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Bowyer gewinnt in Richmond - Jeff Gordon im Chase

Drama in Richmond: Clint Bowyer rettet sich auf dem letzten Tropfen Sprit als Sieger ins Ziel - Jeff Gordon nimmt Kyle Busch dank Platz zwei die zweite Wildcard noch ab

(Motorsport-Total.com) - Welch ein Drama in Richmond! Nachdem der 26. von 36. Sprint-Cup-Saisonläufen zunächst äußerst zäh in die Gänge kam, entwickelte sich die Schlussphase zu einem wahren NASCAR-Thriller. Neben der Frage, ob beim Führenden Clint Bowyer die Spritvorräte in seinem Waltrip-Toyota reichen würden, richtete sich die Aufmerksamkeit in den Schlussrunden wie im Vorfeld erwartet auf das Duell Jeff Gordon (Hendrick-Chevrolet) gegen Kyle Busch (Gibbs-Toyota) im Kampf um die zweite Wildcard für den Chase.

Titel-Bild zur News: Clint Bowyer

Waltrip-Pilot Clint Bowyer gewann in Richmond einen wahren Marathon Zoom

Nach 400 Runden, die aufgrund von Regenfällen vor und während des Rennens erst knapp sechs Stunden nach der ursprünglich geplanten Startzeit absolviert waren, feierte Clint Bowyer in der Victory Lane tatsächlich seinen zweiten Saisonsieg. Jeff Gordon lief nach einer furiosen Aufholjagd im zweiten Teil des Rennens, das regenbedingt zwischendurch mit der Roten Flagge unterbrochen unterbrochen werden musste, auf Platz zwei ein.

Bei Chase-Konkurrent Kyle Busch verlief das Rennen genau umgekehrt. Über weite Strecken der Distanz hatte der Gibbs-Pilot die zweite Wildcard scheinbar sicher in seinen Händen. In der Schlussphase fiel er aber aufgrund eines Missverständnisses mit seiner Crew entscheidend zurück und lief letztlich nur als 16. ein. Den Sprung in den Chase verpasste Kyle Busch unterm Strich um drei Punkte.

Für den Sieg kam Richmond-Spezialist Busch diesmal nicht in Frage. Als es für Jeff Gordon zu Beginn überhaupt nicht lief, fuhr der Gibbs-Pilot mit Blick darauf, was für ihn auf dem Spiel stand, betont dezent und hielt sich lange Zeit um Platz zehn herum auf. Die Wende brachte eine Gelbphase in Runde 276, als es für einen kurzen Moment noch einmal anfing zu regnen. Busch wollte wie der Großteil des Feldes zum Stopp hereinkommen. Crewchief Dave Rogers plädierte am Funk jedoch für Risiko und wies seinen Fahrer an, draußen zu bleiben.


Fotos: NASCAR in Richmond


Mit sichtlich nachlassendem Grip wurde Kyle Busch anschließend leichtes Opfer für die frisch bereifte Konkurrenz und fiel sukzessive zurück. 76 Umläufe vor der Flagge wurde er von Leader Clint Bowyer überrundet. Zehn Runden später musste der Gibbs-Pilot dann unter Grün hereinkommen und fiel weiter zurück. Zu allem Überfluss machte hinten rechts auch noch eine Radmutter Probleme. Zu diesem Zeitpunkt war es um die Laune von Kyle Busch bereits geschehen. Auf die Frage seines Crewchiefs, welche Veränderungen am Auto er gern hätte, entgegnete Busch nur: "Das interessiert mich einen Scheißdreck."

Fernduell Jeff Gordon vs. Kyle Busch

Da das Auto von Konkurrent Jeff Gordon in den Schlussrunden plötzlich wie die Feuerwehr ging und sich der Hendrick-Pilot nach Rundenrückstand und miserablem Handling in der Anfangsphase im entscheidenden Moment doch wieder nach vorn arbeiten konnte, war es um die zweite Wildcard für Kyle Busch geschehen. Im Ziel hatte "Wild Thing" seine Emotionen dann wieder unter Kontrolle und hielt maßlos enttäuscht fest: "Wir wir haben es verpasst. Ganz einfach."

Gordon hingegen wusste nach Platz zwei selbst nicht, wie Crewchief Alan Gustafson seinem Auto in der zweiten Rennhälfte doch noch ein vernünftiges Fahrverhalten anerziehen konnte. "Anfangs war ich wirklich frustriert. Da hinten herumzufahren, war kein Spaß", so der Kalifornier, der zum Zeitpunkt der Roten Flagge nur auf Platz 26 und damit 15 Positionen hinter Kyle Busch - noch dazu mit Rundenrückstand - notiert wurde.

Während Busch die Caution in Runde 276 durch sein Missverständnis mit Crewchief Rogers sichtlich aus dem Tritt brachte, war diese Unterbrechung für Gordon ein Segen. Als Lucky-Dog gelangte er zurück in die Führungsrunde und ließ den Hendrick-Chevy beim Stopp noch ein letztes Mal umbauen. In der Schlussphase schnappte sich Gordon dann Gegner um Gegner und lief mit zwei Sekunden Rückstand auf den im Schongang fahrenden Clint Bowyer als Zweiter ein. "Es ist einfach unglaublich. Wir hätten das Ding fast noch gewonnen. Jetzt kann der Chase beginnen", so ein überglücklicher Jeff Gordon im Ziel.

Jeff Gordon, Kasey Kahne

Die Hendrick-Piloten Kasey Kahne und Jeff Gordon stehen via Wildcard im Chase Zoom

Da sich auch Hendrick-Teamkollege Kasey Kahne mit Platz zwölf in Richmond nicht mehr aus der Riege der Chase-Anwärter verdrängen ließ und seine zuvor bereits beanspruchte Wildcard Nummer eins verteidigte, fahren an den kommenden zehn Wochenenden erstmals alle vier Autos aus der Mannschaft von Rick Hendrick um einen Sprint-Cup-Titel. Kahnes Wildcard Nummer eins geriet nur im Zuge seines letzten Boxenstopps unter Grün kurzzeitig in Gefahr. Da wenig später auch die Konkurrenz mit Ausnahme von Bowyer noch einmal stoppen musste, brachte der Hendrick-Pilot im ersten Jahr seine Chase-Qualifikation aber letztlich sicher nach Hause.

Denny Hamlin vergibt dritten Sieg in Folge

In der langen Richmond-Nacht sah es lange Zeit nach einem weiteren Sieg für Denny Hamlin (Gibbs-Toyota; 18.) aus. Der vierfache Saisonsieger übernahm früh im Rennen die Führung von Polesetter Dale Earnhardt Jr. (Hendrick-Chevrolet; 14.) und schien auf dem besten Weg zu seinem dritten Triumph innerhalb von drei Wochen. Als das Rennen nach 152 der 400 wegen einsetzender Regenfälle mehr als eine halbe Stunde lang stillstand, hielt Hamlin Platz eins. Auch nach der neuerlichen Freigabe hatte der Gibbs-Pilot auf der inzwischen wieder trockenen Strecke alles im Griff.

Genau wie bei Kyle Busch, brachte die Regen-Caution in Runde 276 auch im Falle seines Gibbs-Teamkollegen Denny Hamlin die Wende zum Negativen. Auch Hamlin gehörte zu jenen Piloten, die zunächst auf einen endgültigen Abbruch spekulierten und draußen blieben, während unter anderem Clint Bowyer, Greg Biffle, Tony Stewart, Ryan Newman, Mark Martin, Matt Kenseth und Jeff Gordon die Boxengasse aufsuchten, um sich einen frischen Satz Reifen und eine Ladung Sprit abzuholen.

Denny Hamlin

Denny Hamlin fuhr lange auf Kurs zu einem erneuten Sieg, pokerte aber falsch Zoom

Im Falle von Bowyer war der Stopp während der letzten Regen-Caution der zweite innerhalb von gut 50 Runden. Im 235. Umlauf war es der Waltrip-Pilot selbst, der die Gelbe Flagge hervorbrachte, als er seinen Toyota Camry auf dem Start/Ziel-Bogen aus der Kontrolle verlor und sich in Richtung Infield wegdrehte. Grund war ein platter linker Hinterreifen, den er sich kurz zuvor bei einer Berührung mit Juan Pablo Montoya (Earnhardt/Ganassi-Chevrolet; 20.) eingefangen hatte.

Sieger Bowyer dankt Montoya

Nachdem Bowyer in Runde 278 erneut an der Waltrip-Box war, setzte man im Team auf Risiko und versuchte, die verbleibenden 132 Runden mit einer Tankfüllung zurückzulegen. Anders als im Falle Denny Hamlin gelang dies auch und in der Victory Lane war es Montoya, dem Sieger Bowyer seinen Dank aussprach: "Danke an Juan Pablo dafür, dass er mich gerammt hat. Das hat mir letztlich die Tür zum Sieg geöffnet."

Hamlin entschied sich in Runde 278 zunächst draußen zu bleiben. Als nur wenige Minuten später absehbar war, dass es nur ein paar wenige Regentropen waren, die niedergingen und das Rennen demzufolge wieder freigegeben würde, entschied sich der vierfache Saisonsieger genau wie Dale Earnhardt Jr. in der Runde vor dem Neustart doch noch zu einem Boxenstopp und fiel dadurch genau wie "Junior" ins Mittelfeld zurück. "Das ist schon hart, wenn man ein derart überlegenes Auto hat. Überhaupt war es heute ein extrem schwieriger Tag für Joe Gibbs Racing", kommentierte Hamlin nach Platz 14 mit Verweis auf seine beiden Teamkollegen Kyle Busch und Joey Logano, die im Titelkampf zuschauen müssen.

Clint Bowyer

Der Tank von Sieger Clint Bowyer war erst beim Burnout endgültig leer Zoom

Ryan Newman kurzzeitig mit Hoffnung auf die zweite Wilcard

Ryan Newman (Stewart/Haas-Chevrolet; 8.) war neben Kahne, Gordon und Busch der einzige der ursprünglichen acht Chase-Anwärter, der sich im Rennverlauf Hoffnungen machen durfte. Anfangs geriet auch Newman schnell in Rundenrückstand, profitierte dann aber vom Regenguss, der nach 138 Runden über der Strecke niederging und 14 Umläufe später schließlich die Rote Flagge hervorbrachte. Rund 100 Runden vor Schluss lag Newman dann aufgrund einer abweichenden Strategie kurz in Führung - auch der Stewart/Haas-Pilot war in Runde 278 draußen geblieben.

Zwischenzeitlich bildete Stewart/Haas Racing gar eine Doppelführung, da Boss Tony Stewart beim kurzen Schauer ebenfalls draußen geblieben war und sich beim Restart in Three-Wide-Manier gegen Kasey Kahne und Matt Kenseth (Roush-Ford; 5) energisch die Führung griff. In der Schussphase mussten aber beide noch einmal für einen letzten Tankstopp an die Box. Unterm Strich stand für Stewart Rang vier hinter Mark Martin (Waltrip-Toyota; 3.) zu Buche. Damit war seine Top-10-Platzierung in der Gesamtwertung verteidigt und die erste Wildcard an Kasey Kahne vergeben.

Carl Edwards und die übrigen Chase-Kandidaten ohne Chance

Während sich Ryan Newman aufgrund seines Pokerspiels zumindest kurzzeitig Hoffnungen auf den Sieg und damit die zweite Wildcard machen durfte, bestand für Marcos Ambrose (15.), Carl Edwards (Roush-Ford; 17.), Paul Menard (Childress-Chevrolet; 23.) und Joey Logano (Gibbs-Toyota; 30.) während der 400 Richmond-Runden nie eine realistische Chance, den Sprung in die Playoffs noch zu schaffen. Nur mit einem Sieg hätten diese vier Piloten überhaupt Ansprüche anmelden können.

So nehmen ab dem kommenden Wochenende folgende zwölf Piloten den zehn Wochen dauernden Kampf um den Sprint-Cup-Titel 2012 unter die Räder: Denny Hamlin, Jimmie Johnson, Tony Stewart, Brad Keselowski, Greg Biffle, Clint Bowyer, Dale Earnhardt Jr., Matt Kenseth, Kevin Harvick, Martin Truex Jr., Kasey Kahne und Jeff Gordon. Das erste von zehn Chase-Rennen steigt am Sonntag, den 16. September auf dem Chicagoland Speedway. Hamlin reist dank seiner vier Saisonsiege und der daraus resultierenden zwölf Bonuspunkte als Tabellenführer an. Im Vorjahr holte sich Tony Stewart auf dem 1,5-Meilen-Oval seinen ersten Saisonsieg und begann damit seinen beeindruckenden Durchmarsch in Richtung Titel.