Wie Hitchcock-Drehbuch: Zarco rast in Le Mans auf Platz drei

Johann Zarco sichert sich beim Heimrennen in Le Mans sein bestes Quali-Ergebnis: Platz drei - Erstes MotoGP-Podium in Griffweite - Lob von Rossi und Vinales

(Motorsport-Total.com) - Tech-3-Pilot Johann Zarco bestätigt seine starke Form als MotoGP-Rookie auch im Qualifying in Le Mans. Während Teamkollege Jonas Folger den Einzug in den zweiten Qualifying-Abschnitt verpasst, kann sich der Franzose vor Heimpublikum durchsetzen und im Q2 überraschend seinen besten MotoGP-Startplatz, erstmals auch in der ersten Startreihe, einfahren. Zarco fehlten am Schluss nur 0,235 Sekunden auf die Pole-Zeit von Markenkollege Maverick Vinales. Von den Yamaha-Werkspiloten gibt es für die beeindruckende Leistung des 26-Jährigen viel Lob. (Zum Quali-Ergebnis!)

Titel-Bild zur News: Johann Zarco

Jubel bei Tech 3: Zarco fährt vor Heimpublikum von Q1 auf Startplatz drei Zoom

"Der Samstag hat eigentlich nicht gut begonnen", setzt der Tech-3-Pilot zu seinem Fazit des Qualifying-Tages an. Zarco ging im dritten Freien Training bei wechselhaften Wetterbedingungen zu Boden. "Danach hatte ich Bedenken, weil es mit den Pfützen auf der Strecke schwierig wurde, Selbstvertrauen aufzubauen", gibt er zu, schließlich sei er mit seiner Yamaha teilweise viel gerutscht. Dann kam jedoch die Wende: "Im vierten Training habe ich in meinem Kopf den Reset-Knopf gedrückt. Ich wollte mehr Gefühl reinbekommen und die Yamaha hat wirklich sehr gut funktioniert." Schon in FP4 sicherte er sich den vierten Platz.

Das habe ihm dann doch Zuversicht für das Q1 gegeben. Denn Zarco konnte in den ersten drei Trainings nur die 15. schnellste Zeit aufstellen und daher über den Umweg in das Q2 gelangen. "Das war aber kein Durchmarsch, weil auch Leute wie Pedrosa oder Dovizioso mitgefahren sind. Ich konnte auf der letzten Runde etwas mehr pushen und bin noch auf Platz zwei gegangen." Die französischen Fans jubelten bereits zu diesem Zeitpunkt, als hätte ihr Lokalheld gerade die Pole-Position eingefahren.

Hitchcock-Thriller: "Das Ende des Tages war wie ein Traum"

Für das Q2 hatte Zarco schließlich nur noch einen Reifensatz übrig, da er bereits nach dem Sturz am Vormittag Reifen wechseln musste und so für den restlichen Tag einen Satz weniger zur Verfügung hatte. "Das war keine spezielle Strategie. Es war notwendig, einen Reifensatz für Q1 und einen für Q2 zu verwenden. Im zweiten Qualifying wollte ich dann bis acht Minuten vor Schluss warten mit meinem Versuch. Das hat mehr Druck aufgebaut, ich konnte damit aber gut umgehen", resümiert er bedächtig.

Der eine Versuch auf dem weichen Reifen war schließlich gut genug für die dritte Position. Mit einer Zeit von 1:32.229 Minuten konnte er die reine Yamaha-Startreihe komplettieren. "Das Ende dieses Tages war wie ein Traum. Wenn man vor all seinen Fans in der ersten Reihe steht, das ist einfach toll", freut sich der Rookie. Und auch Tech-3-Teamchef Herve Poncharal musste sich nach dem Qualifying erst einmal beruhigen.

Johann Zarco

0,235 Sekunden fehlen Zarco auf seine erste MotoGP-Pole-Position Zoom

"Mir geht es jetzt wieder gut", versichert der Teamchef wenig später am 'Eurosport'-Mikrofon mit einem Lächeln. "In Q1 hat er es geschafft, in der allerletzten Runde einen Abstand auf alle anderen herauszufahren und seine Position für Q2 zu sichern. Leider hatten wir nur einen Reifensatz für Q2, daher konnten wir nur einen Versuch wagen", bestätigt er Zarcos Schilderungen. "Wir haben von dieser ersten Startreihe geträumt. Wir dachten auch, dass die vierte Position schon gut wäre, aber trotzdem waren wir nicht ganz zufrieden. Wieder holte er im letzten Sektor alles heraus. Da setzte er sich in die erste Startreihe. Hitchcock selbst hat wahrscheinlich zugesehen und gedacht, dass er es sich nicht besser hätte ausdenken können", strahlt der Teamboss.

Rossi-Nachfolger bei Yamaha? - "Kann um Sieg mitfahren"

Nach einer "außergewöhnlichen" Leistung fordert Poncharal aber auch, dass das Team "auf dem Boden bleibt". Schließlich findet erst am Sonntag das Rennen statt. "Das Bike hat das Potenzial, um auf das Podium zu fahren", glaubt jedenfalls Zarco. "Schon im letzten Jahr waren Lorenzo und Vale sehr stark." Lorenzo gewann mit einem Abstand von zehn Sekunden vor Rossi. "Daher dachte ich, ich muss es versuchen. Wenn man das Bike richtig fährt, muss man auf so einer Position landen. Das ist eine gute Chance für morgen." Wie auch die Yamaha-Werkspiloten hofft Zarco auf trockene Bedingungen.

"Er muss ruhig bleiben, wenn er gegen uns fährt." Vinales warnt Zarco

Vinales und Rossi sind auf einen Dreikampf an der Spitze eingestellt. "Er wird bereits in der ersten Kurve kämpfen. Er wird sicher versuchen, Erster zu sein", glaubt Vinales und lobt den bisherigen Auftritt des Franzosen: "Er macht einen sehr guten Job. Er hat morgen eine gute Chance, mit uns an der Spitze zu kämpfen." Der Spanier scheint beeindruckt zu sein, warnt seinen Markenkollegen jedoch: "Er muss nur ruhig bleiben, wenn er gegen uns fährt. Wir müssen schließlich auf dem Podium ins Ziel kommen."

Mit Valentino Rossi hatte Zarco bereits in Austin einen heiklen Moment auf der Strecke. Der "Doktor" spricht dennoch in höchsten Tönen von dem Tech-3-Rookie: "Ich denke, er ist eine Überraschung. Natürlich hat jeder erwartet, dass er schnell sein wird, weil er zweifacher Weltmeister ist. Er hat aber noch mehr gezeigt." Der Italiener hat sich die Longrun-Zeiten sehr genau angesehen und glaubt, dass Zarco auch im Renntrimm eine Gefahr sein könnte. "Er kann sicher um den Sieg oder das Podium kämpfen."


MotoGP in Le Mans

Schließlich stellt sich die Frage, ob Zarco der logische Nachfolger auf Rossi sein könnte? Schließlich hat sich der 38-Jährige noch nicht entschieden, was er nach Vertragsende 2018 machen wird. Zarco hat seinen Vertrag mit Tech 3 an diesem Wochenende bereits um ein Jahr verlängert. Rossi scheint von der Idee nicht abgeneigt zu sein: "Warum nicht? Das könnte passieren." Er betont jedoch auch: "Ich habe noch einen Vertrag für zwei Jahre und ich genieße es, immer noch stark zu sein. Leider bin ich schon ziemlich alt", schmunzelt er. Rossi werde sich im kommenden Jahr über seine Zukunft Gedanken machen - sein potenzieller Nachfolger könnte da schon feststehen...

"Warum nicht? Das könnte passieren." Rossi über Zarco als Nachfolger