• 07.03.2014 13:30

Auf einen Blick: Wichtige Begriffe zum neuen Antriebsstrang

Der neue Antriebsstrang der Formel 1 unter der Lupe: Was sind die wichtigsten Bestandteile, wie funktionieren sie und wie arbeiten sie zusammen?

(Motorsport-Total.com) - Der Motor als Herzstück des Formel-1-Autos. Das war einmal. Zumindest aus der Sicht der Ingenieure. Denn sie sprechen nicht mehr länger nur von einem Motor, sondern von einem Antriebsstrang. Und dieser ist wiederum wesentlich komplexer als alles bisher Dagewesene. Was es genau damit auf sich halt, welche einzelnen Bestandteile es gibt und was diese bewirken, wie alles im Heck eines Formel-1-Autos zusammenspielt - all dies erfahren Sie in unserem ausführlichen Technik-Überblick.

Titel-Bild zur News: Mercedes-Motor 2014

Der neue Formel-1-Motor von Mercedes mit dem ebenfalls neuen ER-System Zoom

Antriebsstrang
Gemäß den Regeln besteht der Antriebsstrang aus sechs unterschiedlichen Systemen: Verbrennungsmotor, Motor-Generator-Einheit für kinetische Energie (MGU-K), Motor-Generator-Einheit für Hitzeenergie (MGU-H), Energiespeicher, Turbolader und Steuerelektronik.

Die veränderten Bezeichnungen unterstreichen, dass der neue Antriebsstrang viel mehr ist als "nur" ein Verbrennungsmotor. Und: Beim bisherigen V8-Motor wurde ein KER-Hybridsystem an einen bereits existierenden Motor "angegliedert". Formel-1-Motoren der Generation 2014 wie der neue Mercedes-Benz PU106A Hybrid wurden hingegen von Anfang an mit Hybridsystemen als integrale Bestandteile entworfen.

Verbrennungsmotor
Der Verbrennungsmotor ist das traditionelle, mit Benzin angetriebene Herzstück des Antriebsstrangs. Früher hat man darunter schlicht den Motor verstanden. 2014 nimmt der Motor folgendes Format an: 1,6 Liter Hubraum mit sechs Zylindern und Turbolader, Benzin-Direkteinspritzung und einem maximalen Einspritzdruck von 500 bar.

Während der V8-Motor noch bis zu 18.000 U/min erreichen durfte, ist die Drehzahl der Verbrennungsmotoren ab 2014 auf 15.000 U/min beschränkt. Die Reduzierung der Kurbelwellen-Drehzahl und die Reduzierung des Hubraums sowie der Zylinderanzahl verringern die Reibung und erhöhen somit die Gesamteffizienz des Antriebsstrangs. Das "Entschleunigen" und das "Downsizing" sind die entscheidenden technologischen Veränderungen am Kern des Verbrennungsmotors.

Lewis Hamilton

Auch optisch anders, aber die größten Veränderungen sitzen unter der Haube Zoom

Turbolader
Der Turbolader ist ein System zur Energie-Rückgewinnung. Es macht sich die Energie im Abgasstrom zunutze, um eine einstufige Abgasstrom-Turbine anzutreiben. Diese ist wiederum durch eine Welle mit einem Kompressor verbunden, wodurch die zur Verbrennung angesogene Luft verdichtet wird.

Der auf diese Weise vergrößerte Druck der angesaugten Luft hebt die Reduzierung des Hubraums und der Drehzahl im Vergleich zum bisherigen V8-Motor auf. So kann der "entschleunigte" und verkleinerte Motor eine hohe Leistung entfachen. Der Turbolader ist das Schlüsselsystem zur Effizienzsteigerung des Verbrennungsmotors.

Energie-Rückgewinnungs-System (ERS)
Zur Saison 2014 hat das Hybridsystem zur Energie-Rückgewinnung einen Buchstaben abgelegt (aus KERS wurde ERS). Gleichzeitig ist es technologisch wesentlich weiterentwickelt worden. Damit kann auch weiterhin Energie abgegriffen und durch eine Motor-Generator-Einheit (MGU) der Hinterachse zugeführt werden.


Fotostrecke: So funktioniert ERS

Diese Einheit wird nun als MGU-K bezeichnet (K für "kinetisch"). Sie verfügt im Vergleich zu 2013 über die doppelte Leistung (120 kW oder 161 PS statt 60 kW oder 80,5 PS). Diese Einheit kann pro Runde und im Vergleich zu 2013 fünfmal mehr Energie abgreifen (2 MJ) und zehnmal so viel abgeben (4 MJ), also über 30 Sekunden pro Runde bei voller Leistung.

Das System MGU-H (H für "Hitze"), ein mit dem Turbolader verbundener Elektromotor, greift die restliche Energie ab. Dem V8-Motor stand zuletzt nur ein möglicher "Energieweg" zur Verfügung, um mit KERS die Effizienz zu steigern, doch das neue ER-System bietet bis zu sieben unterschiedliche Möglichkeiten.

MGU-K (kinetisch)
Die "Motor Generator Unit-Kinetic" (MGU-K), die kinetische Motor-Generator-Einheit, verfügt über die doppelte Leistungsfähigkeit als die bisher verwendeten KERS-Motoren, arbeitet aber auf die gleiche Art und Weise.

Mercedes MGU-K 2014

Im Detail: So sieht die MGU-K-Einheit am neuen Mercedes-Formel-1-Motor aus Zoom

Sie wandelt Teile der kinetischen Energie, die an der Hinterachse beim Bremsen sonst ungenutzt bleiben würde, in elektrische Energie um und führt sie dem Energiespeicher zu. Wenn das Auto wieder beschleunigt, wird die im Energiespeicher gesammelte Energie an die MGU-K-Einheit abgegeben, die dann wiederum mit einer zusätzlichen Leistung von 120 kW (etwa 160 PS) für über 30 Sekunden pro Runde die Hinterachse antreibt.

MGU-H (Hitze)
Die "Motor Generator Unit-Heat" (MGU-H), die Motor-Generator-Einheit für Hitzeenergie, ist ein völlig neuer Elektromotor, der direkt an den Turbolader gekoppelt ist. Energie aus dem Abgasstrom, die nicht zum Antreiben des Kompressors genutzt wird, kann von der Turbine abgegriffen, von der MGU-H-Einheit gesammelt, in elektrische Energie umgewandelt und dem Energiespeicher zugeführt werden.

Während das System MGU-K pro Runde maximal 2 MJ an Energie abgreifen kann, gibt es keine derartige Beschränkung für das System MGU-H. Diese abgegriffene Energie kann dazu verwendet werden, beim Beschleunigen die MGU-K-Einheit anzutreiben.

Sie kann auch genutzt werden, um die MGU-H-Einheit anzutreiben, damit der Turbolader beschleunigt wird. Auf diese Weise kann das "Turboloch" ausgeglichen werden. Diese neue Technologie verbessert die Effizienz des Antriebsstrangs und stellt darüber hinaus ein entscheidendes Hilfsmittel dar, um eine gute Fahrbarkeit des verkleinerten Turbomotors zu gewährleisten.

Energiespeicher
Der Energiespeicher wird seiner Bezeichnung vollkommen gerecht: Er speichert die Energie, die von den beiden Motor-Generator-Einheiten (MGUs) abgegriffen wurde, um sie später wieder an die gleichen Systeme abgeben zu können.

Mercedes ERS 2014

ERS auf einen Blick: MGU-H (links), MGU-K (mitte) und Energiespeicher (rechts) Zoom

Das maximale und minimale Gewicht dieses Systems ist vorgegeben: Das Maximum von 25 Kilogramm setzt den Ingenieuren ein aggressives Ziel. Das Minimum von 20 Kilogramm sorgt indes dafür, dass nicht um jeden Preis Maßnahmen zur Gewichtsreduzierung getroffen werden.

kJ / MJ / kW
Ein Joule (J) ist eine Energieeinheit (kinetisch, Hitze, mechanisch, elektrisch, etc.). Ein Kilojoule (kJ) entspricht 1.000 Joule, ein Megajoule (MJ) entspricht 1.000.000 Joule. Kilojoule wird meist verwendet, um den Energiegehalt von Nahrungsmitteln anzugeben. Ein Megajoule stellt hingegen etwa die kinetische Energie eines eine Tonnen schweren Fahrzeugs dar, das sich mit 160 km/h bewegt.

Ein Watt (W) ist eine Leistungseinheit. Sie bezeichnet den Energiefluss. Ein Kilowatt (kW) entspricht 1.000 Watt. Diese Einheit wird meist dazu genutzt, das Leistungsvermögen eines Motors anzugeben. Ein kW entspricht 1,36 PS.