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  • 22.05.2011 00:13

  • von Pete Fink

Pole-Krimi in Indy: Tagliani bezwingt Dixon!

Alex Tagliani ist der Polesitter beim Indy 500, weil sich das Ganassi-Team mit der Spritkalkulation selbst bezwang - Simona de Silvestro qualifiziert!

(Motorsport-Total.com) - Was für ein faszinierender Pole-Marathon in Indianapolis! Über sieben Stunden - inklusive jeder Menge Dramen, Hochspannung und faustdicken Überraschungen - dauerte es, bis der Polesitter zum 100. Geburtstag des Indy 500 feststand. Und dieser kommt nicht etwa aus den Reihen der IndyCar-Platzhirsche um Roger Penske und Chip Ganassi, sondern von Sam Schmidt Motorsports: Alex Tagliani knackte das komplette IndyCar-Establishment!

Titel-Bild zur News: Alex Tagliani

Alex Tagliani stellte die Startnummer 77 auf die Pole zum Indy 500

Der 38-jährige Kanadier zeigte sich schon die gesamte Trainingswoche superschnell und untermauerte diese Vorstellung auch am Pole-Samstag. Erst holte er sich mit einem Schnitt von 226,954 Meilen pro Stunde in der regulären Qualifikationssitzung die Bestzeit, im anschließenden Pole-Shootout der besten Neun steigerte sich die Startnummer 77 auf 227,472. Das ist ein Schnitt von mehr als 365 Stundenkilometern über vier fliegende Runden im Einzelzeitfahren.

"Zwickt mich bitte, ich kann das alles nicht glauben", freute sich das IndyCar-Urgestein, während sein von der Brust abwärts gelähmter Teamchef seine Tränen nicht zurückhalten konnte. Die so prestigeträchtige Indy-Pole ist die Krönung einer IndyCar-Erfolgsstory: Tagliani war im Herbst 2009 der Initiator für die Gründung des FAZZT-Teams, das im Winter 2010 von Sam Schmidt übernommen wurde. "Ich bin nicht oft sprachlos, aber in dieser Situation schon", kommentierte Schmidt, der in den letzten Runden Taglianis gar nicht mehr zusehen konnte.


Fotos: Indy 500, Pole-Day


Dabei war der Kampf um die Indy-Pole 2011 eine äußerst knappe Angelegenheit. Scott Dixon (Ganassi; 2.) hatte im Shootout einen Schnitt von 227,340 Meilen vorgelegt, fiel dabei aber in seiner letzten Runde stark ab. "Mir ging in Turn 4 der Sprit aus", schilderte der Neuseeländer. "Ansonsten wäre es verdammt eng geworden." In der Tat: Dixon lag in seinen ersten drei Runden auf Kurs zu einer Marke von 227,5 Meilen, also genau im Tagliani-Bereich.

Unglaublicher Fehler bei Ganassi

Dieser Fauxpas war jedoch nicht der einzige im Ganassi-Lager: Dario Franchitti ging unmittelbar vor Dixon ins Shootout und blieb eingangs seiner vierten Runde ohne Sprit liegen! Ein unfassbarer Fehler, der Chip Ganassi die Zornesröte ins Gesicht trieb: "Das ist nicht zu entschuldigen", schimpfte Ganassi. Franchitti befand sich auf Kurs zu Startplatz drei oder vier, geht am kommenden Sonntag nun als Neunter ins Rennen.

Scott Dixon

Unfassbar: Scott Dixon ging in seiner vierten Runde der Sprit aus Zoom

Die erste Startreihe rundete Oriol Servia (3.) ab: Der Newman/Haas-Pilot legte im Shootout eine Marke von 227,168 vor, was ihn einige Zeit sogar auf einer virtuellen Pole Platz nehmen ließ. "Ich bin happy, ein Indy-Start in Reihe eins ist unglaublich", freute sich der Spanier, der seinen Pole-Day als "wahnsinnig tolle Erfahrung" bezeichnete. "Ich wusste, dass wir schnell waren, wir haben ein Superauto."

Platz vier ging an Taglianis Teamkollege Townsend Bell, der an einem für das Sam-Schmidt-Team wohl unvergesslichen Tag nur eines auszusetzen hatte: "'Tag' gab mir nach seiner Pole einen dicken Kuss und der war ziemlich nass", scherzte der Kalifornier. Auch nahezu unglaublich: IndyCar-Tabellenführer Will Power war als Fünfter der mit Abstand beste Penske-Pilot. Sein Kommentar: "Das war heute eine tolle Pole-Show, leider haben wir nicht mitmischen können."

In der Tat, es war der Tag der Außenseiter und Comebackler: Rang sechs ging an Dan Wheldon (Bryan Herta Autosport), Siebter wurde Rückkehrer Buddy Rice im zweiten Panther-Dallara und Rang acht ging an Sarah-Fisher-Neuzugang Ed Carpenter. Lauter Piloten, die in der laufenden IndyCar-Saison 2011 noch überhaupt nicht in Erscheinung getreten waren!

Simona de Silvestro im Feld

Die Favoriten erhielten hingegen eine saftige und schmerzhafte Abreibung: Helio Castroneves landete nur auf Position 16, während sich sein Penske-Teamkollege Ryan Briscoe nach einem morgendlichen Crash im Ersatzauto nicht einmal für das Indy 500 qualifizieren konnte! Briscoe muss also auf den Bump-Day am morgigen Sonntag hoffen.

Simona de Silvestro

Riesencomeback: Simona de Silvestro steht sicher im Indy 500 Zoom

Noch schlimmer erging es dem Andretti-Team: Keiner der vier Stammpiloten Danica Patrick, Marco Andretti, Ryan Hunter-Reay und Mike Conway schafften den Spring unter die besten 24. Nur Indy-Veteran John Andretti holte sich mit Startplatz 17 ein sicheres Indy-500-Ticket ab. Der Bump-Day verspricht also Dramatik pur, denn mit Paul Tracy (Dreyer & Reinbold), Graham Rahal (Ganassi) oder Scott Speed (Dragon) muss jede Menge Motorsport-Prominenz zittern.

Ganz im Gegensatz zu Simona de Silvestro, die erneut für Schlagzeilen sorgte. Die 22-jährige Schweizerin bewies unglaublichen Kampfgeist und fuhr sich nur zwei Tage nach ihrem Horrorunfall als 24. und Letzte direkt ins Indy-Feld. Die HVM-Pilotin benötigte dazu alle ihre drei möglichen Anläufe und stand auf der Kippe, als einsetzender Regen alle weiteren Qualifikationsversuche unmöglich machte. Bei ihrer Vorgeschichte ein vollends verdientes Quäntchen Glück!

Unter dem Strich stehen damit die ersten 24 Piloten sicher im Feld. Die Startpositionen 25 bis 33 werden am Sonntagabend (ab 18:00 Uhr MESZ) am Bump-Day ausgefahren, der angesichts der prominenten Teilnehmerliste ein hochinteressanter Tag zu werden verspricht. Neun Startplätze sind noch frei, um die sich 16 IndyCar-Piloten streiten werden.