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  • 27.06.2012 15:38

  • von Pete Fink

Piquet exklusiv: Wie geht es nach dem Sieg weiter?

Nelson Piquet Jr. feierte in Road America seinen ersten großen NASCAR-Sieg und erzählte 'Motorsport-Total.com', was nun die nächsten Schritte sind

(Motorsport-Total.com) - Es war erst sein drittes Nationwide-Rennen und schon kam sein erster großer Erfolg in der NASCAR: Nelson Piquet Jr. gewann am Wochenende das Nationwide-Rennen von Road America. Der 26-jährige Brasilianer, der eigentlich seine zweite volle Saison bei den Trucks bestreitet, sorgte damit für einige Aufmerksamkeit, denn dieses Rennen der zweiten NASCAR-Liga war äußerst prominent besetzt.

Titel-Bild zur News: Nelson Piquet Jun.

Nelson Piquet Jr. gewann am Wochenende sein erstes Nationwide-Rennen

Neben den versammelten Titelkandidaten Elliott Sadler, Austin Dillon (beide Childress-Chevy) und Neu-Sprint-Cup-Pilot Ricky Stenhouse Jr. (Roush-Ford) war natürlich auch Danica Patrick mit von der Partie. Dazu gesellten sich mit Jacques Villeneuve, Max Papis oder Ron Fellows einige weitere Gaststarter von Rang und Namen, aber sie alle hatten gegen den Turner-Chevrolet von Piquet keine Chance.

Gegenüber 'Motorsport-Total.com' gab der Nationwide-Premierensieger einen Einblick in seine aktuelle Gedankenwelt: Was bedeutet dieser Sieg für seine weitere NASCAR-Karriere? Welches sind nun die nächsten Schritte und wann gibt es im Sprint-Cup einen brasilianischen Piloten, dessen Nachname im weltweiten Motorsport einen sehr guten Ruf genießt?


Fotos: NASCAR in Elkhart Lake


Frage: "Nelson, zunächst einmal Gratulation zu deinem ersten großen NASCAR-Sieg. Was das für dich eine Erleichterung oder bezeichnest du das eher als Durchbruch?"
Nelson Piquet: "Weder noch. Es ist das Gefühl, dass du deinen Job gemacht hast und weißt, dass wenn du wirklich die Chance bekommst, deine Fähigkeiten in einem guten Team zeigen zu können, auch gewinnen kannst."

Der Oval-Sieg muss her

Frage: "Direkt nach dem Rennen hast du gesagt, dass du von vorne herein ein gutes Resultat, vielleicht sogar einen Sieg erwartet hast. Dabei war es erst dein drittes Nationwide-Rennen und dein erster Auftritt in Road America. Was hat dich so optimistisch gemacht?"
Piquet: "Dies war kein Last-Minute-Deal und wir haben alles getan, um bestens vorbereitet zu sein. Ich hatte ein gutes Team hinter mir, vor zwei Wochen hatten wir eine gute Testsession und mein Crewchief (Trent Owens; Anm. d. Red.) war sehr erfahren. Es waren also alle Zutaten zusammen, um dies auch umzusetzen."

Nelson Piquet Jun.

Erst die Pole-Position, dann der Sieg: Nelson Piquet in seinem Turner-Chevy Zoom

"Meine beiden anderen Nationwide-Rennen waren ganz anders. 2010 wusste ich noch nicht viel über NASCAR und ich saß in einem Auto, das nicht regelmäßig in der Serie an den Start ging. 2011 kam dann alles erst im letzten Augenblick zusammen. Ich hatte gerade bei Turner für die Truck-Saison 2012 unterschrieben und bekam die Chance, für sie im Nationwide-Saisonfinale zu fahren. Das habe ich gemacht, aber das Auto war nicht wirklich gut. In Road America hatte ich nun eine bessere Kontrolle über das gesamte Szenario. Es hätte auch mein erstes Nationwide-Rennen sein können und weil alles so sauber vorbereitet war, war es klar, dass der Sieg ein Ziel sein kann."

Frage: "Du fährst gerade eine volle Saison in der Truck-Serie. Ist es da nicht etwas seltsam, deinen ersten großen NASCAR-Sieg nicht bei den Trucks, sondern gleich eine Stufe höher zu holen?"
Piquet: "Naja, im Prinzip zählt es nicht soviel, denn es war ja eine Rundstrecke. Es ist eine Sache, Leute wie Austin Dillon oder Elliott Sadler auf einem Rundkurs zu schlagen und es ist eine andere Angelegenheit, dies im Oval zu schaffen. Das ist mein nächstes großes Ziel. Ich möchte zeigen, dass ich nicht nur in Brasilien dominieren kann und in Europa meine Siege geholt habe, sondern dass ich auch in den USA erfolgreich fahren kann."

Rockingham: Keine Chance für Kasey Kahne

Frage: "Scott Speed hat ja 2008 in Dover ein Truck-Rennen gewonnen. Aber abgesehen davon gab es bisher noch keine Oval-Siege von Piloten ohne NASCAR-Hintergrund. Juan Pablo Montoya hat das weder im Sprint-Cup, noch in der Nationwide-Serie geschafft, Marcos Ambrose genausowenig. Wo ordnest du einen Oval-Sieg ein und wann werden wir das erleben können?"
Piquet: "Ich hoffe, dass ich in der Truck-Serie schon bald gewinnen kann. Scott Speed gewann übrigens über die Benzinstrategie und er hat auch in der ARCA-Serie ein paar Ovalrennen gewonnen. Aber meine Intention ist es, einen Sieg unter normalen Bedingungen zu schaffen. Also als jemand, der von einer ganz anderen Art des Rennfahrens kommt ein Rennen zu dominieren und gegen die besten Jungs der NASCAR auf einem Oval zu gewinnen."

Rockingham: Nur eine Strafe verhindert den ersten Piquet-Sieg Zoom

Frage: "Apropos - Rockingham: Glaubst du, dass du in Rockingham eine Chance gegen Kasey Kahne gehabt hättest, wenn du nicht bei einem Pit-Lane-Speeding erwischt worden wärst?"
Piquet: "Also für mich ist es sonnenklar, dass ich dieses Rennen gewonnen hätte. Ohne die Strafe hätte das geklappt. Sogar mit einem Arm, einem Bein und einem Auge (lacht; Anm. d. Red.)."

Frage: "Nun sagen die Szenebeobachter ja, dass es drei oder vier Jahre braucht, bis ein Neuling in der NASCAR so richtig gut zurechtkommt. In Road America sagtest du, dass du noch eine sehr lange Zeit in der NASCAR bleiben möchtest. Hast du dir selbst ein Zeitfenster gegeben, in dem du diesen Transferprozess abschließen möchtest?"
Piquet: "Du sagst es richtig, es ist ein Prozess. Ich sehe diesen als endlos an. Als Fahrer kannst du dich immer verbessern, dazulernen und deine Fähigkeiten ausbauen. Ich merke das jedes Jahr, wenn ich in der Winterpause in Brasilien Kart fahre. Das mache ich seit ich denken kann und möchte in den Go-Karts immer noch schneller werden. Und ich lerne jedes Mal, wenn ich fahre."

Frage: "Kannst du uns den Unterschied zwischen deinem Truck und dem Nationwide-Auto beschreiben?"
Piquet: "Das ist ganz schwer zu sagen, weil ich das Nationwide-Auto nur auf einem Rundkurs gefahren bin und mit dem Truck ja im Oval unterwegs bin."

Basisarbeit in Brasilien

Frage: "Was ist dann die nächste Stufe in deiner NASCAR-Karriere? Können wir dich 2013 als Vollzeitpilot in der Nationwide-Serie erwarten? Und wie viel hilft dir der Sieg von Road America auf diesem Weg?"
Piquet: "Natürlich wird dieser Sieg einem Aufstieg in die Nationwide-Serie nächstes Jahr nicht schaden, aber das hängt noch von anderen Dingen ab. Vor allem von den Trucks. Ich muss dem Team zeigen, dass ich einen Platz in der Nationwide-Serie verdiene und sie von meinen Fähigkeiten überzeugen. Und die beste Bühne dazu ist für mich die Truck-Serie."

Nelson Piquet Jun.

Nelson Piquet Jr. will 2013 in der Nationwide-Serie fahren Zoom

Frage: "Wie sieht es mit Sponsoren aus Brasilien aus? Gab es da schon Interesse, dich auch in der NASCAR zu unterstützen?"
Piquet: "Es gab Interesse, aber NASCAR ist für die Brasilianer noch genauso fremd, wie es die IndyCars waren, bevor Emerson Fittipaldi dort in den 1980er Jahren angefangen hat. Wir müssen also eine NASCAR-Fankultur in Brasilien entwickeln. Auch das ist ein Prozess, denn je mehr Menschen das Ganze verfolgen und verstehen, desto mehr Fans werden generiert und desto mehr Sponsoren werden bereit sein, dort ihr Geld auszugeben."

Frage: "Braun Racing, das Vorgängerteam von Turner Motorsports hatte ein paar Car of Tomorrow im Shop. Ich nehme jetzt einmal an, dass Steve Turner diese Autos bei der Übernahme Ende 2010 auch gekauft hat. Hattest du schon einmal die Gelegenheit, ein Sprint-Cup-Auto zu testen?"
Piquet: "Nein, leider nicht und es gibt hier auch kein Sprint-Cup-Auto."

Bitte kein Rundkursspezialist

Frage: "Was wäre mit einem Einmal-Start im Sprint-Cup? Braun hat es 2010 in Indianapolis mit Jacques Villeneuve und deinem Crewchief Trent Owens gemacht. Zum Beispiel im August in Watkins Glen, denn das ist bei den Trucks ja ein freies Wochenende?"
Piquet: "Natürlich wäre es eine tolle Sache, einmal ein Cup-Rennen zu fahren. Aber nur, wenn es das richtige Team ist und die Sache gut vorbereitet wird. Die Möglichkeit, dort ein Nationwide-Rennen zu fahren, besteht und ich hoffe auch, dass ich dort ein gutes Auto bekommen kann. Wir haben mit Turner schon vor Road America über den Glen gesprochen. Aber noch lieber wäre mir eine Chance auf dem Oval."

Nelson Piquet Jun.

Als Nächstes muss ein Oval-Sieg in der Truck-Serie her ... Zoom

"Wenn sich also eine Möglichkeit für ein Rundkursrennen ergibt, dann wäre das klasse. Aber ich möchte nicht alle meine Karten auf die Rundstrecken setzen, denn ich bin der Meinung, dass ich auf den Ovalen noch eine Menge lernen muss. Und ich möchte kein Image als einer dieser Rundkursspezialisten bekommen."

Frage: "Aber dein ganz großes Ziel ist natürlich der Sprint-Cup, oder?"
Piquet: "Definitiv. Wie ich schon Anfang 2011 sagte, als ich mich dazu entschlossen habe, meine Rennfahrerkarriere in der NASCAR fortzusetzen: Ich möchte der erste Brasilianer sein, der ein Sprint-Cup-Rennen gewinnt und damit die NASCAR-Türe für andere Brasilianer aufmacht. So wie es Emerson in der Formel 1 und bei den IndyCars gemacht hat. Es ist mein Ziel, im Sprint-Cup zu fahren und dafür arbeite ich hart."

Frage: "Dann ist das Kapitel Formel 1 für dich ein für allemal beendet?"
Piquet: "Ja, absolut."