Malcolm Wilson: WRC erreicht nie wieder alte Popularität

Für M-Sport Boss Malcolm Wilson gibt es viele Gründe, warm die Rallye-WM nicht an alte Glanzzeiten anknüpfen kann: Die Sportwelt hat sich verändert

(Motorsport-Total.com) - In der öffentlichen Wahrnehmung ist die Rallye-Weltmeisterschaft nur noch eine Randerscheinung. Die Formel 1, MotoGP, Le Mans und Indianapolis bestimmen die internationalen Schlagzeilen. Die WRC ist zwar weiterhin präsent, doch die populären Zeiten der 1980er und 1990er Jahre sind vorbei. "Ich muss zugeben, dass momentan etwas mit der WRC nicht ganz richtig läuft", merkt M-Sport-Boss Malcolm Wilson kritisch bei 'Speedcafe.com' an. Warum die Rallye-WM zwar immer noch viele Fans hat, in der breiten Öffentlichkeit aber kaum eine Rolle spielt, dafür gibt es mehrere Gründe.

Titel-Bild zur News: Malcolm Wilson

Malcolm Wilson bezweifelt, ob die WRC die Glanzzeiten der Vergangenheit erreicht Zoom

Wilson kennt den Rallye-Sport in- und auswendig. 2017 wird sein M-Sport-Team schon die 20. Saison in Angriff nehmen. Der Brite ist ein Enthusiast und macht sich über seinen Sport viele Gedanken. "Ich schätze wir müssen akzeptieren, dass der Rallye-Sport nie wieder dorthin zurückkehrt, wo er schon einmal war", blickt Wilson der Realität ins Auge. Seit mehr als einem Jahrzehnt steht die WRC nur mehr selten im Rampenlicht.

Für Wilson sind die Gründe vielfältig. Die Sportwelt hat sich verändert, Marketing und ökonomische Aspekte ebenso: "Wenn man in die Ära zurückblickt, als der Rallye-Sport sehr stark war, dann haben die Automobilhersteller nicht in andere Sportarten investiert. Ford war nicht im Fußball, Volvo hat keine Segelregatta gesponsert. Nissan ist jetzt in der Champions League involviert. Als der Rallye-Sport stark war, haben die Hersteller außerhalb der Motorindustrie nichts unterstützt. Ich schätze, das ist ein Grund, warum der Rallye-Sport nicht mehr so auf dem Radar ist."

Hersteller investieren in andere Sportarten

Die derzeit in der Rallye-WM involvierten Hersteller engagieren sich zumindest im Marketingbereich in anderen Sportarten. Beispiele sind Volkswagen und der VfL Wolfsburg, Hyundai ist Sponsor der Fußball-WM, Ford war Sponsor der Fußball Champions League und wurde von Nissan ersetzt. Dem vernehmen nach soll Ford pro Saison bis zu 40 Millionen Euro pro Saison an die UEFA überwiesen haben. Mit einem Bruchteil dieses Geldes könnte Ford M-Sport wieder Werksunterstützung bieten.

Weiterhin fehlt Wilson ein Hauptsponsor für sein Rallye-Team. Er kennt die schwierige Situation, die sich schließlich auf die gesamte Szene auswirkt. "Liegt es daran, dass die Hersteller ihr Marketing aufteilen und nicht 100 Prozent in die WRC investieren? Das ist sicherlich ein Aspekt, aber nicht alles. Ich habe die Antwort nicht. Ich stimme zu, dass wir etwas unternehmen müssen, aber es ist immer noch ein unglaublich guter Sport."


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Autos sollen 2017 spektakulärer werden

Gegenwind erhält die WRC auch von der Rallye-Cross-WM, die in den vergangenen beiden Jahren an Zugkraft gewonnen hat. Die Autos sind spektakulärer, die Rennen kurz und turbulent. Den Fans wird viel Action geboten, ohne dass stundenlang mitten im Wald gewartet werden muss. Wilson sieht es differenzierter: "Wenn man sich die WRC-Berichte ansieht und sagt, dass Rallye-Cross sehr populär ist, dann wird in jedem Magazin ein wenig über Rallye-Cross stehen, aber immer viel mehr über den Rallye-Sport."

In den jüngeren Jahren gab es auch viel Kritik an den aktuellen WRC-Boliden. Zu klein, zu unspektakulär war der Tenor. Der Audi quattro hatte im Vergleich dazu ein ganz anderes Erscheinungsbild. Auch die Modellwahl erscheint fraglich, denn im Straßenverkehr ist ein Toyota Yaris mit Allradantrieb, Kotflügelverbreiterungen und großem Heckspoiler nicht anzutreffen. Prinzipiell soll das neue Reglement für 2017 den Designern mehr Freiheiten ermöglichen. Optisch sollen die Boliden etwas wuchtiger und aggressiver wirken.

Mads Ostberg

Ab 2017 sollen die WRC-Boliden ein aggressiveres Aussehen bekommen Zoom

"Die Autos werden definitiv deutlich aggressiver aussehen", ist Wilson überzeugt. "Sie werden sexy aussehen und ein jüngeres Publikum ansprechen." Schöne Autos sind für eine erfolgreiche Rennserie nicht das einzige Kriterium, spannender Wettbewerb ist ein weiterer wichtiger Faktor. Und dabei steckt die WRC in einem Dilemma. Sebastien Loeb dominierte den Sport neun Jahre lang, seit drei Jahren ist Sebastien Ogier praktisch unschlagbar. Auch wenn die beiden Franzosen womöglich die besten Autorennfahrer der Gegenwart sind, so bewirken solche dominanten Phasen Langweile und schwindendes Zuschauerinteresse.

Deshalb ist für Wilson auch klar, wer in diesem Jahr Weltmeister wird: "Solange Ogier nichts zustößt, wird er die WM gewinnen. Er ist pro Kilometer um eine Zehntelsekunde schneller als alle anderen. Bei Loeb war es genauso. Wenn man an die Kämpfe zwischen Tommi Mäkinen, Colin McRae, Carlos Sainz und Juha Kankkunen zurückdenkt, dann wusste man nie wer gewinnen wird. Natürlich sind die Autos jetzt auch zuverlässiger. Die Fahrer haben verstanden, dass es der schnellste Weg ist, wenn sie sauber fahren."