• 21.08.2016 20:53

  • von Juliane Ziegengeist & David Emmett

Nach Reifen-Desaster im Regen: Lorenzo schimpft auf Michelin

Nach zwei Boxenstopps wird Jorge Lorenzo beim Großen Preis von Tschechien Letzter - Yamaha-Pilot sieht Michelin in der Pflicht, Regenreifen zu verbessern

(Motorsport-Total.com) - Für Jorge Lorenzo geriet der Große Preis von Tschechien 2016 nur eine Woche nach seinem Comeback auf dem MotoGP-Podium erneut zur mittelschweren Katastrophe. War der Spanier im Qualifying noch Zweitschnellster hinter Polesetter Marc Marquez, machte ihm der Regen am Sonntag einen Strich durch seine bis dato gute Performance. Zwar konnte Lorenzo am Start kurzzeitig an die Spitze stürmen, wurde dann aber in nur einer Runde nach hinten durchgereicht und verlor ganze acht Positionen.

Titel-Bild zur News: Jorge Lorenzo

Yamaha-Pilot Jorge Lorenzo hadert mit den Regenreifen in Brünn und wird Letzter Zoom

Ab da nahm das Unheil seinen Lauf. Bis auf Rang 16 fiel der Yamaha-Pilot zwischenzeitlich zurück, kämpfte sich gegen Rennmitte aber zumindest wieder an die Top 10 heran. Sieben Runden vor Schluss entschied sich der 29-Jährige an die Box zu fahren, um sein Motorrad zu wechseln. Sein Team und auch viele Zuschauer verstanden die Welt nicht mehr, denn die Strecke war nicht trocken genug, um auf Slicks zu gehen. Das hatte zuvor bereits Bradley Smith versucht und war gescheitert.

Doch Lorenzo hatte keine andere Wahl, als zu stoppen: "Mein Vorderreifen war am Ende. Es fehlte ein Stück. Deshalb wollte ich das Motorrad wechseln", erklärt er die Gründe für seinen überraschenden Boxenbesuch. Wie die Mehrheit des Fahrerfeldes war der Spanier sowohl vorn als auch hinten auf weichen Regenreifen gestartet. Diese bauten jedoch mit zunehmender Renndistanz deutlich ab, was sich insbesondere beim Ducati-Duo Andrea Iannone und Andrea Dovizioso bemerkbar machte.

Wie bei Ducati: Lorenzo klagt über Reifenprobleme

Sie schienen zu Beginn noch klare Favoriten auf den Sieg, fielen ihrer Reifenwahl dann aber wie Lorenzo zum Opfer. Der Yamaha-Pilot musste an der Box schließlich auf Slicks umsteigen, da sein zweites Bike für ein mögliches Flag-to-Flag-Rennen entsprechend umgerüstet war. "Aber die Strecke war noch zu nass. Ich habe die Runde dann beendet und das Motorrad erneut gewechselt. Es war einfach zu rutschig", so Lorenzo. Damit war das Rennen für den Weltmeister des Vorjahres gelaufen - er wurde 17.

"Es war Pech. Mit diesem Reifen konnten wir das Rennen nicht zu Ende fahren - ähnlich wie Dovizioso und Iannone", resümiert er den verkorksten Brünn-Grand-Prix. Dabei hätte sich der 29-Jährige auch im Regen durchaus mehr zugetraut: "An einem bestimmten Punkt war ich vielleicht einer der schnellsten auf der Strecke, zusammen mit Cal [Crutchlow] und [Valentino] Rossi. Ich hatte das Gefühl, dass ich noch schneller fahren konnte, um als Dritter oder sogar Zweiter ins Ziel zu kommen."

Mit seiner Reifenwahl wollte Lorenzo jedoch nicht hadern. Zwar habe auch er darüber nachgedacht, den harten Hinterreifen zu verwenden für den Fall, dass die Strecke nicht schnell genug abtrocknen würde. Mit dieser Wahl hatte sich Teamkollege Rossi letztlich das Podest gesichert. Doch Lorenzo ärgerte vielmehr, dass sein Vorderreifen nicht funktionierte: "Er war am Limit. Einige hatten dieses Problem, andere nicht. Aber mit noch ein paar Runden mehr wäre es wahrscheinlich fast allen so gegangen."

Appell an Michelin: Regenreifen müssen besser werden

Die Erklärung dafür suchte er nicht in seinem Fahrstil oder den schwierigen Bedingungen, sondern schob den schwarzen Peter Reifenhersteller Michelin zu. "Es gibt kleine Unterschiede zwischen den Reifen, wir haben nicht alle denselben. Mein Reifen war vielleicht... Das Set womöglich... Ich weiß es nicht. Wie auch immer. Das sollte jedenfalls nicht passieren", sucht der Spanier einen Schuldigen und fordert Michelin im gleichen Atemzug zum Handeln auf.

"Michelin sollte diese Erfahrung nutzen, um an den Reifen zu arbeiten, sodass das nicht noch einmal passiert. Ansonsten kann das bei ähnlichen Bedingungen auf einer anderen Strecke wieder vorkommen. Aber das sollte es nicht. Der Reifen kann abbauen, insbesondere an den Seiten. Aber dass der Reifen ganze Teile verliert, geht nicht", findet Lorenzo klare Worte. Bei den Slicks habe es sowohl vorn als auch hinten bereits merkliche Fortschritte gegeben. Nun müsse man die Regenreifen verbessern.


Fotos: Jorge Lorenzo, MotoGP in Brünn


Zwar waren nasse Bedingungen noch nie Lorenzos liebstes Terrain. Mit den Michelin-Reifen haben sich seine Probleme im Regen jedoch noch einmal verschärft. Das wird vor allem im direkten Vergleich mit Yamaha-Kollege Rossi klar. Der gibt sich diplomatisch: "Lorenzo ist im Trockenen immer sehr stark. Im Nassen hatte er in den vergangenen Jahren oft Probleme. Aber er war im Nassen auch schon stark, vielleicht nicht so sehr wie im Trockenen, aber er kann auch im Regen aufs Podest fahren oder gewinnen."

Lorenzo in Brünn: Podest wäre möglich gewesen

Zwar scheine er in diesem Jahr unter Bedingungen wie in Brünn oder auf dem Sachsenring noch mehr zu kämpfen zu haben, "aber ich weiß nicht warum", sagt Rossi. Der 37-Jährige überholte Lorenzo in der WM-Tabelle und liegt jetzt mit sechs Punkten Vorsprung auf Rang zwei. Lorenzo wiederum fehlen mittlerweile ganz 59 Zähler auf WM-Leader Marquez. Dennoch betont der Spanier: "Ich will Weltmeister werden. Ich bin schon oft Zweiter geworden. Darauf bin ich sehr stolz. Aber letztendlich will ich gewinnen."

In den verbleibenden sieben Rennen im MotoGP-Kalender will der Yamaha-Pilot noch so viele Punkte wie möglich gut machen: "Ich will mein Bestes geben und das beste Ergebnis herausholen. Danach wird man sehen, wie viel das wert ist." Aus dem Brünn-Wochenende zieht er trotz des Reifen-Desasters etwas Positives: "Hier hatten wir eine gute Chance, im Trockenen zu gewinnen. Im Nassen war es schwieriger, aber wir hatten immer noch die Chance, Zweiter oder Dritter zu werden."