powered by Motorsport.com

Kontroverse Restarts: NASCAR erwartet Frust

Keine Strafe für Jeff Gordon in Chicago, Durchfahrtsstrafe für Brad Keselowski in Loudon: Die Art und Weise, wie NASCAR die Restarts bewertet, lässt Fragen offen

(Motorsport-Total.com) - Richmond, Chicago, Loudon: Die drei zurückliegenden Rennen in der NASCAR-Topliga Sprint-Cup hatten zwei Dinge gemeinsam. Zum einen siegte in allen drei Fällen ein Fahrer von Joe Gibbs Racing (Matt Kenseth, Denny Hamlin und nochmals Matt Kenseth). Zum anderen wurde im Nachgang zu allen drei Rennen intensiv über die Restarts diskutiert.

Titel-Bild zur News: Restart in Loudon: Brad Keselowski vs. Greg Biffle

Kein Vorteil und doch geahndet: Keselowskis Loudon-Restart gegen Biffle Zoom

Matt Kenseth gegen Joey Logano in Richmond, Jeff Gordon gegen Kyle Busch in Chicago und Brad Keselowski gegen Greg Biffle in Loudon: Diese drei Restart-Szenarien waren insofern vergleichbar, dass der auf der Innenbahn befindliche Fahrer jeweils sehr früh aufs Gas stieg. Kenseth in Richmond war dabei der einzige, der dies als Spitzenreiter tat. Hingegen traten Gordon in Chicago und Keselowski in Loudon jeweils als Zweitplatzierter früh auf den Stempel und riefen damit die NASCAR-Offiziellen auf den Plan.

Sowohl der von Gordon in Runde 145 des Chicago-Rennes innen neben Kyle Busch als auch der von Keselowski in Runde 242 des Loudon-Rennens innen neben Greg Biffle hingelegte Restart wurden genau unter die Lupe genommen. Mittels der in Chicago erstmals eingesetzten Kamera im Bereich der Restart-Zone und eines ebenfalls dort positionierten Offiziellen wurde in beiden Fällen sowohl optisch als auch akustisch analysiert.

Das Ergebnis: Gordon, der sich durch seinen fragwürdigen Restart die Führung holte, kam straffrei davon. Keselowski, der mit seinem fragwürdigen Restart zwar zunächst an Biffle vorbei ging, nur wenige Meter später aber wieder hinter dem Roush-Piloten herfuhr, bekam eine Durchfahrtsstrafe. Angesichts der scheinbar willkürlichen Auslegung der Restart-Regeln diktierte Keselowski unmittelbar nach dem Rennen in Loudon in die Fernsehkameras: "Die Sache lässt sich ganz einfach zusammenfassen. Es ist ein Unterhaltungssport, kein fairer Sport."


Restart: Jeff Gordon vs. Kyle Busch in Chicago

Bei NASCAR betont man, sowohl im Falle von Gordon in Chicago als auch im Falle von Keselowski in Loudon die korrekte Entscheidung getroffen zu haben. "Es war eng, aber all unsere Hilfsmittel, insbesondere die neuen Hilfsmittel, haben uns dabei geholfen, die Entscheidung zu treffen", erklärte NASCAR-Geschäftsführer Richard Buck nach dem Chase-Auftakt in Chicago, warum man nach rund zehnminütiger Untersuchung keine Strafe gegen Gordon aussprach.

Bucks Erklärung, warum man Keselowski beim zweiten Chase-Rennen in Loudon nicht ungestraft davonkommen ließ: "Der Führende hat das Vorrecht, den Restart in der Restart-Zone durchzuführen." Mit seinem frühen Beschleunigen habe Keselowski gegen diesen Grundsatz verstoßen. Inwiefern Gordon eine Woche zuvor nicht gegen diese Regel verstoßen haben soll, bleibt unbeantwortet.

Von einer "Lex Gordon" will man bei NASCAR nichts wissen. "Uns geht es nicht darum, jemanden zu belangen. Uns geht es um die Einhaltung der Regeln. Alle bitten darum, fair behandelt zu werden. Wir glauben, dass wir dem heute Rechnung getragen haben", so Buck am Sonntag in Loudon. Dass Keselowski den Überholvorgang gegen Biffle gar nicht abschloss, spielte demnach keine Rolle.


Restart: Brad Keselowski vs. Greg Biffle in Loudon

Wie kontrovers das Thema Restarts weiterhin ist, zeigt die Tatsache, dass sogar Biffle von der Durchfahrtsstrafe für Keselowski überrascht war. "Ich glaube beim besten Willen nicht daran, dass er einen Frühstart hinlegen wollte", so der Roush-Pilot am Sonntag nach Platz vier, während für den bestraften Penske-Piloten nicht mehr als Platz zwölf zu holen war.

Wie inzwischen feststeht, muss Keselowski für seine in Loudon abgefeuerte verbale Breitseite gegen NASCAR keine Konsequenzen fürchten. "Das ist Frustration. Wir verstehen das. Es geht um viel. Ich glaube nicht, dass wir einschreiten werden", so die Reaktion von NASCAR-Vizepräsident Steve O'Donnell gegenüber 'SiriusXM NASCAR Radio'.


Fotos: NASCAR in Loudon


Zwar lässt O'Donnell wissen, "ganz klar anderer Meinung" zu sein als von Keselowski dargestellt, doch er zeigt Verständnis für den Kommentar des Penske-Piloten: "Die Fahrer werden den Entscheidungen häufig nicht zustimmen, aber das ist in Ordnung. Wenn es zu weit geht, und damit meine ich das Racing im Allgemeinen, dann müssen wir einschreiten." Frustration aufgrund einer Entscheidung werde hingegen "erwartet", wie der NASCAR-Vizepräsident betont. "Das ist der Chase. Diese Fahrer wollen alle den Titel gewinnen. Ich wäre enttäuscht, wenn Brad nicht frustriert gewesen wäre", so O'Donnell.

Was unterm Strich bleibt, ist der fade Beigeschmack, dass NASCAR im Falle von Gordon in Chicago ein Auge zugedrückt hat, im Falle von Keselowski in Loudon aber nicht. So dürfte das Thema Restarts auch beim dritten Chase-Rennen des Jahres, dem AAA 400 am Sonntag in Dover, wieder eines der bestimmenden sein...