Thierry Neuville: "Es hat ganz schön geschlaucht"

Hyundai-Pilot Thierry Neuville feiert bei der Rallye Polen seinen dritten Saisonsieg, doch um den muss der Belgier wie ein Löwe kämpfen

(Motorsport-Total.com) - Der Rallye Polen des Jahres 2017 war aus sportlicher Sicht eine der spannendsten Rallyes der jüngeren Vergangenheit. Bei teils widrigen Bedingungen kämpften über weite Strecken mit Thierry Neuville (Hyundai), Ott Tänak (Ford) und Jari-Matti Latvala (Toyota) drei Fahrer von drei unterschiedlichen Herstellen um den Sieg. In einer Art Ausscheidungswettbewerb ging letztlich Neuville als Sieger daraus hervor, doch dazu musste der Belgier an seine Grenzen gehen.

Titel-Bild zur News: Thierry Neuville

Erleichtert, aber auch erschöpft: Thierry Neuville nach dem Sieg in Polen Zoom

"Es war ein unglaublich anstrengendes Wochenende bei sehr schwierigen Bedingungen", sagt Neville. "Derart um den Sieg kämpfen zu müssen, schlaucht ganz schön, denn wir brauchten eine Menge Energie und Konzentration." Denn nicht nur seine beiden Rivalen, sondern den Regen und die damit verbundenen schwierigen Fahrbahnbedingungen musste Neuville auf dem Weg zum Sieg überwinden.

Nachdem sich Latvala am Samstagnachmittag aufgrund eines Technikproblems aus dem Dreikampf an der Spitze verabschiedet hatte, ging Neuville mit einem Vorsprung von nur 3,1 Sekunden auf Tänak in den Schlusstag. Und bekam dann unmittelbar vor dem Start in die erste Wertungsprüfung des Schlusstags mit, dass die vor ihm gestarteten Fahrer die Bedingungen nach nächtlichem Regen als "grausam" und "unfahrbar" bezeichneten.

Start in den Schlusstag: "Das war schrecklich"

"Das war schrecklich, denn wir konnten vor dem Start die Kommentare der ersten Fahrer lesen", sagt Neuville. Mit diesem Wissen im Hinterkopf ging der Hyundai-Pilot nicht ganz ans Limit. "Ich bin zwar schnell gefahren, habe aber immer ein bisschen Luft gelassen. Dennoch hatte ich einige Quersteher", sagt er.

Im Ziel der 20. Wertungsprüfung musste Neuville dann feststellen, dass weniger als 100 Prozent bei diesem engen Kampf um den Sieg nicht ausreicht. "Ich war überrascht als ich sah, dass Ott 4,9 Sekunden schneller als ich war. Ich wusste nicht, ob er wie verrückt gefahren ist oder ob das Set-up meines Autos nicht passte", beschreibt Neuville seine Verunsicherung.

"Einige Leute haben mir gesagt, dass er wie der Teufel gefahren ist. Da wusste ich, dass ich reagieren muss und bin bei der nächsten (Wertungsprüfung; Anm. d. Red.) schneller gefahren", so Neuville. "Dann habe ich gesehen, was mit Ott passiert ist." Auch Tänak war ans Limit gegangen und stellenweise darüber hinaus. Ein Ausrutscher endete an einem Baum, damit war die Rallye für ihn gelaufen.

Neuville und Hyundai im WM-Kampf angekommen

Neuville fuhr den Sieg im Anschluss in Ziel, verlor als Fünfter der Powerstage aber drei Pukte auf WM-Spitzenreiter Sebastien Ogier (Ford). "Natürlich wollte ich so schnell wie möglich fahren, aber wir mussten clever sein", erklärt Neuville. "Ogier ist immer in Reichweite des Podiums. Wenn man Punkte auf ihn gut machen will, muss man ins Ziel kommen."

So verkürzte er in der WM-Wertung den Rückstand auf den Franzosen zwar nur um sieben statt möglicher zehn oder mehr Punkte, ist mit gerade einmal zehn Zählern Rückstand auf Ogier fünf Rallyes vor dem Saisonende mitten im WM-Kampf angekommen. Das gilt auf für die Herstellerwertung, wo Hyundai mit dem Doppelsieg in Polen 18 Punkte auf M-Sport gutmachte und den Rückstand auf 22 Punkte verkürzte.


Fotos: WRC: Rallye Polen


Das Rallye-WM 2017 steht also eine spannende Schlussphase bevor. Dennoch sagt Hyundai-Teamchef Michel Nandan: "Es gibt nicht mehr Druck als sonst. Jeder weiß, was er zu tun hat, und die Weiterentwicklung läuft. Wenn man die Meisterschaft gewinnen will, darf man keine Fehler machen. Seit Saisonbeginn war alles recht eng, und ich hoffe, dass das bis zum Ende des Jahres so bleibt."