Kolumne: Wer letzte Nacht am schlechtesten geschlafen hat

In Australien fährt Dani Pedrosa wieder hinterher: Seine Höhen und Tiefen werfen Fragen für die Zukunft auf - Wie geht es mit ihm nach 2018 weiter?

Titel-Bild zur News: Daniel Pedrosa

2017 ist ein Jahr mit Höhen und Tiefen: Wie lange bleibt Pedrosa noch bei Honda? Zoom

Liebe Leser,

wieder einmal haben uns die MotoGP-Stars in Australien ein packendes Rennen geliefert! Bei dieser Action ist wohl niemand ruhig vor dem Fernseher gesessen. Bessere Werbung für unseren Sport gibt es nicht! Sieger Marc Marquez brachte es auf den Punkt: "Es war aggressiv und gab Berührungen. Aber das ist Rennsport. Wenn wir das Limit senken, dann fahren wir wie in der Formel 1. Deshalb macht MotoGP so viel Spaß." Die Verstappen-Strafe in Austin lässt grüßen.

Klar, die Zweikämpfe wurden teilweise extrem hart geführt. Vielleicht war die eine oder andere Aktion auch über dem Limit. Rennsport ist gefährlich und zum Glück ist nichts passiert. Mit etwas Pech hätte es auch einen schlimmen Unfall geben können. Aber für die besten Motorradrennfahrer der Welt war es in Ordnung. Alle strahlten nach dem Rennen und hatten mächtig Spaß. Deshalb sollten wir auch nicht von außen beurteilen, ob man die Fahrer daran erinnern sollte, in Zukunft vielleicht etwas mehr Umsicht walten zu lassen. Schließlich wissen diese Jungs, was sie tun.

In unserer Montagskolumne wollen wir im übertragenen Sinne jemanden auswählen, der nach dem Rennen schlecht geschlafen hat. Es wäre einfach, den Finger auf Ducati zu zeigen. Ja, der Hersteller hat insgesamt eine Klatsche kassiert und die WM-Chance von Andrea Dovizioso so gut wie vorbei. Die Streckencharakteristik von Phillip Island hat schonungslos aufgezeigt, dass Untersteuern in den schnellen Kurven immer noch ein entscheidender Schwachpunkt der Desmosedici ist.

Insgesamt hat Ducati in diesem Jahr wieder Fortschritte gemacht. Bei vielen Strecken war Dovizioso konkurrenzfähig, wo Ducati in der Vergangenheit immer Probleme hatte. Das war oft überraschend, auch für das Team selbst. Nun war man in Australien chancenlos. Wenn man die komplette Saison betrachtet, dann ist das Ducati-Paket noch nicht ganz auf dem Level, um Weltmeister zu werden. Schon gar nicht gegen einen bärenstarken Marquez. Ich will heute aber nicht den Finger auf die traurige Ducati-Seele zeigen, denn die praktisch verlorene WM-Chance ist Niederlage genug.


Fotos: MotoGP in Phillip Island, Rennen


Dani Pedrosa: Keine Chance bei kühlem Wetter

Stattdessen möchte ich den Fokus auf einen anderen Fahrer legen, der auch komplett untergegangen ist: Dani Pedrosa. Sein zwölfter Platz, nur hauchdünn vor Dovizioso, ist kein ruhmreiches Ergebnis. Die kühlen Temperaturen und das wechselhafte Wetter bereiteten dem kleingewachsenen Spanier einmal mehr Schwierigkeiten. Seine Crew tüftelte das gesamte Wochenende, es wurde alles probiert. Ins Rennen ging Pedrosa mit einer neuen Abstimmung, die unter dem Strich auch nicht die erhoffte Steigerung gebracht hat.

Viel ist in den vergangenen Jahren nicht für Pedrosa gelaufen. 2014 hatte er große Schwierigkeiten mit Armpump, Anfang 2015 unterzog er sich diesbezüglich einer Operation und fiel ein paar Rennen aus. Die Umstellung auf die Michelin-Reifen 2016 waren die nächste Herausforderung. Er brauchte fast die gesamte Saison, um ein Set-up zu finden, das mit diesen Reifen funktioniert. Dann passierte in Japan auch noch eine unglückliche Verletzung. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren hat Pedrosa 2017 eine gute Saison gezeigt. Sieben Podestplätze und ein Sieg sind eine durchaus gute Bilanz.

Pedrosa: Läuft seine Zeit bei Honda ab?

Aber im Vergleich zu Marquez sieht Pedrosa auch in der fünften gemeinsamen Saison alt aus. Nur der glühendste Pedrosa-Fan wird noch daran glauben, dass er eines Tages doch noch Weltmeister wird. Ich kann mir das beim besten Willen nicht mehr vorstellen. Dafür müsste schon sehr viel für ihn und viel gegen andere Fahrer laufen. Und langsam stellt sich auch die Frage, wie die Zukunft des 32-Jährigen aussehen wird. Ende 2018 laufen die Verträge aller Spitzenfahrern aus. Und 2016 hat gezeigt, dass die Hersteller schon im Frühling, also dann im Frühling 2018, ihre Jetons für die Zukunft setzen.

Wird Honda Pedrosa einen weiteren Zweijahresvertrag geben? Dafür sprechen seine Erfahrung und natürlich auch sein Speed. An bestimmten Tagen ist ein Pedrosa unschlagbar. Nur leider gibt es diese Tage nur ein- bis zweimal im Jahr. Auch für Marquez und damit für die Harmonie im Team ist er ein angenehmer Teamkollege. Auf der anderen Seite muss auch Honda langsam an die Zukunft denken. Wäre ein neuer Fahrer, der auch Marquez mehr fordern könnte, besser? Aber gibt es überhaupt diese Alternative?

Und welche Möglichkeiten hätte Pedrosa sonst noch? Ein Wechsel zu KTM vielleicht, wo sein ehemaliger Crew-Chief Mike Leitner arbeitet? Der Österreicher weiß, welche Qualitäten der Spanier hat. Seine Erfahrung wäre für KTM ein Pluspunkt. Außerdem ist Pedrosa seit Jahren ein Red-Bull-Athlet. Interessant wäre es auch, ihn einmal auf einem anderen MotoGP-Bike als der Honda zu sehen. Oder wird Pedrosa Ende 2018 seinen Helm an den Nagel hängen und seine Rente als Markenbotschafter für Honda verbringen?

Wer sonst noch schlecht geschlafen hat

Dass sich Aleix Espargaro beim Sturz einen Mittelhandknochen in der linken Hand gebrochen hat, ist natürlich Pech. Für Aprilia wäre wieder einmal viel mehr möglich gewesen. Das italienische Team hat seit dem Sommer ganz klar Fortschritte gemacht. Die Rundenzeiten in den Trainings sind oft sehr stark. Ein Podestplatz aus eigener Kraft scheint nicht mehr komplett außer Reichweite zu sein. Es liegt aber an Espargaro, dieses Potenzial im Rennen auch umzusetzen.

Aprilia hat nach den technischen Ausfällen im Frühjahr die Hausaufgaben erledigt. Für nächstes Jahr sind noch Fortschritte beim Motor geplant. Das Chassis ist vorzüglich, wie Phillip Island erneut gezeigt hat. Aber Espargaro bleibt seinem Ruf treu, es in den Rennen nicht umsetzen zu können. Nun liegt es an ihm, seine Hausaufgaben zu erledigen und fahrerisch noch einen Schritt zu machen. Dann könnte er im nächsten viel öfter in der Spitzengruppe eine Rolle spielen. Und ein starkes Aprilia-Team würde zusätzliche Würze in die spektakuläre Action bringen.

Ihr,


Gerald Dirnbeck

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