powered by Motorsport.com
  • 19.02.2012 04:35

  • von Pete Fink

Kyle-Busch-Show im Shootout-Crashfest!

Ein hoch spektakuläres Budweiser Shootout geriet nach drei Massenkarambolagen zu einer Show von Kyle Busch - Jeff Gordon nach Überschlag unverletzt

(Motorsport-Total.com) - Was für ein wilder NASCAR-Saisonauftakt 2012! Drei "Big Ones" in nur 82 Rennrunden und Jeff Gordon mit einer riesigen Schrecksekunde: Nach einem zweieinhalbfachen Überschlag entstieg er seinem total zerstörten Hendrick-Chevrolet glücklicherweise unverletzt. Am Ende sahen die Zuschauer auf dem Daytona International Speedway eine schier unglaubliche Show von Kyle Busch (Gibbs-Toyota), der Champion Tony Stewart (Stewart/Haas-Chevrolet) im Zielsprint um die Winzigkeit von 0,013 Sekunden niederrang.

Titel-Bild zur News: Kyle Busch

Big One Nummer drei - und eigentlich war Kyle Busch (u.) weg vom Fenster

Dabei schien die Startnummer 18 im Rennverlauf bereits zweimal geschlagen zu sein, denn Kyle Busch konnte gegen Rennmitte nur mit einem sagenhaften Save einen Mauereinschlag verhindern. Kurz vor Schluss wurde er dann noch von Jeff Gordon umgedreht, was die dritte Massenkarambolage und den Gordon-Überschlag auslöste. Doch nach einem Boxenstopp und vier neuen Reifen war der 26-Jährige in seinem angeschlagenen Toyota Camry tatsächlich noch einmal zur Stelle.

Natürlich kam es nach den Aufräumarbeiten zu einer Green-White-Checkered-Verlängerung über zwei fliegende Runden. Kurz nach dem Restart schob Kyle Busch seinen Kontrahenten Stewart auf der Außenbahn erst am führenden Marcos Ambrose (Petty-Ford) vorbei in Front und setzte dann eingangs der Start-/Zielgeraden zum klassischen Daytona-Slingshot-Manöver an: Der gelbe Gibbs-Toyota löste sich genau im richtigen Moment von Stewarts Stoßstange und kassierte den Stewart/Haas-Chevy außen herum um einen halben Meter.


Fotos: NASCAR: Budweiser Shootout


"Was für ein Wahnsinnsrennen", lautete sein erster Kommentar in der Victory Lane. Es war sowohl für Kyle Busch als auch für Toyota der erste Sieg beim traditionellen Saisonauftakt der NASCAR, für den es zwar rund eine Million US-Dollar an Preisgeld, aber keine Meisterschaftspunkte gibt. "Ich wusste, dass es am Ende um Tony oder mich gehen würde. Vor ein paar Jahren hat er hier das Gleiche mit mir gemacht, jetzt habe ich den Spieß umgedreht."

Das Pack-Racing ist wieder da

Und noch eines freute den Sieger: "Ich bin sehr froh, dass wir das Pack-Racing wieder sehen." In der Tat, denn das "Pack is back". Auf diese einfache Formel lässt sich das turbulente Renngeschehen im Budweiser Shootout bringen. Nach einem Jahr 2011, das auf den Restrictor-Plate-Strecken vom Tandem-Racing gekennzeichnet war, haben die jüngsten Regeländerungen seitens NASCAR gefruchtet. Die unerwünschten "Two-Car-Breakaways" gab es zwar immer noch, das Shootout bot den Fans jedoch über weite Strecken das klassische "Pack-Racing".

David Ragan, Paul Menard, Matt Kenseth, Greg Biffle

Der frühe "Big One" Nummer eins eliminiert insgesamt acht Autos Zoom

Dafür verantwortlich zeichneten viele kleine Details, die in ihrer Summe wirkten. Der neue EFI-Motor mit einer größeren Restrictor-Plate, ein kleinerer Heckspoiler und kleinere Kühleinlässe machten einen dauerhaften Ausreißversuch zweier Piloten Stoßstange an Stoßstange unmöglich. Im Gegenteil: Das Shootout-Feld war teilweise sogar in der Lage, in einer "Three-Wide-Formation" den Rückstand auf die Ausreißer zunichte zu machen.

Riesenjubel brandete im weiten Daytona-Rund erstmals auf, als Publikumsliebling Dale Earnhardt Jr. (Hendrick-Chevrolet) als Führender aus Runde 1 zurückkam. In der Folge wechselte die Spitzenposition in schöner Regelmäßigkeit, bevor es in Runde 9 zum ersten Mal heftig krachte: Der Front-Row-Ford von David Ragan und der Childress-Chevy von Paul Menard lösten den ersten Big One der neuen NASCAR-Saison aus, in den insgesamt acht Fahrzeuge verwickelt wurden.

Hinter diesem Duo kam der Roush-Ford von Matt Kenseth in Turn 1 quer daher, auch der Toyota Camry von Michael Waltrip konnte nicht mehr ausweichen. Kenseth konnte weiterfahren, doch neben den drei Pechvögeln verloren Denny Hamlin (Gibbs-Toyota), Kasey Kahne (Hendrick-Chevrolet) und Jeff Burton (Childress-Chevrolet) mehrere Runden bei Reparaturarbeiten an der Box. Nach dem ersten Segment von 25 Umläufen lag der gut aufgelegte Earnhardt/Ganassi-Chevy von Jamie McMurray in Front.

Kyle Busch und seine Fahrkünste

Wie gefährlich die Zweierpärchen unter den neuen Sprint-Cup-Regeln sind, bewiesen Martin Truex und Clint Bowyer nach der zehnminütigen Pause gleich zweimal: Zunächst konnte Bowyer seinen Waltrip-Toyota gerade noch einfangen, als er nach einem Truex-Schubser hinter Carl Edwards (Roush-Ford) eingeklemmt wurde. Wenige Runden später kreiselte Bowyers Startnummer 15 dann hilflos über die grüne Wiese vor der Haupttribüne.

Joey Logano, Dale Earnhardt Jun., Matt Kenseth, Kevin Harvick

Big One zwei nimmt unter anderem Dale Earnhardt Jr. aus dem Rennen Zoom

In Runde 47 bot Kyle Busch eine Solo-Show, die sein Fahrkönnen einmal mehr eindrucksvoll unter Beweis stellte: Nachdem sein Gibbs-Toyota zwischen Kenseth und Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet) eingeklemmt wurde, verlor er auf dem 31 Grad steilen Banking in Turn 2 das Heck. Zweimal musste Kyle Busch sein quer stehendes Auto etwa bei Tempo 310 korrigieren und schaffte das eigentlich Unmögliche: Ohne jeglichen Fremd- oder Mauerkontakt brachte er die Startnummer 18 wieder unter Kontrolle. "Das war schon cool, aber so etwas muss ich nicht jeden Tag machen", kommentierte der Sieger.

Dieser sagenhafte Save hatte zur Folge, dass sich das Feld in zwei Teile splittete. Vorne hatten elf Piloten nun einen Vorsprung von etwa 3,5 Sekunden vor einer Verfolgergruppe. Aber nicht lange, dann krachte es erneut: Joey Logano (Gibbs-Toyota) und der mit Bremsproblemen kämpfende Marcos Ambrose im Petty-Ford gerieten aneinander. Truex, Earnhardt, Kenseth und auch Kevin Harvick (Childress-Chevrolet) konnten nicht mehr ausweichen. Big One Nummer zwei.

Nun herrschte die berühmt-berüchtigte Ruhe vor dem Sturm. In den letzten 14 Runden kam es zu einem defensiv ausgelegten Single-File-Racing, bei dem das Hendrick-Duo Gordon und Johnson die Reihe der verbliebenen Konkurrenten anführte. Dann ging es rund. Drei Umläufe vor dem Ende scherten Stewart und Kyle Busch aus und eröffneten oben eine zweite Reihe. Dieses Duo kassierte die Spitze, Stewart setzte sich vor Kyle Busch, dahinter lauerte Gordon.

Jeff Gordon nach Überschlag unverletzt

Der weinrote Hendrick-Chevy klopfte nun in Turn 3 an der linken hinteren Stoßstange von Kyle Busch an, was zu allen schweren Abflügen des Samstagabends führte. Auch in diesem Fall: Während der Gibbs-Toyota ins Infield kreiselte, schoss Gordon rechts herum in Richtung Mauer. Die just in dem Moment heranstürmenden Johnson und Kurt Busch im Phoenix-Chevrolet sorgten dafür, dass der Gordon-Chevy auf die Fahrerseite kippte und auf der Fahrertüre liegend einige hundert Meter die Safer-Barrier entlang schlitterte.

Kyle Busch

Der Zieleinlauf: Kyle Busch (18) schlägt Tony Stewart hauchdünn Zoom

Als sich das Wrack schließlich in Richtung Infield bewegte, geriet die Startnummer 24 in eine Serie von Überschlägen und blieb auf dem Dach liegen. Gordon funkte sofort an seine Box, dass ihm nichts passiert sei und konnte nach einigen Minuten seinem Totalschaden unverletzt entsteigen. "Ich habe nicht gewusst, dass außen so viele Fahrzeuge daherkamen", kommentierte er die Ursache seines heftigen Abflugs.

Übrigens: Während Sieger Kyle Busch das Shootout in seinem Ersatzfahrzeug fuhr, trat der knapp geschlagene Tony Stewart im Einsatzauto an. Beide waren schon am Freitag in einen Trainingscrash verwickelt worden: "Mein Team hat sagenhafte Arbeit geleistet", merkte der NASCAR-Champion an. "Jetzt haben wir eine gute Idee von dem, was uns im Daytona 500 erwarten wird."


Jeff Gordon überschlägt sich

In der Tat: Viel spektakulärer kann ein Saisonauftakt nicht mehr ausfallen und bereits in einer Woche steht das "Great American Race" (Sonntagabend ab 19:15 Uhr MEZ) an. Doch eines ist auch klar: Dann geht es nicht alleine um das Preisgeld, sondern auch um Meisterschaftspunkte, weshalb die Piloten beim 500-Meilenklassiker vermutlich etwas vorsichtiger zu Werke gehen werden. Oder etwa nicht?