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Sieg ohne Rückspiegel: Freudentaumel bei Stewart/Haas

Nach Kurt Buschs Premierensieg beim 59. Daytona 500 herrscht bei Stewart/Haas emotionaler Ausnahmezustand - Tränen, Jubel, Heiterkeit im Lager #41

(Motorsport-Total.com) - Dreimal griff Kurt Busch beim Daytona 500 schon knapp daneben, doch anno 2017 gelang ihm im 16. Anlauf endlich der Sieg im Rennen aller Rennen der NASCAR Cup-Serie. Gleichfalls ist es für Stewart/Haas der erste Sieg beim prestigeträchtigsten Lauf des Jahres. So ist es nicht verwunderlich, dass beim Team von Tony Stewart und Gene Haas alle Dämme brachen, als der Ford #41 als Erster die Ziellinie kreuzte. Die Emotionen kannten keine Grenzen und waren auch in der Victory Lane kaum abgeklungen.

Titel-Bild zur News: Kurt Busch

Der Jubel kannte keine Grenzen: Erster 500-Sieg für Busch & Stewart/Haas Zoom

Crew Chief Tony Gibson ließ seinen Emotionen freien Lauf. Unter Tränen fiel ihm nur ein, seiner Familie und allen Freunden zu danken. Als er sich gefasst hat, erklärt er: "Ich bin hier aufgewachsen. Mein Vater hat sein Leben lang Motorsport betrieben. Er hatte zwei Jobs und arbeitete Tag und Nacht. Ich hatte zwei Brüder, die ebenfalls Rennen gefahren sind. Ich muss Mama und Papa von Herzen danken. Und dann meiner Frau Beth, die mich seit 26 Jahren vollends unterstützt, auch wenn es schlecht läuft. All das bricht in einem solchen Moment einfach aus einem heraus. Es ist unglaublich."

Sieg mit Hindernissen

Der Rennsieger war nicht weniger emotional: "17 Jahre Herzschmerz wurden heute Nacht getilgt. Dieses Rennen wird immer unvorhersehbarer und ich wollte nicht in Muster aus der Vergangenheit zurückfallen." Damit meint er frühere Niederlagen beim Daytona 500. Während sein erster zweiter Platz im Jahre 2003 noch durch Glück wegen eines Regenabbruchs zustande kam, hätte er 2005 das Zeug zum Sieger gehabt, doch er ging auf Nummer sicher und schob Jeff Gordon zum Sieg statt auszubrechen - ein Fehler, den er bis heute bereut. 2008 schob er Ryan Newman an, weil er selbst nicht genug Pace hatte.

Alles ist Geschichte - Kurt Busch gehört in den Kreis der Daytona-500-Sieger. Beim ersten Einsatz eines Fords im Stewart-Haas-Team. Der Weg zum Sieg war steinig: In Segment zwei nahm sein Bolide leichten Schaden in einem der zahlreichen Unfälle, doch die Crew konnte notdürftige Reparaturen in der 5-Minuten-Pause vor dem dritten Segment durchführen. "Ein toller Job, sie haben alles so weit repariert wie sie es ging. Normalerweise bedeutet Klebeband am Auto, dass keiner mit einem fahren möchte. Bin ich froh, dass ich kein Tape hinten hatte", lacht er.

Das nächste Drama ließ nicht lange auf sich warten: 30 Runden vor Schluss verabschiedete sich der Rückspiegel im Auto. "Das war für mich ein Omen", grinst der 38-Jährige. Zunächst einmal bedeutet ein fehlender Rückspiegel auf einem Restrictor-Track jedoch Probleme. "Ich habe mir gedacht: 'Das ist jetzt aber spannend.' Ich habe mich gefragt, was mein Vater tun würde. Ich dachte an meine Zeit im Midget Racing ohne Spiegel. Ich sah vor mir eine solche Strecke. Die Außenbahn war die beste Linie. Ich sagte mir: 'Bleib einfach high und nutze die Fehler der anderen.' Und ich ließ etwa einen Meter Abstand zur Mauer, um die Autos von links abzufangen."

Geduld gewinnt gegen jugendlichen Übermut

Ein weiteres Problem gesellte sich hinzu: Wie alle anderen auch fehlte Busch ein wenig Sprit. Gerade im ersten Rennen mit einem neuen Hersteller keine Situation, in die man kommen möchte. "Mir fehlte Benzin für eine halbe Runde. Aber ich habe herausgefunden, wie man sie zurückgewinnt", sagt Busch. Seinem Team jagte er aber zuvor einen Schrecken ein, wie sich Gibson erinnert: "Tony Stewart saß neben mir. Ich fragte, ob Kurt bei Halbgas oder Dreiviertelgas oder was auch immer ist. Er sagte mir: 'Nö, der fährt voll. Anders geht's hier nicht.' Ich dachte mir nur: 'Oh perfekt, uns hilft ja hier keiner.'"

Busch wusste: Wenn er den Anschluss verlieren würde, wäre das Rennen gelaufen. "Eher wären wir alle liegen geblieben", bemerkt er. Er nutzte seine Erfahrung im Kampf gegen deutlich jüngere Piloten: "Ich hatte die 24 vor mir, doch es war nicht Jeff Gordon. In der 14 saß kein Tony Stewart mehr. Ich sah weder Kenseth noch Harvick da vorn. Dafür all diesen neuen, jungen Fahrer. Da wusste ich: 'Aha, ich bin der alte Sack hier. Ich sollte mir Zeit nehmen.' Diese Jungs waren teilweise etwas übereifrig." Teambesitzer Tony Stewart lobt ihn dafür: "Das war der geduldigste Kurt Busch, den ich je erlebt habe!"

In der letzten Runde setzte er alles auf eine Karte und zog schon Ausgangs Kurve zwei an Kyle Larson vorbei. Ein riskanter Move. "Ich habe erwartet, von hinten auf dem Weg zur Zielflagge gefressen zu werden", gibt er zu. "Ich dachte, das Pack würde mit Überschuss über mich herfallen. Ich kauerte mich im Auto zusammen - und gewann." Ihm kam zur Hilfe, dass mehreren Fahrern der Sprit auf den letzten Metern ausging und es deshalb kein klassisches Pack Racing bis zum Zielstrich gab.

Der Sieg ist auch für Tony Stewart emotional, da er nie das Daytona 500 als Fahrer gewinnen konnte. "Scheinbar musste ich nur zurücktreten, um hier zu gewinnen", lacht er. "Im Ernst: Ich denke, das Schönste wird sein, mit all den Jungs zu feiern. Ich habe gestandene Männer weinen sehen, die so hart gearbeitet haben, um diesen Moment zu erleben. Ich freue mich riesig darauf, mich in North Carolina vor sie zu stellen und ihnen zu gratulieren."