• 10.06.2007 13:59

  • von Hust / Stracke

Doping und die Formel 1

Muss nach den Offenbarungen diverser Radprofis auch in der Formel 1 mit einem Doping-Skandal gerechnet werden oder ist der Sport sauber?

(Motorsport-Total.com) - Das Thema Doping beschäftigt dieser Tage die ganze Welt und den Rad"sport". Dass in allen Gesellschaftsschichten Drogen konsumiert werden, ist hinlänglich bekannt, und so machen Drogen auch um den Motorsport keinen Bogen. In den vergangenen Jahren hat es immer wieder nachgewiesenen Drogenkonsum bei Rennfahrern gegeben, die Formel 1 ist davon jedoch bisher verschont geblieben.

Titel-Bild zur News: Lenkrad

Die meisten Experten halten Doping in der Formel 1 für sehr unwahrscheinlich

Im Gegensatz zu anderen Sportarten macht Doping in der "Königklasse des Motorsports" weniger Sinn. Im Radsport muss man dopen, um ganz vorn mitfahren zu können, in der Formel 1 können die Piloten auch ohne Doping Rennen und Weltmeisterschaften gewinnen. Das hat den Sport - womöglich - bisher vor einem Skandal verschont.#w1#

Der Automobilweltverband FIA führt nach dem IOC-Standard Dopingkontrollen durch: "Ich war auch schon als Testfahrer und dritter Fahrer ein oder zwei Mal pro Jahr bei der Dopingkontrolle, dieses Jahr noch nicht", so Alexander Wurz. "Ich bin mir sicher, dass wir in Magny-Cours, Silverstone oder Spa eine haben werden. Das sind Rennen, wo es immer eine gibt."

An Doping in seinem Sport glaubt der ehemalige BMX-Weltmeister nicht: "Wenn sich die Formel 1 dadurch besser fühlt, dann soll sie die Tests machen." Lediglich einmal, bei Rubens Barrichello und Max Papis im Jahr 1995, wurde Formel-1-Piloten eine unerlaubte Substanz (Ephedrin) im Blut nachgewiesen. Beide hatten zuvor jedoch denselben Hustensaft eingenommen, auf den dies zurückzuführen war. Von Konsequenzen wurde Abstand genommen.

Allerdings kann sich der Williams-Pilot vorstellen, dass Doping in der Formel 1 durchaus Sinn macht: "Es gibt sicherlich Mittel, die Dinge fördern, die man in der Formel 1 braucht. Aber man kommt auch ohne sie aus und gewinnt. Dies ist nicht die Sportart, in der man darauf anspielen muss, dass da Doping im Spiel ist."

Alexander Wurz hat sich als ehemaliger Teamchef eines Mountainbike-Rennstalls mit dem Thema auseinandersetzen müssen: "Wir haben einen Teamdoktor engagiert, der zum Schutz der Fahrer agiert und sie kontrolliert. Wenn du als Doktor nicht auf den Kopf gefallen bist, dann weißt du ganz genau, wo gezündelt wird. Das war bei uns immer das oberste Gebot: 100 Prozent clean. Wir haben viele Kontrollen gehabt, da unser Team in Italien stationiert war, Kontrollen bis ins Haus."

Immer wieder geistert das Gerücht durch die Boxengasse, dass in der Formel 1 Kokain konsumiert wird, zuletzt 2004, als Ex-Ferrari-Teamarzt Benigno Bartoletti behauptete, dass jeder dritte Formel-1-Pilot zu Kokain greife.

"In der ganzen Gesellschaft ist Kokain ein Leistungsförderer, speziell wenn du müde bist, um dich zu regenerieren oder eine Müdigkeitsphase zu überbrücken, wenn du gerade nicht müde sein darfst", so Wurz, der aber nicht glaubt, dass Formel-1-Piloten zu dieser Droge greifen. Die FIA reagierte damals übrigens mit der Bekanntgabe, 2004 mehr als 50 negative Dopingtests durchgeführt zu haben.

Ein positiver Test ist jedoch nie ganz auszuschließen, auch wenn nicht aktiv konsumiert wird: "Selbst wenn du zu einer Party gehst und du es dort konsumierst, bist du Schuld. Das kannst du nicht machen. Das sind Dinge, auf die du verzichten musst. Und wenn du auf einer Party bist und jemand einen Joint raucht, dann musst du rausgehen, auch wenn da deine besten Freunde sitzen. Das geht nicht. Da besteht dann die Gefahr, dass du positiv wirst."

Und was ist mit enthemmenden Drogen? "Ich glaube nicht, dass es in der Formel 1 zielführend ist, Mittel zu nehmen, die die Angst reduzieren", so Wurz. "Man fährt hier nicht gegen die Angst. Das Einzige, von dem ich glaube, dass es fördernd sein könnte, ist etwas, das die Konzentration länger auf einem höheren Niveau hält. Da gibt es viele Mittel, die dir die Konzentration für viele Stunden geben, nicht nur die anderthalb, die wir fahren. Aber wir reden hier von einem strikten Reglement, das es einzuhalten gilt. Es kommt keine Droge der Welt in Frage."

In der "Steinzeit" des Motorsports war es hingegen offenbar nicht unüblich, dem eigenen Körper mit verbotenen Substanzen auf die Sprünge zu helfen, auch wenn über dieses Kapitel meistens der Mantel des Schweigens gehüllt wird. Stirling Moss gab im März vergangenen Jahres zu gedopt zu haben, bekannte sich dazu, vor seinem Sieg bei der Mille Miglia 1955 Dopingmittel eingenommen zu haben: "Fangio gab mir einige Pillen, die mich wach halten sollten. Ich habe keine Ahnung, was das genau war, aber sie funktionierten jedenfalls. Damals nahmen alle Fahrer solches Zeug. Sie verwendeten Benzedrin und Dexedrin, speziell bei Rallyes." Verboten waren die Stoffe damals noch nicht.

Der einzige dokumentierte Dopingfall im europäischen Formelsport datiert übrigens ins Jahr 2002 zurück, als der Tscheche Tomas Enge seinen auf der Rennstrecke erkämpften Formel-3000-Titel aberkannt bekam, weil ihm die Einnahme von Cannabis nachgewiesen werden konnte. Enge behauptete später, es sei bei einer Party neben ihm ein Joint geraucht worden, er selbst sei aber nie direkt mit unerlaubten Substanzen in Kontakt gekommen.