Teamchef lobt Jonas Folger: "Johann Zarco ist nicht schneller"

Herve Poncharal analysiert, warum Johann Zarco bessere Ergebnisse einfahren konnte und stellt klar, dass Jonas Folger nicht weniger Talent hat als der Franzose

(Motorsport-Total.com) - Das Tech-3-Yamaha-Team durfte sich in der ersten Saisonhälfte über sechs Top-5-Ergebnisse von Johann Zarco und Jonas Folger freuen. Für Teamchef Herve Poncharal waren die starken Vorstellungen der beiden MotoGP-Rookies eine große Erleichterung, denn vor der Saison wurde der Franzose für seine Fahrerwahl kritisiert. Nach neun von 18 Rennen steht aber fest, dass Zarco und Folger in die MotoGP gehören und dank der vorzeitigen Vertragsverlängerungen auch 2018 in der Königsklasse fahren werden.

Titel-Bild zur News: Jonas Folger

Stark: MotoGP-Rookie Jonas Folger geht als WM-Siebter in die Sommerpause Zoom

Bis zum Grand Prix von Deutschland dominierte Zarco das teaminterne Duell bei Tech 3. Fünf der sechs Top-5-Ergebnisse gehen auf das Konto des zweifachen Moto2-Weltmeisters. Beim Debüt in Katar führte der Franzose bis zu seinem Sturz. Die beiden folgenden Rennen in Argentinien und Texas beendete er in den Top 5. Beim Europaauftakt in Jerez folgte mit Platz vier das nächste Highlight, bevor Zarco vor heimischer Kulisse in Le Mans sein erstes MotoGP-Podium feiern durfte. Folger hingegen schien seine starken Testzeiten nicht bestätigen zu können.

Wie beobachtete Tech-3-Teamchef Poncharal den Start in die Saison? "Ich war überrascht, als beide in Valencia zum ersten Mal auf die MotoGP-Maschine stiegen. Beide fuhren exakt die gleichen Rundenzeiten", erinnert sich der Franzose im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' und fügt hinzu: "Der Unterschied betrug nur wenige Tausendstelsekunden. Sie lagen bei allen Wintertests sehr eng beieinander: Valencia, Malaysia, Australien und Katar. Es war unglaublich, denn sie lagen so eng beieinander."

Zarco psychisch stärker als Folger?

"Doch als die Saison startete, erkannte man Unterschiede. Johann Zarco erzielte bessere Ergebnisse als Jonas Folger. Ich würde nicht behaupten, dass Zarco schneller ist. Er schaffte es aber, bessere Ergebnisse einzufahren", analysiert Poncharal, der die mentale Einstellung für die unterschiedlichen Ergebnisse verantwortlich macht.

"Sie haben unterschiedliche Persönlichkeiten. Zarco ist älter als Jonas. Er ist 26 und Jonas ist 23 Jahre alt. Das ist nicht viel, andererseits aber schon. Man erkennt, dass Johann reifer ist. Er ist sehr entschlossen. Jonas hat weniger Selbstvertrauen. Manchmal hat er Zweifel. Das erkennt man am besten zu Beginn der Rennen", schildert Poncharal.

Jonas Folger

Mit dem zweiten Platz beim Heimrennen tankte Folger reichlich Selbstvertrauen Zoom

"Manchmal starten sie von ähnlichen Positionen, doch Johann fährt in den ersten Runden meist sehr aggressiv. Er macht Positionen gut, während Jonas Positionen verliert. Im Moment ist Johann selbstsicherer", erklärt der Tech-3-Teamchef. "Nach fünf oder sechs Runden fahren beide identische Rundenzeiten. Manchmal ist Jonas sogar schneller als Johann, doch der Rückstand ist nach fünf oder sechs Runden schon zu groß. Es ist nahezu unmöglich, das aufzuholen."

"Das Potenzial beider ist sehr ähnlich", ist Poncharal überzeugt. Ausgerechnet beim Heimrennen am Sachsenring platzte bei Folger der Knoten. Rundenlang führte der Yamaha-Pilot vor Weltmeister Marc Marquez und überquerte am Ende als Zweiter die Ziellinie. Folger ließ nicht nur die beiden Yamaha-Werkspiloten hinter sich. Auch Teamkollege Zarco stand im Schatten des 23-jährigen Deutschen.


Fotos: Tech 3, MotoGP am Sachsenring


Befreiungsschlag in Barcelona

Poncharal ist überzeugt, dass der Katalonien-Grand-Prix in Barcelona für die spürbare Leistungsexplosion von Folger verantwortlich war. Beim Rennen in Spanien gelang es Folger, sich rundenlang in der Spitzengruppe zu behaupten. Erst im finalen Kampf unterlag er Zarco. Der Unterschied zwischen den beiden Tech-3-Yamahas betrug im Ziel weniger als eine Zehntelsekunde.

"Bis Katalonien konnte Jonas sein wahres Potenzial nie richtig zeigen. Johann tat es, doch bei Jonas war es nicht offensichtlich. Nach Barcelona war ich sehr froh", gesteht Poncharal, der in seinem Team eine familiäre Atmosphäre anstrebt: "Meine Mission ist es, ihm zu helfen, sein Potenzial zeigen zu können", bemerkt der Franzose.

Herve Poncharal

Tech-3-Teamchef Herve Poncharal kann entspannt in die Sommerpause gehen Zoom

Doch Poncharal kann sich nicht ausschließlich auf Folger konzentrieren. "Ich muss aber auch Johann helfen", stellt der Tech-3-Boss klar und begründet: "In Assen machte er einen typischen Rookie-Fehler. Er wusste nicht, wie er sich bei der Flag-to-Flag-Situation richtig verhalten soll. Er kam zum falschen Zeitpunkt in die Box."

Zarco verspielte mit seiner falschen Strategie in Assen ein weiteres Spitzenergebnis. Bis zum Stopp mischte der Moto2-Weltmeister in der Spitzengruppe mit und hatte durchaus Chancen, das Rennen zu gewinnen. Durch den Stopp verlor der Franzose viel Zeit und wurde mit 95 Sekunden Rückstand als 14. gewertet. In der Fahrerwertung belegen die beiden Tech-3-Piloten zur Halbzeit der Saison die Positionen sechs und sieben. Zarco sammelte bisher 84 Punkte, Folger kommt auf 71 Zähler.