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Ist ein guter MotoGP-Pilot auch ein guter Superbiker?

Der Wechsel von den Prototypen zu den Superbikes und umgekehrt tritt regelmäßig Diskussionen los: Wir haben uns im Fahrerlager zu diesem Thema umgehört

(Motorsport-Total.com) - Seitdem in der Motorrad-Weltmeisterschaft mit Viertaktern gefahren wird, duellieren sich die MotoGP und die Superbike-WM um die Vormachtstellung im Motorradsport. In den vergangenen Jahren setzte sich die MotoGP deutlich ab, doch Überraschungen wie der November-Test im vergangenen Jahr in Jerez, als Superbike-Weltmeister Jonathan Rea die versammelten MotoGP-Piloten blamierte, bringen immer wieder Würze in das ungleiche Duell.

Titel-Bild zur News: Nicky Hayden, Roman Ramos

Nicky Hayden (69) gewann in der MotoGP und in der Superbike-WM Rennen Zoom

Doch was unterscheidet einen guten MotoGP-Fahrer von einem guten Superbiker? "Oftmals haben ehemalige Grand-Prix-Piloten in der Superbike-WM Probleme und umgedreht", stellt Ducati-Werkspilot Chaz Davies im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' fest. "Es ist eine gute Frage, die sich schwer beantworten lässt. Es gibt so viele Faktoren in der Superbike-WM, die das Ergebnis bestimmen: das Motorrad, das Team, die mentale Einstellung des Fahrers, die Reifen etc. - es gibt tausende Faktoren, die schlussendlich für ein gutes Ergebnis am Renntag sorgen."

"Wenn ein erfolgreicher Grand-Prix-Fahrer umsteigt, dann muss das nicht zwingend heißen, dass er auch bei den Superbikes Erfolg hat, wenn er kein gutes Paket hat. Es gibt hier sehr gute Fahrer", betont Davies, der von 2002 bis 2006 in der Motorrad-WM fuhr und 2007 drei Einsätze in der MotoGP absolvierte. Sein wahres Potenzial konnte er aber nicht zeigen: "Ich fand damals keine gute Situation vor in der MotoGP. Es ist nicht einfach, mich dazu genau zu äußern und den exakten Unterschied zu erklären. Es hängt sehr viel von den Umständen ab", erklärt der Brite, der in der MotoGP keine Punkte einfahren konnte.

Nicky Hayden kennt beide Welten

"Zwischen einem guten Superbike-Fahrer und einem guten MotoGP-Fahrer gibt es keinen allzu großen Unterschied", hält Nicky Hayden fest. "Vieles hängt vom Material ab. Wenn ich mir anschaue, was Karel Abraham im vergangenen Jahr hier zeigte und wo er jetzt landet. Beim Grand Prix in Argentinien stand er immerhin in der ersten Startreihe und in der Superbike-WM schaffte er es nicht einmal in die Superpole 2. Die Motorräder unterscheiden sich nicht mehr so stark. Ein guter Fahrer kann in beiden Serien schnell sein."

"MotoGP-Fahrer sind sehr stark auf der Bremse, vermutlich stärker als die Fahrer aus der Superbike-WM. Dafür können die Superbike-WM-Piloten sehr gut mit einem unruhigen Motorrad umgehen. Ich würde behaupten, dass die Spitzenfahrer der MotoGP sehr speziell sind, aber es gibt auch hier sehr gute Piloten", analysiert Hayden, der 2016 erstmals in der Superbike-WM startete, nachdem er von 2003 bis 2015 in der Königsklasse fuhr. "Ich bin überzeugt, dass Marquez oder Vinales nach einem halben Tag auch hier an der Spitze wären", fügt der US-Amerikaner hinzu.


Fotos: Superbike-WM in Assen


Holpriger Umstieg von der WSBK in die MotoGP

Doch warum scheitern einige Superbike-WM-Spitzenfahrer beim Umstieg in die MotoGP? "Die MotoGP ist momentan vermutlich die Meisterschaft, in der die Reifen die größte Rolle spielen. Man muss sie richtig verstehen und erkennen, wie man sie am besten nutzt. Diese Umstellung ist vermutlich die größte Herausforderung", grübelt Davies.

Chaz Davies

Chaz Davies sieht in der Charakteristik der Reifen die größte Herausforderung Zoom

Die Spitzenleistung ist in der MotoGP etwa 40 bis 50 PS höher. "Ein MotoGP-Motorrad hat sehr viel Leistung. Aber auch wir haben hier sehr viel Leistung und mit der Hilfe der Elektronik kann man die Maschinen fahrbarer machen. Ich sehe das nicht als größtes Problem an. Die Reifen sind hier wichtiger", betont Davies.

Honda-Teammanager Ronald ten Kate hat für die laufende Saison mit Hayden und Stefan Bradl gleich zwei ehemalige MotoGP-Piloten verpflichtet. Der Holländer erkennt, was einen wahren Champion ausmacht: "Die absoluten Spitzenfahrer, wie Jonathan (Rea), Nicky oder Stefan, haben eine ähnliche Herangehensweise. Diese Fahrer kümmern sich nicht so stark um die Rundenzeiten. Sie haben ein besseres Gefühl", stellt der erfahrene Teamchef fest.