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  • 14.03.2010 19:49

  • von Pete Fink

Power siegt im Sao-Paulo-Chaos - Horrorcrash von Marco Andretti

Will Power gewann einen dramatischen IndyCar-Saisonauftakt in Sao Paulo vor Ryan Hunter-Reay - Briscoe und Team Ganassi patzen - Riesenglück für Andretti

(Motorsport-Total.com) - Spektakulärer hätte die IndyCar-Saison 2010 in Sao Paulo wohl kaum beginnen können. Ein Massencrash gleich in Kurve eins mit einem - genauso unschuldigen wie glücklicherweise unverletzten - Marco Andretti sowie Takuma Sato und Mario Moraes als Hauptfiguren, später ein rotzfreches IndyCar-Debüt der jungen Schweizerin Simona de Silvestro. Dazu gesellten sich zahlreiche Verbremser, Dreher und Kollisionen, zu Rennmitte ein waschechter brasilianischer Wolkenbruch und schließlich, nach einem faszinierenden Zielsprint, mit Will Power einen etwas glücklichen Sieger.

Titel-Bild zur News: Will Power

Ryan Hunter-Reay, Will Power und Vitor Meira auf dem IndyCar-Podium

Nur wenige der insgesamt 61 Runden von Sao Paulo boten Gelegenheit zum Durchschnaufen. Zu turbulent zeigte sich das Renngeschehen, in dem es bis zum Ende um die Wurst ging, als sich Ryan Hunter-Reay mit Haut und Haaren gegen das Penske-Duo von Ryan Briscoe und Will Power wehren musste. Als Briscoe schon die Oberhand erlangt zu haben schien, schmiss der Australier seinen Sieg in die Reifenstapel. Ein bärenstarker Hunter-Reay konnte sich aber nur kurz freuen, bevor ihm Will Power zwei Runden vor Schluss den Sieg doch noch entriss.#w1#


Fotos: IndyCars in Sao Paulo


Doch der Reihe nach: Die IndyCar-Saison 2010 begann mit einem echten Paukenschlag. Polesitter Franchitti führte das Feld auf die Start-/Zielgerade, die bekanntlich über Nacht runderneuert werden musste. Doch als die 24 IndyCar-Piloten gemeinschaftlich und mit Vollgas auf den Betonboden fuhren, entstand sofort eine riesige Staubwolke. Das sollte Folgen haben, denn schon in Kurve eins krachte es.

Es war in der Wolke schwer zu erkennen, ob Takuma Sato angeschoben wurde oder einfach zu spät bremste. Auf alle Fälle kam der KV-Dallara des Japaners quer in Richtung Turn 1 und räumte Helio Castroneves und Scott Dixon ab. In der natürlich folgenden Kettenreaktion räuberte weiter hinten im Feld Mario Moraes, scheinbar ohne eine große Bremswirkung zu erleben, innen auf Kurve eins zu, wo sich der wesentlich langsamere Marco Andretti befand.

Riesenmassel für Andretti

Moraes zwang sein Auto zwar noch in einen Dreher, sein schwarzer KV-Dallara stieg jedoch über die Andretti-Airbox auf und kam mit dem Unterboden leicht schräg auf dessen Cockpit zu liegen. Eine riesige Schrecksekunde, die erst durch den gehobenen Daumen der Streckenposten aufgelöst werden konnte, die schnell an der Unfallstelle zugegen waren.

Dario Franchitti

Dario Franchitti führt das Feld in seinen sehr staubigen IndyCar-Start Zoom

Zu allem Überfluss hatten sich die beiden Boliden verhakt, weshalb es fast zehn Minuten dauerte, bis der ordentlich durchgeschüttelte Andretti aus seiner misslichen Lage befreit werden konnte. Der frischgebackene 23-Jährige nahm sich einige Sekunden Auszeit auf den Sidepods seines Andretti-Dallaras, bevor er zum medizinischen Check geleitet wurde. Die Aufräumungsarbeiten dauerten insgesamt neun Runden.

Für den prominenten IndyCar-Rookie Sato war dessen erstes Rennen also genauso schnell beendet wie für Moraes und Andretti, während Dixon und Castroneves nach einem Reparaturstopp weiterfahren konnten. Erst danach kehrte zunächst eine gewisse Ruhe ein. Franchitti gewann den Restart und führte eine vierköpfige Spitzengruppe an. Dort machte vor allem Hunter-Reay von sich reden, der den lange zweitplatzierten Alex Tagliani (FAZZT) dauerbeharkte und in Runde 19 schließlich überholen konnte. Dahinter befand sich Lokalmatador Kanaan in Lauerstellung auf Platz vier.

Ohne jegliche Feindberührung sorgte die bereits überrundete, und nach wie vor grenzwertig überforderte Milka Duno (Dale Coyne) mit einem Dreher in Runde 22 für eine zweite Gelbphase. Bis auf Simona de Silvestro kam das gesamte Feld zum Tanken an die Box. Plötzlich lag die 21-jährige Schweizerin bei ihrem IndyCar-Debüt also in Front - und dabei handelte es sich nicht um einen Marketing-Gag ihres HVM-Teams.

De Silvestro zeigt sich - Pech für Tagliani

Denn de Silvestro donnerte auch nach dem folgenden Restart rotzfrech auf Platz eins um die Strecke, während sich dahinter Hunter-Reay und Franchitti um Rang zwei kappelten. Der von IndyCar-Titelsponsor IZOD unterstützte Andretti-Pilot lief nun zu großer Form auf: Erst schnupfte er Franchitti, wenig später war de Silvestro an der Reihe.

Ryan Briscoe

Ryan Briscoe holte bei abtrocknender Strecke stark auf - und verlor trotzdem Zoom

Direkt dahinter krachte es kurze Zeit später erneut: Beim Anbremsen schob Dan Wheldon auf Platz sechs liegend den unglücklichen Tagliani auf dessen Vordermann Kanaan. Für den Kanadier und dessen neues FAZZT-Team war ein extrem starkes IndyCar-Debüt damit vorbei, während sich Kanaan - nach Rundenrückstand - bis zum Rennende immerhin noch auf Rang zehn nach vorne arbeiten konnte.

Als wäre diese erste Rennhälfte nicht schon turbulent genug gewesen, mischte sich nun auch noch der Wettergott ein: Plötzlich zogen dunkle Wolken auf und ein mächtiger brasilianischer Platzregen ging über der Strecke nieder. Für knapp 45 Minuten war der Rennbetrieb unterbrochen, denn dem IndyCar-Feld drohte auf den langen Sao-Paulo-Geraden sogar hinter dem Safety-Car ein kräftiges Aquaplaning.

Ganassi-Fehler nach Wolkenbruch

Als sich die südamerikanische Sonne schließlich wieder durchsetzte, beging das Ganassi-Duo Franchitti und Dixon einen entscheidenden Fehler: Während sich die Boxengasse bei den Aufwärmrunden öffnete, ließen sich Hunter-Reay, Briscoe, Power, Raphael Matos, Vitor Meira und Dan Wheldon sofort Trockenreifen aufschnallen. Franchitti und Dixon unternahmen dies genauso wenig wie das hinter ihnen liegende Dreyer-and-Reinbold-Duo Justin Wilson und Mike Conway.

Vitor Meira

Nichts ging mehr: Ein Platzregen prasselte über Sao Paulo nieder Zoom

Das hatte zur Folge, dass diese vier Piloten nach dem Restart zwar zunächst vorne wegstürmten, aber auf der nun rasch abtrocknenden Strecke waren die Slick-Piloten klar im Vorteil. Wenige Runden später musste dieses Quartett zum Reifenwechsel - für Hunter-Reay, Briscoe und Power war der Weg plötzlich frei.

Nun sah alles nach dem ersten Andretti-Sieg nach über einem Jahr aus, denn der gebürtige Texaner hatte ja schon der ersten Rennhälfte seinen Stempel aufdrücken können, während die Penske-Mannschaft zu Beginn mit suboptimalem Setup ein Dauergast an der Box gewesen war. Doch das sollte sich auszahlen: Binnen weniger Runden pulversierten Briscoe und Power nun einen Sechs-Sekunden-Rückstand auf Hunter-Reay.

Armer Hunter-Reay: Erst Briscoe, dann Power

Es kam wie es kommen musste: In Runde 50 oder 17 Minuten vor dem Ende (die Rennleitung hatte in der Zwischenzeit auf eine Zeitmessung umgestellt) kassierte Briscoe Hunter-Reay vor der Spitzkehre zu Start und Ziel. Doch der Andretti-Pilot konterte schon eine Kurve später. Es war ein vermeintlich letztes Aufbäumen, denn bereits eine Runde später wiederholte Briscoe sein Manöver unwiderstehlich an derselben Stelle.

Ryan Hunter-Reay

Tolle Moral, aber unbelohnt: Kämpfer Ryan Hunter-Reay Zoom

Damit schien die Entscheidung gefallen, denn der Penske-Dallara schob sofort einige Wagenlängen zwischen sich und die Konkurrenz. Aber das Sao-Paolo-Tohuwabohu war immer noch nicht vorbei: Hunter-Reay gab sich nicht geschlagen und hielt den Druck auf Briscoe aufrecht. Mit Erfolg: Drei Runden später stand der Briscoe-Penske in Turn 5 plötzlich in den Reifenstapeln. Ein ganz bitterer Fahrfehler.

Sollte Hunter-Reay nun tatsächlich zum Andretti-Erfolg fahren können? Sicher, wenn da nicht noch Will Power gewesen wäre. Denn nun blies der zweite Penske zur Attacke auf den bemitleidenswerten Hunter-Reay. Und zwei Runden vor dem Ende war es - wieder in Turn 11 - soweit: Will Power zog auf der langen Anfahrt auf die Spitzkehre nach innen, Hunter-Reay musste sich nach hartem Kampf endgültig geschlagen geben.

Meira bester Brasilianer

Es blieb noch der Kampf um Platz drei, in diesem Fall gleichbedeutend mit der Frage nach dem besten brasilianischen Piloten in Sao Paulo. Diesen inoffiziellen Titel gewann Vitor Meira (Foyt) hauchdünn vor Raphael Matos (Luczo-Dragon). Denn, und wie hätte es in diesem dramatischen IndyCar-Rennen auch anders sein können, auch die Plätze drei bis sieben wurden erst auf der Ziellinie entschieden.

Vitor Meira

Vitor Meira fuhr seinen Foyt-Dallara auf einen starken dritten Platz Zoom

Wheldon wurde Fünfter vor dem direkt hinter ihm ausscherenden Ganassi-Duo Dixon und Franchitti. Rang acht ging an Mike Conway im besten Dreyer-and-Reinbold-Fahrzeug vor Helio Castroneves und Tony Kanaan. Simona de Silvestro fiel nach späten Bremsproblemen noch genauso zurück wie zuvor bereits Danica Patrick nach einem Dreher. Nur eine (Ana Beatriz, Dreyer and Reinbold; 13.) der insgesamt vier IndyCar-Pilotinnen konnte ein extrem turbulentes Auftaktrennen in der Führungsrunde beenden.

Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass Will Power nicht zu Unrecht zum engeren Kreis der Titelkandidaten gerechnet wird. Ebenso bleibt die Frage, warum ein bärenstarker Ryan Hunter-Reay noch immer kein Vollzeit-Cockpit besitzt, wo doch mit dem Messer zwischen den Zähnen kämpfende, und dabei noch schnelle US-Boys in diesem Jahr nicht gerade zahlreich bei den IndyCars vertreten sind. Sein Andretti-Vertrag ist nur bis St. Petersburg am 28. März bestätigt.

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