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Lorenzo strahlt: Erstes Ducati-Podium "besser als ein Sieg"

Jorge Lorenzo holt mit Platz drei in Jerez überraschend sein erstes Ducati-Podium - Kritik an seinen Kritikern: "Haben sich zu früh gefreut" - Bremse entscheidend

(Motorsport-Total.com) - Vier Rennen musste sich Jorge Lorenzo gedulden: In Jerez platzte der Knoten seines verkorksten Ducati-Einstands. Der Spanier fuhr am Sonntag zum ersten Mal mit der Ducati auf das MotoGP-Podium - das inssgesamt 100. Podium für die Italiener. Der dritte Platz hinter Dani Pedrosa und Marc Marquez fühle sich besser an als jeder Sieg auf der Yamaha. Der 30-Jährige kam aus dem Jubeln nicht mehr heraus, vor allem weil er sich den dritten Platz aus eigener Kraft erkämpfen konnte. "Das war das beste Geschenk überhaupt", strahlt das Geburtstagskind.

Titel-Bild zur News: Jorge Lorenzo

Jorge Lorenzo jubelt in Jerez: Erstes Ducati-Podium seiner Karriere Zoom

Ein besseres Geschenk hätte sich der viel kritisierte Ex-Champion nicht wünschen können, schließlich musste er vielen Skeptikern beweisen, dass sein Wechsel zu Ducati doch ein Erfolgsprojekt ist. "Das ist mehr als ein Sieg. Jeder weiß, wie schwierig es ist, derzeit mit diesem Bike im Trockenen schnell zu sein. Das war eine schwierige Strecke." Denn der Kurs in Jerez ist keine Ducati-Paradestrecke. Nur 2006 holte Loris Capirossi den Sieg für die Italiener, zuletzt stand Nicky Hayden 2011 mit einer Desmosedici auf dem Podium. Deshalb absolvierte das Team Ende März mit den Werkspiloten auch einen Privattest auf dem Kurs.

Für Lorenzo persönlich war Jerez schon immer ein guter Boden. Der flüssige Kurs kommt dem Mallorquiner entgegen, bereits zum achten Mal stand er heute auf dem Podium in Spanien. Ob er selbst heute den entscheidenden Unterschied ausmachen konnte? "Die Reifen waren in diesem Jahr etwas weicher, außerdem ist Jerez eine meiner Lieblingsstrecken", zählt er die Gründe für seinen Erfolg auf.

Richtige Reifenwahl & starkes Duell mit Zarco

"Ich wusste, dass ich die Pace habe, um um den fünften oder sechsten Platz zu kämpfen. Dann habe ich unerwartet weitere Fahrer überholen können. Die Pace im Rennen war recht langsam aufgrund der Hitze. Daher konnte ich die Fahrer Schritt für Schritt überholen", gibt er sich verwundert. Von Startplatz acht, der ihn bereits am Samstag jubeln ließ, ging es kontinuierlich nach vor. Lorenzo konnte mit den Yamahas mithalten, in Runde sechs war er bereits Vierter. Dann folgte ein Schlagabtausch mit Rookie Johann Zarco.

"Ich war im Heck von Zarco. Es hat ein paar Runden gedauert, bis ich ihn überholen konnte. Das war nicht einfach. Auf den letzten Runden konnte ich aber wegfahren, weil meine Reifen womöglich noch etwas besser waren", wirft er ein, obwohl auch der Tech-3-Pilot mit Medium-Medium bestückt war. Nach dem Rennen meldete er vor allem Probleme am Hinterreifen, obwohl er sich im Warm-up noch mehr um den Vorderreifen sorgte.

Jorge Lorenzo, Johann Zarco

Lorenzo und Zarco duellieren sich über mehrere Runden um Rang drei Zoom

"Mit zwei neuen Reifen hat sich das Problem auf den Hinterreifen verlagert. Die Front war ganz okay. Zarco und ich waren ganz konkurrenzfähig, weil die Entscheidung, den Medium-Vorderreifen zu wählen, die richtige war. Die anderen hatten mit dem harten Vorderreifen, abgesehen von Honda, mehr Probleme. Das Heck war aber sehr rutschig heute."

"Wusste, dass es unser Tag werden könnte..."

Zu jenem Zeitpunkt dämmerte es dem fünffachen Weltmeister auch, dass der 7. Mai womöglich ein Feiertag für Ducati werden könnte. Er witterte seine Podiumschance. "In diesem Moment war ich fokussiert aufs Fahren, gleichzeitig wusste ich aber genau, welche Position realistisch sein könnte. Möglicherweise wäre Zarco davon gefahren, als ich aber aufholen konnte, dachte ich, dass ich auf das Podium fahren könnte." Nach seinem Überholmanöver in Runde zwölf folgte eine Zitterpartie.

Denn Zarco ließ sich nicht so einfach abschütteln. "Als ich schon müde war, war es schwierig, noch daran zu glauben, dass ich wegfahren könnte. Schließlich wuchs der Abstand aber. Ich habe gepusht, auch mit einem instabilen Bike." Nachsatz: "Ich wusste, dass ich fokussiert bleiben muss, denn das könnte womöglich unser Tag werden." Und so kam es am Ende auch. Zarco hatte im Ziel rund drei Sekunden Rückstand auf Lorenzo.

Den Grundstein für diesen überraschenden Erfolg legte ein sichtlich stolzer Lorenzo bereits in Austin. Im Qualifying in Texas holte er den sechsten Platz. Er experimentierte mehr mit seiner Sitzposition und der Hinterradbremse, was sich positiv auf seinen Fahrstil auswirkte. Er habe immerhin schon in den Juniorkategorien länger gebraucht, um ein Bike zu verstehen - nur die Yamaha 2008 passte sofort zu seinem Fahrstil.


MotoGP in Jerez

Kritiker haben sich "zu früh gefreut" - Hinterradbremse ein Faktor

Da sich nicht sofort sichtbare Fortschritte erkennen ließen (nach den Platzierungen elf und neun in Katar und Austin), meldeten sich Kritiker zu Wort. Denen richtet der Spanier nun aus: "Manche Leute haben bereits meinen Fahrstil oder meine Mentalität angezweifelt. Sie haben sich aber zu früh gefreut, weil man keinen einzigen Fahrer in der Weltmeisterschaft anzweifeln sollte. Alle Fahrer hier sind sehr gut und können an der Spitze fahren, besonders aber ein Fahrer, der viele Siege und Titel gewonnen hat."

Speziell die Verwendung der Hinterradbremse spricht Lorenzo im Kontext an. Nach einem schwierigen Wochenende in Austin habe er viele Erkenntnisse gewonnen. Besonders die Leistung im Texas-Qualifying machte ihm Mut, im Rennen fehlte ihm noch die Erfahrung auf gebrauchten Reifen. In Jerez fühlte er sich daher bereits ab Freitag besser auf dem Bike, das Rennen verlief sogar besser als erwartet. Sein Fahrstil würde bereits flüssiger werden, schildert er. Zuvor hatte er sich über ein unnatürliches Verhalten beklagt.


Fotos: Jorge Lorenzo, MotoGP in Jerez


"Es ist nicht natürlich für mich, die Hinterradbremse zu verwenden. In jedem Training, in dem ich das mache, fühlt es sich schon besser an. Früher oder später wird es ganz normal für mich sein, so zu fahren. Ich bin jetzt rund neun Jahre ohne Hinterradbremse gefahren und ohne am Kurveneingang zu rutschen. Bei diesem Bike muss ich es aber verwenden, bis es sich womöglich verändert", erklärt er die Unterschiede zur Yamaha. "Möglicherweise werde ich es auch weiterhin verwenden, auch wenn sich das Bike ändern sollte. Man muss immer einen Weg finden, um das Maximum aus einem Bike zu holen." Das konnte Lorenzo am Sonntag in Jerez eindrucksvoll unter Beweis stellen.