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Mercedes: Wie der Trick mit dem S-Schacht funktioniert

Eine clevere Auslegung des Reglements verbessert die Effizienz des S-Schachtes bei Mercedes und Toro Rosso - Idee stammt von Force Indias Nasenlöchern

(Motorsport-Total.com) - Die neue Mercedes-Nase samt S-Schacht ist eine interessante Detaillösung des F1 W07 Hybrid. Auf den ersten Blick fallen die kurzen und weit nach hinten verlegten Streben der Nase auf, die den Frontflügel halten (hier klicken für größere Ansicht). Generell versuchen alle Teams diese Streben so weit wie möglich nach hinten zu versetzen, denn der mittlere Teil des Frontflügels ist per Reglement als ebene Fläche definiert. In diesem Bereich dürfen die Teams keine aerodynamischen Teile anbringen. Die beiden äußeren Seiten des Flügels sind frei, wodurch man etliche Flügelkonstruktionen sieht.

Titel-Bild zur News: Nico Rosberg

Man beachte die weit nach hinten versetzten Haltestreben für den Frontflügel Zoom

Mercedes hat sich beim S-Schacht eine intelligente Lösung einfallen lassen, die man hauptsächlich von der Seite erkennt. Unterhalb des silbernen Abschnitts ist ein schwarzer Kanal zu erkennen, der etwas an das Maul eines Hais erinnert. Dieser Schacht nimmt den Luftstrom unter der Nase auf und führt ihn durch einen S-förmigen Kanal zu einem Ausgang auf der Oberseite, der die Luft dann über das Auto leitet. Der Ausgang ist in Form eines Schlitz oberhalb der Startnummer angebracht und optisch vor allem von oben zu erkennen.

In diesem Prozess wird der Luftstrom zwischen Nase und Chassis verbessert. Das bedeutet keinen großen aerodynamischen Vorteil, wurde von einem Technischen Direktor aber als durchaus "lohnenswert" bezeichnet. Diese S-Schächte sind in der Formel 1 nicht neu. Schon 2008 setzte Ferrari auf eine ähnliche Lösung. Allerdings verbot die FIA im Jahr 2014 Löcher in der Nase. Damit waren S-Schächte praktisch nicht mehr möglich.

Die Teams experimentierten zwar weiterhin mit Lösungen, sie waren aber nicht so effizient. Man nahm die Luft zwar unter der Nase auf, der Kanal durch die Nase verlief aber relativ steil, wodurch der Luftfluss nicht optimal war. Einen neuen Weg ging Force India im Vorjahr mit dem VJM08B, dessen Aerodynamik bei TMG in Köln entwickelt wurde. Es ist bis heute das einzige Formel-1-Auto mit den beiden markanten Löchern in der Nase. Die prinzipielle Idee dahinter wurde nun auch von Mercedes aufgenommen.

Generell wird Artikel 3.7.8 des technischen Reglements clever ausgelegt. 'auto motor und sport' zitiert diesen Paragraphen folgendermaßen: "Nur ein einziger offener Abschnitt darf innerhalb eines vertikalen Längsquerschnitts parallel zur Auto-Mittellinie vor einem Punkt 150 Millimeter vor der Vorderrad-Mittellinie, weniger als 250 Millimeter von der Auto-Mittellinie entfernt und 125 Millimeter über der Referenz-Ebene enthalten sein."

Die Löcher des Force India sind nicht ohne Grund in Schwarz gehalten. Dahinter befinden sich zwei getrennte Luftschächte, die so ineinander verdreht sind, dass optisch kein Loch zu erkennen ist. Damit umgehen die Aerodynamiker geschickt Artikel 3.7.8. des technischen Reglements. Auch bei Mercedes handelt es sich nicht um einen, sondern um zwei Schächte, die laut 'auto motor und sport' diagonal verlaufen, damit optisch kein deutliches Loch zu erkennen ist.

Mit diesem Trick kann Mercedes den Schacht unter der Nase weiter nach vorne legen und somit in die eigentlich verbotene Zone, wo keine Löcher erlaubt sind. Damit wird die Effizienz des S-Schachtes deutlich verbessert. Auch Toro Rosso wählte einen ähnlichen Ansatz wie Mercedes und führt zwei Schächte unterhalb der Nase. Interessant: Die Aerodynamiker von Red Bull sind nicht auf diesen Trick gekommen.