V4-Konzept: Warum sich KTM an Honda orientiert

Motorsportchef Pit Beirer nennt die Gründe für den neuen V4-Motor und erklärt, warum die Erfahrungen aus der Vergangenheit nicht unwichtig sind

(Motorsport-Total.com) - KTM wird in der Saison 2017 mit einem neuen Motorrad in der MotoGP an den Start gehen. Die Österreicher arbeiten momentan an den Komponenten und führen erste Prüfstandsläufe durch. KTM setzt bei der komplett neu entwickelten MotoGP-Maschine auf einen V4-Motor. Ähnlich wie Ducati gibt es bei den Serien-Maschinen von KTM keine V4-Motoren, doch für die MotoGP ist dieses Konzept laut Motorsportchef Pit Beirer die beste Variante.

Titel-Bild zur News: KTM

KTM wird 2017 mit einem V4-Motor mit 90-Grad-Winkel an den Start gehen Zoom

"Wir haben einen sehr erfahrenen Motorenkonstrukteur und der hat die drei möglichen Konzepte in Sachen Machbarkeit gegeneinander verglichen", bemerkt Beirer im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. Gemeint ist Kurt Trieb, der schon vor etwa zehn Jahren für die KTM-MotoGP-Motoren verantwortlich war. Damals setzte KTM ebenfalls auf einen V4-Motor.

Neben dem V4-Konzept, wie es Honda, Ducati und Aprilia verwenden, und dem Reihen-Vierzylinder-Konzept, wie es von Yamaha und Suzuki eingesetzt wird, gab es auch Überlegungen, einen V2 zu bauen. Doch diese Idee wurde schnell verworfen. Zu groß waren die Fragezeichen, die ein neues Motorkonzept kreiert hätte.

V2-Konzept zu riskant

"Diese Variante hat keine Rolle gespielt. Für uns waren Honda und Yamaha die Benchmark und zwischen den diesen beiden Konzepten wollten wir uns entscheiden. Alles andere ergibt einfach keinen Sinn", stellt Beirer klar, der sich bewusst ist, dass KTM mit dem Gitterrohrrahmen für einen riskanten Weg entschieden hat: "Wir haben ja sowieso genug unsichere Faktoren mit einem eigenen Chassis, bei dem Vergleiche fehlen. Dann müssen wir jetzt der Szene nicht auch noch ein Motorenkonzept aufs Auge drücken, das es noch gar nicht gibt."

"Wir haben uns schon an dem angelehnt, was leistungsmäßig am besten funktioniert - und das ist nun mal der Honda-Motor", betont der KTM-Motorsportchef, der vom V4-Konzept überzeugt ist: "Es geht um den Bauraum, es geht um die Massen, wo diese sich bewegen: Baut der Motor breit oder baut er lang? Bei einem V4-Motor hat man eine relativ kompakte Bauweise."

Pit Beirer

KTM-Motorsportchef Pit Beirer freut sich auf die kommenden Wochen und Monate Zoom

"Die Massen sind nicht soweit auseinander wie beim Reihen-Vierzylinder und durch die Kompaktheit bekommt man das Vorderrad so weit nach hinten, wie man es haben möchtest. Diese Dinge wurden alle berücksichtigt. Zudem möchte man natürlich die maximale Leistung aus dem Paket herausholen", erklärt Beirer.

Erfahrungen vom 990er-Motor nicht unwichtig

Im Gegensatz zum 990er-Motor, den Ingenieur Trieb vor gut zehn Jahren entwickelte, wird der neue Motor ohne Ausgleichswelle auskommen. KTM verfolgt auch beim Zylinderwinkel den Weg, den Ducati und Honda eingeschlagen haben. Mit einem 90-Grad-V4-Motor setzen die Österreicher also auf ein bewährtes Konzept, auch wenn ein 75-Grad-Motor etwas kompakter baut.

Viele Erfahrungen kann KTM vom 990er-Motor nicht übernehmen, doch komplett unwichtig waren die Erfahrungen dennoch nicht. "Man muss schon ganz ehrlich sagen, dass Kurt Trieb damals einen Motor gebaut hat - das war ein V4 mit pneumatischem Ventiltrieb - der von der Technologie her schon relativ weit oben angesiedelt war. Das Gesamtpaket hat aber nicht gestimmt und das Gewicht der Motoren hat sich seitdem enorm verändert", bemerkt Beirer.

"Trotzdem ist es hilfreich, dass wir einen Experten an Bord haben, der in dieser Region schon einmal Motoren gebaut hat, und der weiß, was da passiert. Auch Dinge, die nicht so gut funktioniert haben, sind natürlich noch im Erfahrungsschatz vorhanden. Es hilft sicherlich, diesen Motor schon einmal gebaut zu haben. Der neue Motor wird allerdings nicht mehr mit dem alten vergleichbar sein, es wird schon ein sehr edles Rennaggregat, was da jetzt entsteht", kündigt der KTM-Motorsportchef an.


Fotos: Aufbau der KTM RC250 R Moto3


Im Rahmen des Sachsenring-Grand-Prix kündigte Beirer bereits Prüfstandsläufe an: "Der läuft die nächsten 14 Tage. Das ist der erste große spannende Moment, an dem man einmal etwas Fertiges sieht, denn es war sehr viel theoretische Arbeit notwendig mit Konstruktionen und Gesprächen - aber man sieht halt nichts", schildert Beirer voller Vorfreude. "Jetzt sind die ganzen Motorenteile im Haus, jetzt ist einmal eine Hardware da", so der ehemalige Motocrosser.