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  • 27.11.2005 12:49

  • von Fabian Hust

Zahlen aus der beeindruckenden Welt der Formel 1

Die Formel 1 ist die bekannteste und teuerste Rennserie der Welt und in Bezug auf die Leistungsdaten wohl auch ein bisschen verrückt

(Motorsport-Total.com) - Zwar steckt dank ABS, ESP und Co. in jedem neuen PKW mehr Elektronik als in einem Formel-1-Auto, dennoch ist die Formel 1 ein Spielfeld der Superlative. Wussten Sie zum Beispiel, dass ein Formel-1-Team beim Entwerfen des Autos rund 3.500 Zeichnungen anfertigt oder ein Motor aus rund 3.000 Einzelteilen besteht? Es ist ein Wunder, dass die hoch gezüchteten Autos überhaupt ins Ziel kommen - im Schnitt wird alleine im Getriebe pro Rennen 2.600 Mal geschaltet.

Titel-Bild zur News: Alexander Wurz

Wird in der Formel 1 viel Rauch um nichts gemacht? Von wegen!

Und wenn die Umweltschützer aufschreien, haben sie nicht ganz unrecht. Abgesehen von der Tatsache, dass ein Formel-1-Feld locker einen Düsenjäger im Tiefflug überstimmen kann, verbrennt ein Team während eines Rennwochenendes rund 1.600 Liter Benzin, damit käme ein normaler PKW deutlich mehr als 20.000 Kilometer, ein Formel-1-Bolide gerade einmal rund 2.200 Kilometer weit. Hinzukommen noch rund 160 Liter Motoröl und 60 Liter Getriebeöl, die pro Rennwochenende je Team benötigt werden.#w1#

Am eindruckvollsten ist die Motorleistung. Sie betrug in diesem Jahr mit den V10-Motoren noch zwischen 850 und 910 PS. Diese Leistung kitzeln die Konstrukteure aus gerade einmal 3 Litern Hubraum heraus. Im kommenden Jahr wird die Leistung der Triebwerke durch die Einführung von V8-Motoren um fast 200 PS sinken.

Cosworth-V10-Motor

Aus 3 Litern Hubraum holten die Ingenieure 900 PS - ohne Turbolader Zoom

Im Zusammenspiel mit den weichen Formel-1-Reifen kann ein Formel-1-Auto von 0 auf 100 km/h in rund 2,5 Sekunden beschleunigen. Für den Sprint von 0 auf 200 km/h benötigt ein Formel-1-Auto weniger als 5 Sekunden oder umgerechnet 140 Meter.

Bevor solche Leistungen möglich sind, muss der Motor zusammengebaut werden. Dafür benötigen die Ingenieure rund 60 Stunden. Interessant ist der Wert PS pro Kilogramm. Bei einem PKW beträgt dieser Wert im Schnitt 0,09, bei einem Formel-1-Auto rund 1.5!

Auch die Bremskräfte sind beachtlich. Bei einer Vollbremsung aus 200 km/h steht ein Formel-1-Bolide innerhalb von 55 Metern, ein Vorgang, der nur 1,9 Sekunden dauert. Dabei entstehen Verzögerungskräfte von bis zu 5g. Das bedeutet, dass Körper durch die Verzögerung mit dem fünffachen ihres Eigengewichts in die Gurte gepresst werden. Beim Bremsen erhitzen sich die Karbon-Bremsscheiben dabei innerhalb von nur einer Sekunde auf 800 Grad Celsius.

Formel-1-Bremse

Die Bremsscheiben werden beim Bremsen so heiß, dass sie glühen Zoom

Möglich sind solche Bremswerte durch die Tatsache, dass die Formel-1-Autos relativ leicht sind. Der Motorsportweltverband FIA hat ein Mindestgewicht von 600 Kilogramm festgelegt, das inklusive Fahrer erreicht werden muss. Mit einer ordentlichen Spritladung wiegt ein Formel-1-Auto also rund 700 Kilogramm. Um das Gewicht zu erreichen, müssen die Teams Zusatzgewichte im Auto verteilen. Doch das ist Absicht, denn durch die Leichtbauweise der Autos lässt sich durch diese Zusatzgewichte das Fahrverhalten des Autos verbessern. Die Teams agieren dabei mit rund 100 Kilogramm Zusatzgewicht.

Das Geheimnis der Gewichtsersparnis ist das verwendete Monocoque aus Kohlefaser, das bei 135 Grad Celsius im so genannten Autoklaven "gebacken" wird. Während ein Team im Jahr mit rund zehn Chassis auskommt, benötigt man während des Jahres rund 60 Motoren, die die Autos auf der Geraden in Monza bis zu 360 km/h schnell werden lassen.

Renault-Fabriksmitarbeiter

Ein Monocoque wiegt weniger als ein durchschnittlicher erwachsender Mensch Zoom

In der Kurve spielt die Aerodynamik eine große Rolle. Sie ist so stark, dass ein Auto bei rund 150 km/h an der Decke fahren könnte, da dann der generierte Anpressdruck das Gewicht des Fahrzeugs übertrifft. Wenn die Fahrer in Monza mit 350 km/h unterwegs sind, dann wird das Auto - trotz flacher Flügeleinstellung - vorne mit 1,6 Tonnen und hinten mit 1,1 Tonnen auf die Straße gepresst.

Dabei werden die Reifen rund 100 Grad heiß - etwas über der idealen Betriebstemperatur, die bei rund 90 Grad liegt. Aus diesem Grund werden die Reifen exakt auf diese Temperatur vor dem Ausfahren aus der Box aufgeheizt - kein Wunder, dass die Mechaniker Handschuhe tragen. Übrigens nimmt ein Team pro Rennwochenende rund 70-80 Mechaniker an die Strecke, wobei es bei den Überseerennen rund 20 weniger sind.

Reifenwärmer mit Bibendum

Die Reifen werden unter Heizdecken auf Betriebstemperatur gebracht Zoom

Rund 350 Reifen verwendet das Starterfeld an einem Rennwochenende (bei Regen möglicherweise noch mehr), zusammen mit den zwei verschiedenen Mischungen und Regenreifen bringen die Hersteller aber rund 3.000 bis 4.000 Reifen an die Strecken. Diese Zahlen bringen nicht nur die Reifenhersteller ins Schwitzen. Auch die Fahrer tun dies in ihren Cockpits, bei Temperaturen von rund 50 Grad können sie in einem Rennen schon einmal mehr als 2 Liter ausschwitzen.

Schwitzen müssen aber auch die Mechaniker an einem Rennwochenende. Oder wussten Sie, dass die Box am Tag rund 22 Mal ausgefegt wird? Mit rund 20 Tonnen Material gehen die Teams an die Rennstrecken der Welt, die bei den Rennen in Europa in rund 8 LKWs verladen werden. Beim Boxenstopp sind die Mechaniker blitzschnell, ein Reifenwechsel dauert nur 2,9 Sekunden, das Betanken dauert 7-12 Sekunden, weil die Durchflussgeschwindigkeit des Benzins auf 9 Liter in der Sekunde begrenzt ist.

BAR-Honda-Mechaniker

Der Job eines Mechanikers ist ebenfalls ein schweißtreibender... Zoom

Dass die Formel 1 eine der teuersten Sportarten der Welt ist, dürfte jedem klar sein, so kostet alleine ein Motor in der Herstellung rund 300.000 Euro, ein Monocoque rund 100.000 Euro, das Getriebe 100.000 Euro, das Lenkrad 25.000 Euro, die Bremsscheiben 4.000 Euro und selbst die Pedale schlagen mit 1.600 Euro ordentlich zu Buche.

Die teuren Teile erweisen sich nicht als besonders lange haltbar. Eine Kupplung wird vor jedem Rennen ausgetauscht, das Getriebe muss komplett überholt werden und selbst die Lackierung des Autos wird für jedes Rennen "renoviert". Etwas länger halten da schon die Felgen, immerhin fünf Rennen.

Formel-1-Getriebe

Das 100.000 Euro teure Getriebe wird nach jedem Rennen überholt Zoom

Damit alle Teile im Auto funktionieren, wird alles per Telemetrie überwacht. 100 Sensoren schlüsseln gemessene Werte in rund 1.200 Informationskanälen auf. In jeder Runde entstehen so 4 Megabyte an Daten, das entspricht 2.800 Schreibmaschinenseiten. Wenn das Auto wieder an der Box parkt, werden zudem noch einmal weitere 40 MB Daten "gezogen".