• 30.09.2016 14:39

  • von Gerald Dirnbeck & David Emmett

Mick Doohan glaubt: Honda zu sehr ein Ingenieursteam

Cal Crutchlow ist überzeugt, dass in Aragon Marc Marquez und nicht Honda gewonnen hat - Für Mick Doohan entwickelt sich Honda zu einem Ingenieursteam

(Motorsport-Total.com) - Marc Marquez hatte den Grand Prix in Aragon rot auf seinem Kalender angestrichen. Bei diesem Rennen rechnete sich der Honda-Fahrer eine Siegchance aus und er setzte sein Vorhaben in die Tat um. Der Spanier war am Sonntag klar der schnellste Mann und ließ dem Yamaha-Duo Valentino Rossi und Jorge Lorenzo keine Chance. Klassenübergreifend war es sein 54. Grand-Prix-Sieg. Damit zog Marquez mit einer Legende gleich. Auch Mick Doohan hat in seiner Karriere 54 Rennen gewonnen, allerdings alle in der Königsklasse.

Titel-Bild zur News: Marc Marquez

Marc Marquez eroberte in Aragon seinen vierten Saisonsieg Zoom

"Ich hätte nie davon geträumt, dass ich so viele Grand-Prix-Siege feiern würde", spricht Doohan bei 'MotoGP.com' über diese Zahl. "Für ihn wird Nummer 54 aber nur eine kleine Zahl sein. In fünf oder zehn Jahren wird das nur ein Drittel oder ein Viertel seiner Erfolge sein", glaubt der Australier an viele weitere Marquez-Erfolge. "Im Vorjahr wird er sicher viel gelernt haben und zieht jetzt aus seiner Situation Kapital."

Das Rennergebnis von Aragon zeigt, dass Marquez dieses Rennen gewonnen hat und nicht unbedingt Honda. Cal Crutchlow kam als Fünfter ins Ziel, Dani Pedrosa wurde nach Reifenproblemen Sechster. "Die Strecke passt mehr zu seinem Stil, denn zur Honda passt sie überhaupt nicht", ist Crutchlow überzeugt. "Im Warmup konnte sich Marc kaum im Windschatten von Aleix Espargaro halten. Er kam erst vorbei, als Aleix vom Gas ging, weil er Marc folgen wollte. Bei der Beschleunigung hatte Marc keine Chance."

Die Beschleunigung aus langsamen Kurven ist die Achillesferse der RC213V. Der Motor ist etwas zu aggressiv und die Ingenieure taten sich auch mit der Abstimmung der Einheitselektronik schwer. "Ich habe Dani hinter der Aprilia gesehen und er hatte keine Chance", nennt Crutchlow ein weiteres Beispiel auf der langen Gegengeraden in Aragon. "Im zweiten, dritten und vierten Gang hatte er keine Chance. Dann überholte er im vierten und fünften Gang, was wohl mehr an seiner Körpergröße liegt."

Daniel Pedrosa, Cal Crutchlow

Alle Honda-Fahrer berichten, dass man die RC213V mit viel Einsatz fahren muss Zoom

Crutchlow verweist auf ein Beispiel aus der Vergangenheit. In Valencia 2011 kam es zu einem Zielsprint zwischen Casey Stoner (Honda) und Ben Spies (Yamaha). "Vor fünf Jahren hat Casey Ben im Zielsprint geschlagen. Das war die Honda-Beschleunigung, die es heute nicht mehr gibt", findet der Brite deutliche Worte. In den Tagen nach Aragon testete Honda erneut den Motor für 2017.

Doohan-Erfolgsgeheimnis: Halte es einfach

Auch Doohan, der alle seine Erfolge mit Honda feierte, sieht beim Rennteam des größten Motorradherstellers der Welt Probleme: "Momentan sieht man, dass es auf und ab geht. Für mich sieht es so aus, dass Honda jetzt wieder zu sehr eine Ingenieursfirma geworden ist. Marquez scheint der einzige Fahrer zu sein, der damit fahren kann. Die anderen Fahrern haben Mühe." Vor allem Rookie Tito Rabat hat am Ende des Feldes große Schwierigkeiten.

Doohan hatte in den Neunzigerjahren mit seinem Crew-Chief Jeremy Burgess eine einfache Herangehensweise: "Ich war nicht gut darin zu sagen, wir müssen dies oder jenes tun. Ich konnte aber Feedback geben, wie ich das Motorrad haben will. Ich bevorzugte ein Motorrad, das relativ einfach zu fahren war. Die Ingenieure wollen ein Motorrad bauen, das ein technisches Meisterwerk ist, aber es vermittelt vielleicht nicht das richtige Gefühl und hat nicht die richtige Fahrbarkeit."

Mick Doohan

Mick Doohan gewann in den Neunzigern mit Honda fünf WM-Titel in Folge Zoom

Fünf WM-Titel in Folge gaben Doohan Recht mit seiner Arbeitsmethode: "Wir hielten es sehr simpel und haben nur jene Teile verbessert, die verbessert werden mussten. Dadurch war die Honda damals so lange an der Spitze." Zwischen 1994 und 1998 veränderte sich die damalige NSR500 technisch kaum. Die Honda-Ingenieure sollen frustriert gewesen sein von Doohans Weigerung, auf neue Innovationen zu setzen. Diese kamen erst wieder, als Valentino Rossi 2000 mit Honda in die 500er-Klasse kam.