WM-Leader Jonathan Rea: Lieber Motocross als Superbike

Kawasaki-Werkspilot Jonathan Rea spricht über seine größte Leidenschaft und erklärt, warum sein Team unbesorgt sein kann, wenn er Motocross fährt

(Motorsport-Total.com) - Jonathan Rea befindet sich momentan in der Form seines Lebens. Nach vielen durchwachsenen Jahren mit Honda entschied sich der Brite im vergangenen Jahr, die Zusammenarbeit mit der Marke zu beenden, für die er seit dem Beginn seiner Straßensport-Karriere fuhr. Der Wechsel zu Kawasaki zahlte sich aus. Bei den bisherigen acht Rennen fuhr Rea sechs Siege und zwei zweite Plätze ein. In der Fahrerwertung liegt er nach den ersten vier Rennwochenenden mit 50 Punkten in Führung.

Titel-Bild zur News: Jonathan Rea

Jonathan Rea ist auf dem Weg zu seinem ersten Superbike-WM-Titel Zoom

Rea und die Kawasaki ZX-10R sind momentan nur schwer zu schlagen. Doch was gab im Sommer 2014 den Ausschlag, Honda nach vielen Jahren zu verlassen? "Ich war von Kawasakis Engagement in den vergangenen drei oder vier begeistert. Vor allem im Motocross und im Straßensport haben sie sich stark engagiert. Sie sind der führende Hersteller in beiden Disziplinen", erklärt er im Gespräch mit 'MCN'. "Ich als ehemaliger Motocrosser habe Kawasaki immer im Herzen getragen, weil ich 1997 die Britische Motocross-Meisterschaft mit Kawasaki gewann."

Motocross ist nach wie vor die große Leidenschaft des sympathischen Briten. Der Wechsel vom Offroadsport zum Straßensport erfolgte 2004/2005. "Ich komme aus einer normalen Mittelschichtfamilie. Wir schwammen nicht gerade im Geld. Ich kam in der Britischen Meisterschaft an einem Punkt an, an dem mein Vater mir Schecks ausfüllen musste, damit ich in einem guten Team fahren kann. Dann erhielt ich durch Red Bull die Chance, im Straßensport anzutreten. Das entlastete meine Familie", erinnert sich Rea.

"Ich genieße es, Motocross zu fahren. Vermutlich macht es mir sogar mehr Spaß, als die Superbike-WM, weil das mein Job ist. Wenn man im Motocross groß wird, dann verliert man nie sein Tempo. Das Timing und die Fitness lassen eventuell nach, doch ich fahre oft genug, um mit einigen sehr schnellen Jungs mitzuhalten. Ich liebe es", schildert der Kawasaki-Pilot und ergänzt: "Es vermittelt mir ein Gefühl, das ich nirgendwo anders erhalte."


Fotos: Superbike-WM in Assen


Obwohl Rea einen vollen Kalender hat, lässt er es sich nicht nehmen, die Motocross-Events zu verfolgen: "Ich schaue Wochenende für Wochenende die Supercross-Rennen. Ich bin einfach ein verkappter Motocrosser", bemerkt er. Die Teams sehen die Offroad-Aktivitäten ihrer Fahrer kritisch. Die Liste der Fahrer, die sich beim Dirttrack-, Motocross- oder Supermoto-Training verletzt haben ist lang.

"Das Team mag es nicht, wenn ich auf Strecken mit großen Sprüngen fahre. Doch ich bin damit aufgewachsen. Wenn Straßenfahrer, die nicht damit aufgewachsen sind, Motocross fahren, dann kommt es manchmal zu Unfällen. Mein Team ist übervorsichtig, weil sie meine Vergangenheit nicht kennen", berichtet Rea. "Es ist als würde man einem Formel-1-Fahrer vorschreiben, die Reifen eines Leihautos nicht durchdrehen zu lassen, weil man die Kontrolle verlieren könnte."

Jonathan Rea

Offroad-Training ist laut Ex-Motocrosser Jonathan Rea unumgänglich Zoom

Doch es gibt keine Alternative: "Es ist sehr teuer, ein Superbike-WM-Motorrad jeden Tag zu fahren. Um meine ZX-10R zu starten ist ein Team von Leuten mit Laptops und anderen Dingen nötig. Motocross fahren ist das, was dem Superbike am nahesten kommt", bemerkt der Superbike-WM-Leader. "Manchmal ist es für einen Fahrer schwierig, wenn etwas schief geht und jeder sagt: 'Das hättest du nicht tun sollen.' Doch was erwarten die Leute? Soll ich jeden Tag zehn Kilometer rennen gehen? Das bringt mich nicht weiter."