Wie die MotoGP die Kosten senken will

Die MotoGP am Scheideweg: Die Kosten müssen gesenkt werden, doch die Frage ist wie - Ex-Rennfahrer Alex Hofmann macht sich Gedanken über die Königsklasse

(Motorsport-Total.com) - In der MotoGP wird derzeit das Thema Kosten heiß diskutiert. Die Zeiten sind nicht mehr so rosig, dass man Unmengen an Geld verpulvern kann. Die Technik der MotoGP-Prototypen ist sehr hochgestochen, aber auch sehr teuer. In der Moto2 und der Moto3 hat die Dorna bereits den Schritt geschafft. Es wird zu leistbaren Konditionen hochkarätiger Rennsport geboten. In der Königsklasse gibt es die Claiming-Rule-Motorräder, die nur einen Bruchteil der Prototypen kosten, aber unter dem Strich nur um zwei bis drei Sekunden langsamer sind. Auch die Hersteller wollen sparen, aber gleichzeitig die Technologie in die Auslage stellen.

Titel-Bild zur News: Start auf dem Sachsenring

In Zukunft sollen die Kosten gesenkt und der Unterhaltungswert gesteigert werden

Ein schwieriger Spagat, der derzeit Gegenstand der Diskussionen ist. "Auch wenn die Hersteller es nicht hören wollen, denke ich, dass die Dorna mittlerweile an einem Punkt angekommen ist, an dem sie die Hersteller nicht mehr fragt", glaubt Ex-MotoGP-Pilot Alex Hofmann im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'. "Die Moto3 und die Moto2 laufen sehr gut. Die Hersteller entscheiden immer zu ihren Gunsten. Es ist unmöglich, die Interessen unter einen Hut zu bringen."

"Irgendwann wird die Dorna sagen: maximal 1.000 Kubikzentimeter, 81er Bohrung, maximal 14.000 Umdrehungen und so weiter. Sie werden einfach die Vorgaben machen und auch die Elektronik limitieren. Da kann man ohne Ende Geld ausgeben. Es geht auch immer weiter. Man muss back to the roots gehen. Die Moto2 ist toller Sport. Sie sliden in die Kurven und ein großes Feld hat Siegchancen. Irgendwann kommt man nicht mehr drum herum."

Dorna-Boss Carmelo Ezpeleta sitzt am Verhandlungstisch mit den Herstellern und kann deren Einstellung nicht ganz nachvollziehen: "Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, warum wir überhaupt noch darüber diskutieren. Die Weltwirtschaft ist ein Chaos. Ich kann nicht verstehen, warum es immer noch Leute gibt, die darüber diskutieren ob wir überhaupt Kosten sparen sollten", wird der Spanier von 'MotoMatters.com' zitiert. "Als wir über Einsparungen gesprochen haben, meinten wir, sie sollen Stahlbremsen verwenden."


Fotos: MotoGP auf dem Sachsenring


"Wir fragten, was das Problem mit den Karbonbremsen sei? Der Preis. Okay, dann machen wir mit den Karbonbremsen weiter, aber wir reduzieren den Preis. Wie? Indem wir mit dem Hersteller der Bremsen eine Vereinbarung schließen. Als nächstes könnten die Dämpfer dran sein", beschreibt Ezpeleta. Hofmann stimmt dem Spanier zu und sagt deutlich: "Der Sport ist zu teuer. Die Spielregeln sind nicht fair. Natürlich sagt Honda, dass sie das alles für die Entwicklung brauchen."

Rennerfolge sorgen nicht für höhere Verkaufszahlen

"Das sagt Aprilia auch. Ja, die Traktionskontrolle, die ich mit Aprilia in den vergangenen fünf Jahren entwickelt habe, kann man jetzt in einem Roller fahren", beschreibt der Deutsche, der Testfahrer für Aprilia ist. "Aber es ist zu hinterfragen, ob ein Werk diese Entwicklungen auf der Rennstrecke machen muss oder ob das nicht ein Testteam übernehmen könnte."

"Klar kann man auf der Rennstrecke beweisen, welche Techniken man entwickelt. Doch ich bin gerade bei den Motorrädern davon überzeugt, dass der Spruch 'On Sunday you win - on Monday you sell!' nicht mehr zieht. Die Zeiten sind vorbei. Der Kunde kauft sich keine Honda, weil Casey Stoner Rennen gewinnt und sie die beste Elektronik haben. Diesen Zusammenhang gibt es nicht mehr."

Ivan Silva

Die Claiming-Rule-Motorräder kosten nur einen Bruchteil der Prototypen Zoom

Es steht auch im Raum, dass künftig nur noch ein Motorrad pro Fahrer erlaubt ist. Bei einem Meeting der Grand-Prix-Kommission in Assen wurde dieses Vorhaben aber verschoben. "Vielleicht finden wir eine gute Lösung für die Flag-to-Flag-Rennen", spricht Ezpeleta die Regenrennen an, wo man auf das zweite Motorrad wechseln darf. Das wäre bei der Ein-Motorrad-Regel natürlich nicht möglich. "Aber es stürzt vielleicht ein Fahrer im Warmup und er kann dann womöglich nicht am Rennen teilnehmen."

Man will nicht bei der Unterhaltung sparen

"Das wäre nicht gut. Wir müssen die Kosten bei Dingen reduzieren, die nichts mit der Unterhaltung zu tun haben. Das ist die Philosophie. Ich weiß, dass ich warten muss, bis die Leute diese Philosophie verstehen." Hofmann sieht es ähnlich. Er hat die Entwicklung der Viertakter von Anfang an miterlebt. "Die Ein-Motorrad-Regel ist nicht sinnlos, doch ich frage mich, warum man nicht an anderen Stellen ansetzt, um Geld zu sparen."

"Man hat in den Sessions schon nur 45 Minuten Zeit. Man kann nicht mehr gröbere Änderungen testen wie früher. Da hat man schon einmal ein komplett anderes Setup getestet. Man konnte es einfach probieren. Wenn es nicht ging, hat man das Motorrad gewechselt und mit dem Basissetup weitergemacht. Es war ein Traum, ein Luxus."

Maverick Vinales

Die Rennen der Moto3 bieten Spannung und viel Action mit mehreren Herstellern Zoom

"Mit einem Motorrad ist das unmöglich. Ich denke, dass es 1.000 andere Ansätze gibt, um Geld zu sparen. Man muss es ja so sehen: Im LKW hinter der Box sind sowieso zwei Motorräder dabei, die darin rumliegen. Es ist doch egal, ob eins davon aufgebaut ist oder im LKW in Ersatzteilen rumliegt. Das spart kein Geld." Im Vergleich zu den hochgestochenen Prototypen sind die Claiming-Rule-Motorräder deutlich billiger.

Die Technologie ist aber ebenfalls nicht so ausgereift. Wenn man die Prototypen mit Einheitsteilen beschneiden würde, ist es dann das Ende der reinrassigen Rennmaschinen? "Es sind ja immer noch Prototypen. Nur die Spielregeln müssen klar sein. Sie müssen verbieten, pneumatische Ventile einzusetzen, Titan zu verwenden und so weiter - man könnte recht einfach eine Regel aufstellen, die verbietet, dass zum Beispiel ein Motor mehr als 100.000 Euro kostet", findet Hofmann.

Rundenzeiten sind nebensächlich

Die Claiming-Rule-Motorräder sind langsamer als die Prototypen, aber unter dem Strich ist es egal, ob die Pole-Position-Zeit bei 1:30 Minuten oder 1:33,5 Minuten liegt. "Sicher reden wir über die Zeiten. Dem Zuschauer ist es aber egal, ob die 125er im Vorjahr schneller waren als dieses Jahr die Moto3", stellt Hofmann klar. "Wenn sie so ein Rennen wie in Assen sehen, dann sind sie zufrieden. Darum geht es in unserem Sport. Wir möchten schöne Rennen sehen und dass viele die Chance auf den Sieg haben. Das muss man auch irgendwann in die MotoGP bringen."

"Für mich ist 2012 ein Übergangsjahr. Es ist gut, dass es die CRT-Regel gibt und die Teams da sind. Aber wir haben ein Rennen im Rennen. Das war vorherzusehen. Wir wussten schon, dass es zwölf Motorräder gibt, die um die Prototypen-Krone fahren und dahinter neun Motorräder, die das Feld auffüllen. Es macht aber keinen Sinn. Man kann Avintia mal fragen, ob sie Sponsoren finden. Wo sollen die herkommen?", fragt sich Hofmann. Wenn man chancenlos hinterherfährt, ist das Image auch nicht besonders positiv.

"Dem Zuschauer ist es aber egal, ob die 125er im Vorjahr schneller waren als dieses Jahr die Moto3." Alex Hofmann

Auf der einen Seite sollen Kosten gespart werden, auf der anderen werden neue Länder erschlossen. Argentinien kommt im nächsten Jahr hinzu und Gespräche mit Indien laufen. Die beiden japanischen Hersteller wünschen sich auch ein Rennen in Südostasien. Das verursacht höhere Reise- und Transportkosten. Ezpeleta will das aber nicht gelten lassen. "Wir bezahlen dafür", stellt er klar. "Wenn wir zu einem Rennen außerhalb Europas fahren, dann bezahlen wir doppelt soviel wie bei einem normalen Grand Prix. Wir bezahlen auch einen Großteil der Transportkosten."