• 13.11.2014 16:07

  • von Dominik Sharaf

Wer schön sein will: Das bringt die große Nasenkorrektur

Tiefer, länger, breiter: Das Technische Reglement schreibt ab 2015 neue Werte für Nasen vor, um die Autos sicherer und ästhetischer zu machen - Weniger Abtrieb?

(Motorsport-Total.com) - Kaum ein Bauteil hat sich in der Vergangenheit als so charakteristisch für Formel-1-Rennwagen erwiesen wie die Nase. Nach dem ästhetischen Kulturschock der Saison 2014 mit Staubsaugern und Ameisenbären erwartet die Fans im kommenden Jahr die nächste tiefgreifende Veränderung. "Ja, die wird es geben", bestätigt Lotus-Technikchef Nick Chester und spricht dabei nicht nur über den E23: "Ich glaube, dass es bei den meisten Teams der Fall ist." Anlass ist eine Änderung des Technischen Reglements.

Titel-Bild zur News: Romain Grosjean

Ein Blick in die Zukunft: So wie bei Lotus in Austin könnten bald viele Nasen aussehen Zoom

So wird im kommenden Jahr die Mindestgröße für die relevanten Querschnittsbereiche der Nase erhöht. "Wir sprechen von vorgegebenen Querschnitten sowohl 50 Millimeter als auch 150 Millimeter hinter der Nasenspitze. Diese Vorgaben dürfen nicht unterschritten werden", so FIA-Rennleiter Charlie Whiting am Rande des Großbritannien-Grand-Prix. Was kryptisch klingt, verfolgt ein ein simples Ziel: Die Formel-1-Boliden sollen wieder ansehnlicher und weniger exotisch werden.

Aktuelle Designideen gehören der Vergangenheit an, schließlich sind mit Ausnahme der in Austin gezeigten neuen Lotus-Nase alle Bauteile wegen ihrer Maße ab Januar illegal. Chester ist zuversichtlich, dass das Streben nach einem gewohnteren Anblick von Erfolg gekrönt ist: "Es gibt immer verschiedene Wege, Regeln zu interpretieren, aber ich glaube, dass die meisten Teams sich 2015 auf konventionelle Nasen besinnen." Aber welche Bestimmungen sollen auf welche Weise zum Erfolg führen? Und wie sehen die Zinken aus?

Weniger Abtrieb, mehr Sicherheit

Zurück zu Whiting: Was der Brite meint, sind vereinfacht ausgedrückt Abmessungen, die sich durch das Abschneiden der Nasen ergeben. Würde man 50 respektive 150 Millimeter hinter Spitze das Messer ansetzen, müsste die zum Vorschein kommende Fläche in ihrer Größe den Vorgaben entsprechen. 2015 sind das 9000 respektive 20.000 Quadratmillimeter. Verrückte Konstruktionen wie Schnäbel, Lanzen und Doppelspeere lassen sich damit nicht vereinbaren. Ihr Umfang ist deutlich zu gering, um das entsprechende Flächenmaß zu produzieren. Außerdem scheitern sie an Vorgaben zur Mindestbreite von 140 respektive 330 Millimetern.

Die Bestimmungen entsprechen eher dem Design, das Mercedes und Ferrari in diesem Jahr präsentiert haben, doch geht der Maßnahmenkatalog weiter. Die Mitte der Neunzigerjahre Mode gewordenen hohen Konstruktionen werden von der FIA nämlich ebenfalls ausgeschlossen. Mittel zum Zweck ist hier ein Höchstabstand zur Bodenplatte von 220 Millimetern (mindestens 135 Millimeter) an der Spitze, was die neuen Nasen eher an die Gestaltung der Formel-1-Autos der frühen Neunziger heranrückt. Das wirkt sich nicht nur optisch aus.

Crashtest bietet größere Hürde

Logischerweise bleibt weniger Platz für die Durchführung von Luft unter dem Boliden. Zu befürchten ist aus Sicht der Aerodynamiker ein weiterer Verlust von Abtrieb, nachdem das 2014 eingeführte Reglement in diesem Punkt bereits zu vielen Abstrichen verdonnerte. Die Sache hat auch einen Sicherheitsaspekt, schließlich soll das neue Design die Gefahr, bei Auffahrunfällen in die Luft katapultiert zu werden, minimieren. Bereits im Vorfeld der aktuellen Saison hatten viele Piloten und Techniker solche Bedenken geäußert.

Hand angelegt wird außerdem bei der Nasenlänge. Sie bemisst sich mit dem Abstand von der Spitze bis zum Beginn des Chassis. 850 Millimeter sind künftig der Mindestwert. Es ist in der Folge mehr als wahrscheinlich, dass die Spitze mittig über dem Frontflügel liegt und im weiteren Verlauf steil ansteigt, schließlich müssen auf der gesamten Länge des Bauteils 405 Millimeter an Höhe überbrückt werden. Die Nasen bleiben also weiter markant.


Fotostrecke: Die ungewöhnlichsten Formel-1-Nasen

Die Teams sehen sich nicht nur in Sachen Leistung und Ästhetik einer Herausforderung gegenüber. Es geht auch darum, die Crashtest-Normen der FIA zu erfüllen. Diese Aufgabe wird insbesondere durch die Verkürzung des Maximalabstandes zwischen Spitze und Chassis erschwert, denn es gibt weniger "Knautschzone". In der Vergangenheit gab es insbesondere bei den Hinterbänklern immer wieder Gerüchte, dass diese Aufgabe nicht gelungen sei. Über den Erfolg der Schönheitskorrektur muss nicht der Automobil-Weltverband, sondern das Auge des Betrachters entscheiden.