Teamchef: Das macht die MotoGP besser als die Formel 1

Tech-3-Besitzer Herve Poncharal erklärt, worin sich die MotoGP seiner Meinung nach von der Formel 1 unterscheidet und was die MotoGP deutlich besser macht

(Motorsport-Total.com) - Die MotoGP boomt. Während anderen Rennserien die Fans scheinbar davonlaufen, werden in der MotoGP an den Wochenenden an den Strecken regelmäßig tolle Zuschauerzahlen erreicht. Auch die Fans an den TV-Geräten sind mit der gebotenen Action meistens zufrieden. Doch warum kommt die Königsklasse des Motorradsports bei den Zuschauern so gut an? 'Motorsport-Total.com' hat bei Tech-3-Besitzer Herve Poncharal nachgefragt.

Titel-Bild zur News: Valentino Rossi

Superstar und Rekordchampion Valentino Rossi sorgt regelmäßig für volle Tribünen Zoom

"Ich denke, dass die Leute eine gute Show wollen", erklärt der Franzose, der gleichzeitig auch Vorsitzender der Teamvereinigung IRTA ist. "Und was ist eine gute Show? Ein guter Kampf! Ich mag jeden Motorsport, also werde ich zum Beispiel nichts Negatives über die Formel 1 sagen. Aber dort haben sie jetzt gewisse technische Entscheidungen getroffen und es gibt einige Teams, die sehr, sehr, sehr konkurrenzfähig sind", erklärt er.

"Wir haben mit der Dorna, der FIM und allen Beteiligten versucht, die Technik im Bereich der Entwicklung und der Kosten zu limitieren. Wie schon gesagt: In der Formel 1 gibt es ein Team, das dominiert und damit die Show zerstört. Der Fahrer spielt keine große Rolle, denn dieses Team belegt sowieso die ersten beiden Plätze. Auf drei und vier liegt dann ein anderes Team. Auf fünf und sechs wieder ein anderes. Es ist klar, dass das Auto eine sehr große Rolle spielt."

Offenere Haltung

Genau in dieser klaren Hackordnung liegt nach Ansicht von Poncharal das Problem. "Die Leute wollen aber große Kämpfe sehen. In der MotoGP ist die Performance der Bikes sehr, sehr eng beieinander. Das erlaubt tolle Kämpfe, die die Leute sehen wollen", erklärt der Franzose. In der Formel 1 ist Mercedes seit der Saison 2014 das dominierende Team, davor gewann Red Bull viermal in Folge Fahrer- und Konstrukteurs-WM.

Herve Poncharal

Herve Poncharal ist Teambesitzer und Vorsitzender der Teamvereinigung Zoom

Einen weiteren Pluspunkt der MotoGP sieht Poncharal in der Bodenständigkeit und Offenheit der Piloten. "Die Autoindustrie ist größer als die Motorradindustrie und ganz sicher etwas konservativer. Manchmal sind die Investoren und die Firmen so groß, dass sie den echten Charakter der Piloten nicht akzeptieren", schildert der Franzose ein weiteres Problem der Formel 1.

"Obwohl wir hier auch große Investoren und Hersteller haben, werden die Fahrer in ihren Aussagen nicht so sehr eingeschränkt. Auch ich kann sagen, was ich möchte. Es gibt niemanden, der alles mitschneidet und danach sagt: 'Das dürft ihr nicht verwenden.' Wir sind normale Leute und verstehen, dass auch unsere Fans normale Leute sind. Wir teilen die gleiche Leidenschaft."

"Obwohl wir hier auch große Investoren und Hersteller haben, werden die Fahrer in ihren Aussagen nicht so sehr eingeschränkt." Herve Poncharal

"Wir wollen kein Formel-1-Paddock"

"Eine Menge Leute im Paddock waren auch Fans, als sie noch jünger waren - und sie sind es noch immer", verrät Poncharal, der mit seinem Tech-3-Team seit 2001 in der höchsten Klasse der Motorrad-WM an den Start geht. "Die Leute, die sich die MotoGP ansehen, wissen und spüren das. Wir sind ein Teil ihrer Welt und keine Roboter. Wir versuchen immer, uns daran zu erinnern", erklärt er.

"Das ist meine Philosophie und auch die von Carmelo (Ezpeleta, Chef von Promoter Dorna; Anm. d. Red.). Seien wir ehrlich, wir haben eine Menge von der Formel 1 gelernt: Wie wir unseren Sport positionieren, wie wir professioneller werden und wie wir unsere Dinge organisieren. Wir kopieren nicht viele Dinge, aber wir sehen sie uns an und schauen, was wir aus dieser Erfahrung lernen können."


Fotostrecke: Die Motorhomes der MotoGP-Teams

"Wir wollen aber ganz sicher kein Paddock wie ihres haben", stellt Poncharal klar. "Es ist sehr kalt und für die Medien und die Fans unzugänglich." Es bleibt abzuwarten, ob sich dieser Trend in den kommenden Jahren bestätigen wird. Poncharal ist jedenfalls zuversichtlich und geht davon aus, dass das neue technische Reglement ab der Saison 2016 die Königsklasse noch ausgeglichener und spannender machen wird.

"Wir sind ein Teil ihrer Welt und keine Roboter." Herve Poncharal über die Fans