es nie Zweifel, doch auf den Straßenkursen kam er in den vergangenen Jahren nicht mehr zurecht. Selbstkritisch begab sich der Andretti-Spross im Winter sogar nach Europa, um mit einem Fahrer-Coach an seinen Schwachpunkten zu arbeiten. "Ich habe den Reifen in den Kurven zuviel abverlangt", weiß Andretti jetzt. "Mir ist klar, dass ich meinen zu aggressiven Fahrstil verändern muss."

So etwas dauert seine Zeit und geht garantiert nicht über Nacht, was sein dezentes Barber-Ergebnis erklärt. In Sachen Setup gibt es sowieso nur einen im Andretti-Team, auf den sie alle blicken: "Ich wäre dumm, wenn ich mir nicht Ryans Daten ganz genau ansehen würde." Der neue vierte Mann im Andretti-Team ist Ernesto Viso, der sich mit den Öl-Millionen aus Venezuela einkaufte. Visos größte Aufgabe wird es sein, sich in das funktionierende Andretti-Trio Hunter-Reay, Hinchcliffe und Marco Andretti einzugliedern und nicht zum Fremdkörper zu werden.