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  • 26.04.2015 13:13

  • von Lawrence Barretto (Haymarket)

Warum V8-Motoren ein Ding der Vergangenheit bleiben sollten

Eine Rückkehr zu V8-Motoren und 1000 PS könnte der Formel 1 kurzfristig gut tun, es wäre aber alles andere als eine günstige und einfache Lösung

(Motorsport-Total.com) - Es heißt, man solle niemals zurückgehen, weil man immer enttäuscht sein wird. Doch das ist genau das, was Formel-1-Boss Bernie Ecclestone für die Formel 1 vorgeschlagen hat. Man sollte die neuen und effizienteren 1,6-Liter-Turbomotoren, an denen die Hersteller jahrelang und kostenintensiv gearbeitet haben, fallen lassen und auf überarbeitete V8-Aggregate zurückgreifen, die 1000 PS produzieren sollen.

Titel-Bild zur News: Mercedes-Logo

Mercedes ist seit der V6-Einführung die dominierende Kraft der Formel 1

Ein Teil von Bernie Ecclestones Argument ergibt Sinn: "Wir müssen zurück auf Motoren gehen, deren Kosten vernünftiger sind", sagte er. Da liegt er nicht falsch. Die Power-Units und ihre zugehörige neue Technologie sind teuer. Und mit Kosten bis zu 25 Millionen Euro für einige Kundenteams kann das bis zu einem Viertel der Budgets der kleineren Teams ausmachen. In einer Phase, in der Teams Probleme haben zu überleben, können diese Kosten ein Team ruinieren - man sollte nur mal das aufgelöste Team Caterham oder Manor fragen, die nur durch ein Finanzpaket in letzter Sekunde auf den Grid kamen.

Allerdings wäre eine Rückkehr zu den V8 nicht so einfach zu bewerkstelligen, dass die Teams in ihre Fabrik zurückgehen, die alten Motoren abstauben, sie in das Heck des Autos packen und wieder Rennen fahren. Man müsste die Anlagen überarbeiten, für die bereits viele Millionen ausgegeben wurden, um dem neuen Motorenreglement zur Saison 2014 gerecht zu werden. Zudem würde es große Kosten verschlingen, die Power-Units auf das aktuelle Reglement umzurüsten und sie so anzupassen, dass sie 1000 PS generieren.

Wolff: PS-Zahl erhöhen ist einfach

Obwohl Mercedes und Ferrari bei den V8 bleiben wollten, als die Idee der neuen Motorenformel zuerst aufkam, dominieren erstere seitdem den Sport, während letztere in dieser Saison einen Motor produziert haben, der ernsthaft herausfordern kann. Warum würden sie es also jetzt ändern wollen und zudem noch weitere Kosten tragen?

In Bahrain erklärte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff, dass alle Pläne aktuell um die V6-Hybrid-Power-Unit gemacht würden, und meinte zudem, dass alle vier Motorenhersteller "ziemlich einig sind, dass die aktuelle Motorenarchitektur mit den Hybridkomponenten bleiben muss." Außerdem sagte Wolff, dass es ziemlich einfach wäre, die Pferdestärken auf 1000 PS zu erhöhen (da man eh im Zeitplan liege, 2017 950 PS zu erreichen) - und ganz wichtig: den Sound der Motoren zu erhöhen.

Toto Wolff

Toto Wolff sieht die PS-Zahl in den kommenden Jahren natürlich wachsen Zoom

"Ich denke, dass es ziemlich einfache Wege gibt, die Pferdestärken zu erhöhen - und das ist, den Benzinfluss zu erhöhen", so Wolff. "Dann ist die Frage: Was möchte man vermarkten? Macht es einen großen Unterschied, ob man 950 oder 1000 PS hat? Wenn man den Benzinfluss um zehn oder 20 Kilogramm pro Stunde erhöhen möchte, dann wird man mehr als 1000 PS haben. Aber dann muss man wichtige Komponenten des Motors neu designen und sie zuverlässiger machen - und das verursacht wieder große Kosten. Ich denke, wir verstehen, dass wir eine spektakuläre Formel wollen - nicht nur auf Chassis- sondern auch auf Motorenseite."

Ecclestone sorgt sich um Einnahmen

Ecclestone sagte, dass er die aktuellen V6-Hybrid-Motoren weiter akzeptieren würde, nachdem er von den Aussagen Wolffs erfahren hatte, allerdings müssen die Kosten kontrolliert werden. Er ist zudem besorgt, dass der Schritt zu Hybridmotoren dafür gesorgt hat, dass Formel-1-Fans ernüchtert wurden und das Interesse verloren haben, was folglich zum Einbruch der globalen TV-Zuschauerzahlen und der zahlenden Fans an der Strecke geführt hat.

"Die Formel 1 ist nicht nur Technologie, sondern auch Spaß", erklärt Ecclestone. "Wir müssen darüber nachdenken, wer ein Ticket kauft, sich auf die Tribüne setzt und ein großartiges Sportspektakel sehen möchte. Das Geld macht die Runde: Die Leute zahlen für Tickets, die Organisatoren nehmen das Geld und bezahlen uns, die dann das Geld an die Teams weiterleiten. Wenn allerdings die Einschaltquoten und die Zuschauerzahlen an der Strecke sinken, wird das zum Problem."

Wenn man bei den V6-Motoren bleibt, sie aber auf 1000 PS hochzüchtet, dann sollten die Autos schwieriger zu fahren sein, was es zu einer Herausforderung für die Fahrer macht und für aufregenderes Racing sorgt - und hoffentlich eine bessere Show generell. Die Fahrer freuen sich ebenfalls auf diese Aussicht.

Königsklasse bedeutet Fortschritt

Red Bulls Daniel Ricciardo sagt: "Wir sind alle dafür, schneller zu fahren und mehr Power zu haben. Das bringt uns am Ende Adrenalin, und dafür machen wir das ja. Vielleicht könnte es auch die Jungs mit ein wenig mehr Einsatz von den anderen trennen, da schneller fahren für uns junge Kerle immer etwas Gutes ist." Klingt fast wie eine eindeutige Sache, oder?

Der Schlüssel sind - natürlich - die Kosten. Wie Wolff sagt, werden wichtige Komponenten neu designt und entwickelt werden müssen, aber das wäre wohl günstiger, weitsichter und relevanter für die Autoindustrie, als die neue Technologie in die Tonne zu werfen und zurück zu den V8 zu gehen. Und wenn die Formel 1 die Spitze des Motorsports ist, dann sollte sie die Grenzen verschieben - und nicht zurückgehen.

Felipe Nasr

Für Sauber sind die Kosten der wichtigste Faktor der Debatte Zoom

"Als Kundenteam von Motoren ist der wichtigste Faktor in dieser Debatte, wie die Kosten aussehen werden", sagte Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn. "Die Motoren sind leider wieder dorthin zurückgegangen, wo sie einmal waren, und das ist nicht vernünftig. Wir wollten davon wegkommen."

Passen sich die Preise an?

Wenn sich die Anpassung der Motoren an eine sofortige Erhöhung der Benzinflussmenge als zu kostspielig erweisen sollte, dann wäre die andere Option, an dem Vorhandenen festzuhalten und der Entwicklung ihren Lauf zu lassen. Mit der Zeit werden die V6-Aggregate reifen, und während die frühe Entwicklung besonders teuer ist, werden die Hersteller ihre Kosten bei Forschung und Entwicklung nach ein paar Jahren wieder hereinbekommen.

Wir könnten selbst wieder an einen Punkt gelangen, an dem die Entwicklung eingefroren ist - wie bereits 2007 mit den V8 der Fall - und das sollte die Motoren viel günstiger machen. Dann liegt der Ball bei den Herstellern, ihren Teil beizutragen. Sie sollten in der Lage sein - oder eher vom Reglement gezwungen werden - ihre Motoren für einen Höchstpreis pro Jahr anzubieten. Auf diese Weise könnten Kundenteams angemessene Preise dafür zahlen, ohne ihr Überleben zu gefährden.

"Wir verstehen, dass die Hersteller ihre Kerntechnologie vorführen müssen, aber es sollte auf einem angemessenen Niveau sein", fügte Kaltenborn an. "Ich denke nicht, dass wir ihre Forschung und Entwicklung finanzieren sollten, weil sie die Motoren ohnehin produzieren würden. Man wird nie einen Mercedes mit Ferrari-Motor sehen - oder umgekehrt."


Der neue Renault-Motor für 2015

Jetzt liegt es an den Sportbossen, Teams und Herstellern, die Vergangenheit zu vergessen und in die Zukunft zu schauen - ansonsten könnten sie riskieren, nicht nur Teams zu verlieren, sondern auch die Fans und TV-Zuschauer, die Bernie Ecclestone so verzweifelt versucht zu halten.