Simpson: Comeback aus Leidenschaft

Mit 42 Jahren feiert Neil Simpson ein Comeback im Rallye-Sport - Im Interview spricht der Brite über seine Beweggründe und vergleicht den Sport mit seiner ersten Karriere

(Motorsport-Total.com) - Neil Simpson wird den hiesigen Rallye-Fans vielleicht kein Begriff sein, aber der Brite ist ein interessanter Charakter und lebte den Sport mit Leidenschaft. Der 42-Jährige feierte in diesem Jahr ein Comeback und fährt einige Läufe der Europameisterschaft. Simpson war bereits zwischen 1995 und 2001 Rallye-Fahrer und zudem Entwicklungsfahrer für Volkswagen. 2001 war Schluss und Simpson konzentrierte sich auf den Familienbetrieb. Im Interview spricht er über die Beweggründe für sein Comeback und die Unterschiede des Rallye-Sports von damals zu heute.

Titel-Bild zur News: Neil Simpson

Neil Simpson hegt eine große Leidenschaft für den Rallye-Sport Zoom

Frage: "Neil, eine der größten Überraschungen in diesem Jahr war deine Rückkehr zum internationalen Rennsport. Warum bist du in den Rallye-Sport zurückgekehrt?"
Neil Simpson: "Rallye war immer eine meiner Leidenschaften. Hier in Großbritannien verfolgen wir mit unserem Business die Rallye sehr intensiv und dieses Jahr war eine gute Gelegenheit, mit dem Fabia S2000 zurückzukehren. Wir sind hier in Großbritannien ein Skoda-Händler und so konnten wir unsere beiden Leidenschaften zur Rallye und zum Geschäft verbinden. Darum kam ich zurück."

Frage: "Du hast bereits gesagt, dass du ein großer Fan des Sports bist. Was fasziniert dich so daran?"
Simpson: "Einfach alles. Meine Leidenschaft für die Rallye entdeckte ich bereits in jungen Jahren. Meine frühesten Erinnerungen sind die, als ich zusammen mit meinem Vater eine Rallye ansah. Da war ich fünf oder sechs Jahre alt. An meinem 17. Geburtstag bestand ich meine Führerscheinprüfung und zwei Wochen später fuhr ich meine erste Rallye. Ich hatte also schon immer eine große Leidenschaft dafür."

Frage: "War es nach dieser langen Pause einfach, den Anschluss wiederzufinden?"
Simpson: "Ich würde nicht sagen, dass es einfach war. Aber wir haben in diesem Jahr eine Strategie, mit der wir sicherstellen wollen, dass wir es schaffen. Wir lernen stetig und finden langsam den Anschluss. Die Autos haben technisch einen großen Schritt gemacht, seit ich vor 12 oder 13 Jahren das letzte Mal Rallye gefahren bin. Dieses Jahr haben wir eine Lernkurve und teilweise war sie wirklich steil."

Frage: "Was gefällt dir besser? Schotter oder Asphalt?"
Simpson: "Dieses Jahr haben wir uns entschieden, nur an Asphalt-Rallyes teilzunehmen. Unser Fabia S2000 ist auf Asphalt angepasst, also ergibt es Sinn, in diesem Jahr zunächst nur auf Asphalt zu fahren. Ich denke, wenn ich auf meine Rallye-Karriere in der Vergangenheit zurückblicke, dann hatte ich da nicht wirklich eine Vorliebe. Allerdings hatte ich auf Asphalt einige tolle Resultate. Daher ergibt es Sinn, zu Beginn erst einmal nur Asphalt-Rallyes zu absolvieren. Wer weiß, vielleicht sind im nächsten Jahr auch einige Schotter-Rallyes dabei."


Fotos: ERC: Circuit of Ireland


Frage: "Früher bist du fast nur in Großbritannien gefahren. Jetzt hast du in Frankreich an einem Event teilgenommen und wirst auch in Belgien an den Start gehen. Warum absolvierst du jetzt auch diese Veranstaltungen außerhalb von Großbritannien?"
Simpson: "In meiner ersten Karriere fuhr ich hauptsächlich in der britischen Rallye-Meisterschaft. Seit einigen Jahren nehmen dort aber nur noch R2- und R3-Autos teil. Wir haben aber einen Fabia S2000. Mit diesem Auto kann man am besten an den Rallyes teilnehmen, für die es auch gebaut wurde. Das ist die Rallye-Europameisterschaft. Unser Plan ist es, uns langsam an das Auto zu gewöhnen."

Neil Simpson

Beim Circuit of Ireland belegte Neil Simpson den hervorragenden fünften Platz Zoom

"Darum haben wir an der Rallye in Frankreich teilgenommen. Das war für uns eine gute Gelegenheit zu überprüfen, wo wir mit unserer Pace ungefähr stehen, da wir dort gegen einige wirklich starke französische Teams fahren konnten. Jetzt werden wir in Belgien fahren, nachdem unsere Resultate in Irland wirklich großartig waren. Wir haben dort den ersten Teil unseres ERC-Programms in Großbritannien auf Rang fünf abgeschlossen. Jetzt fahren wir in Belgien und wollen danach an allen restlichen Asphalt-Rallyes der ERC teilnehmen. Wir haben das richtige Auto und die Events bekommen die nötige Aufmerksamkeit, was gut für unsere Sponsoren und unser Team ist. Darum absolvieren wir diese Veranstaltungen."

Die ERC ist die richtige Plattform

Frage: "Du hast deinen großartigen fünften Platz in Irland bereits angesprochen. Was denkst du insgesamt über die ERC?"
Simpson: "Es ist großartig. Das Level an Professionalität, das die ERC- und die Rallye-Organisatoren an den Tag legen, ist fantastisch. Die Unterstützung ist hier und in Übersee großartig, was für alle Teilnehmer eine tolle Marketing-Möglichkeit ist. Die Circuit-of-Ireland-Rallye war unser erster Auftritt in der ERC und wir waren unglaublich beeindruckt von der Meisterschaft, der Rallye und allem anderen."

Frage: "Mit dem S2000 hast du ein zuverlässiges und schnelles Auto. Abgesehen von der geschäftlichen Seite, warum ist es das perfekte Auto für deine Rückkehr?"
Simpson: "Wie du bereits gesagt hast, es passt zu unserem Geschäftsmodell. Das Auto hat sich bereits bewährt und ist vielleicht eines der erfolgreichsten Rallye-Autos, die je gebaut wurden. Es ist jetzt auf dem Höhepunkt seiner Entwicklung, unser Auto ist die neueste Spezifikation und gibt uns absolute Zuversicht, dass wir mit diesem Auto das richtige Paket haben. Jetzt komm es auf mich an, den alten Mann am Steuer, meinen Speed zu finden und mit diesen jungen Kerlen mitzuhalten. Aber wir haben ganz sicher das richtige Auto für diese Aufgabe."

Neil Simpson

Simpson wird die weiteren Asphalt-Läufe in der ERC bestreiten Zoom

Frage: "Du hast bereits gesagt, dass du in Großbritannien ein sehr erfolgreicher Skoda-Händler bist. Erzähl uns doch bitte etwas von deinem Geschäft und der Zusammenarbeit mit Skoda."
Simpson: "Wir haben zwei Skoda-Verkaufsstellen hier im Norden Englands. Wir verkaufen ungefähr 2.500 neue Autos pro Jahr und haben eine tolle Beziehung zu Skoda UK. Skoda wächst hier jedes Jahr und unser Marktanteil ist in Großbritannien in diesem Jahr auf drei Prozent gestiegen, was großartig ist. Unser Verhältnis ist hervorragend und es ist eine sehr erfolgreiche Partnerschaft."

Frage: "Während deiner Abwesenheit vom Rennsport hast du eine Familie gegründet. Was haben sie dazu gesagt, dass du jetzt wieder eingestiegen bist?"
Simpson: "Meine Familie war im Hinblick auf mein Geschäft und meine Aspirationen im Motorsport immer sehr unterstützend. Ich würde sogar sagen, dass sie ein wichtiger Teil meines Comebacks waren. Sie haben mich immer dazu ermutigt, wieder an Rallyes teilzunehmen. Meine Familie hat immer gesagt, dass ich zurückkehren soll, wenn ich das möchte. Jetzt war eine gute Zeit dafür. Sie waren in den vergangenen Jahren sehr unterstützend, als ich erste Pläne für eine Rückkehr schmiedete. Auch jetzt bekomme ich von meiner Familie viel Unterstützung."

Sport hat sich stark weiterentwickelt

Frage: "2001 hast du drei Rallyes absolviert und bist dann zurückgetreten. Damals warst du 29. Warum hast du dich aus dem Rennsport zurückgezogen, war es dir einfach zu langweilig?"
Simpson (lacht): "Ich fand Rallyes nie langweilig. Niemals. Es gab andere Gründe. Ich fuhr damals in der britischen Rallye-Meisterschaft für Volkswagen und war gleichzeitig auch Testfahrer in ihrem Werk in Deutschland. Ich war 2001 also sehr beschäftigt. Was eigentlich passierte war Folgendes: Volkswagen war sich nicht sicher, wie es mit ihrem Engagement in der Rallye über 2001 hinaus aussehen würde."

"Gleichzeitig entschied sich mein Vater zuhause, dass er sich etwas aus dem Geschäft zurückziehen wollte. Dadurch entstand für mich die Möglichkeit, das Geschäft zu übernehmen. Es ergab Sinn, dass ich mich damals aus der Rallye zurückzog und mich auf das Geschäft konzentrierte. Diese Wahl traf ich 2001. Es war die richtige Entscheidung, wir haben hier ein großartiges Business. Zu diesem Zeitpunkt waren wir kein Skoda-Händler, sondern wir vertraten einen anderen Hersteller. Ich wollte dafür sorgen, dass das Geschäft erfolgreich wird. Darum nahm ich eine Auszeit vom Rallye-Sport und wartete auf den richtigen Zeitpunkt für eine Rückkehr."

Neil Simpson

Der Skoda Fabia S2000 entspricht der neuesten Spezifikation Zoom

Frage: "2001 wurde Richard Burns Weltmeister und die Rallye war zu diesem Zeitpunkt in Großbritannien extrem populär, denn natürlich gab es da auch noch Colin McRae. In den späten Neunzigerjahren warst auch du eines dieser aufsteigenden Talente. Wenn du jetzt zurückblickst, denkst du, dass du die Chance gehabt hättest, irgendwann auch einmal an der Rallye-Weltmeisterschaft teilzunehmen?"
Simpson: "Die Konkurrenz war damals sehr groß. Wie du schon sagst hatten wir mit Richard Burns und Colin McRae zwei sehr konkurrenzfähige Fahrer in der WRC. Es gab viele andere Fahrer in der britischen Meisterschaft, die es ebenfalls unbedingt dorthin schaffen wollten. Hätte ich es schaffen können? Keine Ahnung, das kann man nicht wissen. Es gab viele Fahrer und nur wenige Möglichkeiten."

"Die britische Meisterschaft war damals eine Brutstätte für junge Talente. Was ich allerdings sicher weiß: Ich gab damals mein bestes und es gab fünf oder sechs unter uns, die um die ersten Plätze in der Meisterschaft kämpften. Ich habe die Zeit damals sehr genossen. Wir waren konkurrenzfähig und wir waren zusammen mit anderen Fahrern vorne dabei, die später noch große Dinge im Rallye-Sport erreicht haben. Hätten wir es in die WRC schaffen können? Ich denke, das werden wir nie erfahren. Aber damals gab es einige gute Fahrer und ich hatte das Glück dazuzugehören."

Volkswagen könnte jeden WRC-Lauf gewinnen

Frage: "Du hast deine Verbindung zu Volkswagen bereits angesprochen. Aktuell dominieren sie die WRC. Denkst du, dass sie dieses Jahr jede Veranstaltungen gewinnen können?"
Simpson: "Ich denke, dass sie es schaffen können. Ich hatte das Glück, in den 2000ern mit dem Team in Hannover und Wolfsburg zusammenzuarbeiten. Volkswagen hat sich dem Motorsport verschrieben, man darf nicht unterschätzen, was diese Teams für den Sport leisten, ganz besonders Volkswagen. Ich habe es selbst miterlebt. Ich denke, dass sie in diesem Jahr jede Rallye gewinnen können, und ich denke, dass das großartig ist. Es wird für die anderen Hersteller in der WRC neue Maßstäbe setzen. Wir werden das dieses Jahr ganz genau im Auge behalten."

Frage: "Und kürzlich haben sie bekanntgegeben, dass sie bis 2019 in der WRC sein werden..."
Simpson: "Das sind fantastische Neuigkeiten, oder? Es ist großartig, dass Volkswagen diese Verpflichtung eingegangen ist. Hoffentlich werden ihnen weitere Hersteller folgen."

Frage: "Die WRC ist der Gipfel des Rallye-Sports. Wenn du die Neunzigerjahre und die Zeit heute vergleichst, wie hat sich der Sport für den Fahrer technisch verändert?"
Simpson: "Der Sport hat sich weiterentwickelt und ganz besonders die Technologie der Autos. Wer hätte gedacht, dass man mit einem 1,6-Liter-Turbomotor diese Performance aus den WRC- und den R5-Autos herausholen könnte? Es ist wirklich fantastisch. Aber gleichzeitig hat sich die Technologie auch im Hinblick auf die Reifen oder die Aufhängung weiterentwickelt. Technisch hat sich der Sport in den vergangenen zehn oder 15 Jahren gewaltig verändert."

"Jetzt haben diese Autos diese unglaubliche Performance, die auf die Autos, die die Leute auf den Straßen fahren, übertragen wird. Die größte Veränderung sind aber die Medien und die Aufmerksamkeit, die der Sport mittlerweile auf sich zieht. Es ist noch immer ein langer Weg, aber durch die digitalen und sozialen Medien hat der Motorsport jetzt eine sehr große Reichweite. Ich denke das sind die größten Veränderungen, die ich persönlich in den vergangenen Jahren mitbekommen habe."

Frage: "Und aus Sicht des Fahrers?"
Simpson: "Dadurch, dass sich die Autos technisch weiterentwickelt haben, sind sie jetzt sehr schnell. Sie haben mehr Grip als je zuvor. Auch die Rallyes haben sich weiterentwickelt, die Prüfungen bieten nicht nur ein gutes Spektakel, sondern es gibt auch gute PR. Man ist wirklich gerne dort. Über die Jahre hat der Rallye-Sport durch die wirtschaftliche Situation auf der ganzen Welt sehr gelitten, aber jetzt sehen die Hersteller, Sponsoren und Partner einen großen Schritt nach vorne."


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Frage: "Deine nächste Rallye wirst du in Belgien bestreiten. Es ist eine sehr schnelle und für dich neue Rallye. Was erwartet du von diesem Event?"
Simpson: "Ich kann es gar nicht abwarten, seit ich klein war wollte ich diese Rallye schon immer einmal fahren! Was ich erwarte? Ich will an den zwei Tagen sehr viel lernen. Ich spreche mit so vielen Leuten wie möglich, die diese Rallye schon einmal gefahren sind. Sie helfen mir in technischer Hinsicht mit dem Setup für diese Rallye und auch mit der Strategie. Ich denke, wir brauchen einen guten Test - in der Woche vor der Rallye haben wir einen Test geplant - und eine gute Recce. Wir wenn wir diese beiden Sachen gut hinbekommen, dann sind wir gut auf die Rallye vorbereitet."

Frage: "Was sind deine persönlichen Ziele für deine zweite Karriere? Willst du bestimmte Ergebnisse erzielen oder einfach nur Spaß haben?"
Simpson: "Ich denke, dass wir auf jeden Fall Spaß haben sollten. Wenn man es nicht genießt, dann sollte man es auch nicht machen. Unser ganzes Team ist sehr motiviert. Wir wollen es also zunächst einmal genießen, aber natürlich brauchen wir auch gute Resultate. Ich denke, es wäre verrückt, wenn wir uns keine guten Ergebnisse erhoffen würden. Wir werden unser Bestes geben, um diese Resultate zu erzielen, aber natürlich werden wir versuchen, es auch zu genießen. Wenn man einen Mitarbeiter unseres Teams sieht, dann bin ich sicher, dass er auch lächeln wird."

Frage: "Gibt es bereits Pläne für 2015 oder sogar darüber hinaus?"
Simpson: "Für nächstes Jahr gibt es bereits Pläne, da wollen wir an noch mehr ERC-Veranstaltungen teilnehmen. Darüber hinaus gibt es keine Pläne, da müssen wir abwarten, wie es in diesem Jahr läuft. Man weiß nie, vielleicht bin ich dann zu alt (lacht)."

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